Viel Technik fürs Geld
Ein Plug-in-Hybrid kann Sinn machen, wenn das Einsatzprofil passt. Das Problem ist nur: Die komplexe Technik hat ihren Preis. Beim Opel Grandland Hybrid4 bleibt dieser gerade noch vernünftig – ob man deswegen verzichten muss, klärt der Test.
Plug-in-Hybride können durchaus eine feine Sache sein. Sie ermöglichen es, die täglichen Pendler-Kurzstrecken rein elektrisch zu bewältigen, und sind auf langen Strecken dank Benzinmotor und -tank gewohnt flexibel. Der Haken an der Sache: Die Kombination aus elektrischem- und thermischem Antrieb ist technisch komplex, entsprechend schwer und vor allem: teuer. Schliesslich müssen nicht nur ein Akkupaket und ein E-Motor verbaut werden, sondern auch noch ein moderner Verbrennungsmotor, der alle strengen Abgasvorschriften erfüllt, sowie ein Automatikgetriebe, um das Zusammenspiel der Antriebe zu organisieren. Mit einem Grundpreis von 50 100 Franken ist derjenige des Opel Grandland Hybrid4 vergleichsweise vernünftig, wenn man bedenkt, dass man dafür ein vollwertiges und familientaugliches SUV mit Allradantrieb und 300 PS Gesamtleistung bekommt.
Beide Antriebe müssen stark sein
Die hohe Systemleistung ist bei einem Plug-in-Hybrid schlussendlich ein «Abfallprodukt». Sie entsteht nicht, weil die Ingenieure Wert auf möglichst viel Leistung legten, sondern, weil jeder Antrieb für sich alleine stark genug sein muss, um den Wagen flüssig durch den Verkehr zu treiben. Im Grandland bietet Opel zwei Varianten an, wobei die getestete stärkere Version in der Schweiz dank Allradantrieb deutlich beliebter ist. Unter der Haube kommt ein 1,6-Liter-Turbo-Benziner mit 200 PS zum Einsatz. Zwischen Motor und 8-Gang-Automatik-Getriebe ist zudem eine E-Maschine mit 110 PS verbaut. An der Hinterachse sorgt ein 113 PS starker E-Motor für Vortrieb. Arbeiten alle Motoren zusammen, ist der Sprint aus dem Stand auf 100 km/h in nur 6,1 Sekunden möglich.
E-Antrieb für 50 Kilometer
Sofern genug Strom im Akku mit 13,2 kWh Speicherkapazität ist, startet der Grandland immer rein elektrisch. Gerade in der Stadt fühlt er sich in diesem Antriebsmodus auch eindeutig am wohlsten. Der E-Antrieb bietet genügend Drehmoment für souveränes Anfahren, auch wenn der Opel fast 1,9 Tonnen auf die Waage bringt. Die maximale Reichweite gibt Opel mit 55 Kilometern an. Fährt man ausschliesslich in der Stadt, sind knapp 50 Kilometer möglich. Ausserorts und auf der Autobahn schrumpft die E-Reichweite dann aber deutlich schneller, sodass man hier besser auf den Benziner setzt.
Die Elektronik behält immer etwas Stromreserve im Akku, damit die E-Maschinen auch bei eigentlich leerer Batterie noch unterstützen können. Diese Unterstützung lässt den Benziner souveräner wirken. Bei gemässigter Fahrweise gibt er sich unauffällig, spricht schnell auf Gasbefehle an und harmoniert gut mit der Getriebeautomatik. Ist die volle Leistung gefragt, beispielsweise beim Überholen, wirkt der Benziner dann etwas rau, was im Alltag aber nicht weiter stört.
Der Verbrauch liegt übrigens bei 1,7 l/100 km laut WLTP-Messung. Aussagekräftiger ist der Testverbrauch mit leerem Akku. Er lag bei 6,4 l/100 km. Je öfter man die Batterie lädt, desto tiefer sinkt der Verbrauch. Das Laden dauert an einer Haushaltssteckdose rund zehn Stunden, an einer Wallbox bestenfalls rund zwei Stunden.
Wenige Abstriche
Allgemein hat Opel den Grandland vor allem auf Fahrkomfort ausgelegt. Eine gute Entscheidung, schliesslich ist der Komfort mit einer der wichtigsten Faktoren für ein Alltagsauto. So sind Fahrwerk und Lenkung vor allem auf mühelose Handhabung in der Stadt ausgelegt, der Geradeauslauf auf der Autobahn wirkt aber ebenfalls tadellos, womit auch einer längeren Fahrt in den Urlaub nichts im Wege steht. Zumal der Kofferraum mit 390 bis 1528 Litern, gemessen an den kompakten Aussenmassen (Länge 4,48 Meter), durchaus grosszügig ausfällt. Somit muss man im Grandland trotz komplexer Technik und vernünftigem Preis nicht wirklich verzichten. Nur das im Innenraum verwendete Hartplastik wirkt nicht gerade hochwertig, und auch die Auflösung der Rundumkamera dürfte etwas besser sein. Doch irgendwo muss der Hersteller schliesslich sparen, um mit dem Plug-in-Hybrid-Modell Geld zu verdienen. Denn das ist schlussendlich der Haken am Plug-in-Hybrid: Die Technik ist zu teuer, was entweder Kunden oder Hersteller bezahlen müssen. Früher oder später wird sich das nicht mehr lohnen, weshalb man oft von einer Übergangstechnologie spricht.
Philipp Aeberli