Sportwagen oder SUV?
Mit dem Formentor hat die Seat-Tochtermarke Cupra ihr erstes eigenständiges Modell auf den Markt gebracht. Das sportliche SUV ist auch als Plug-in-Hybrid zu haben, kommt aber mit reinem Benzinmotor zur Testfahrt.
Sportliche SUV sind im Trend – und polarisieren. Mit grossen Abmessungen und kräftigen Motorisierungen entsprechen sie dem Idealbild des zur Debatte stehenden CO2-Gesetzes überhaupt nicht. Trotzdem werden sie immer zahlreicher; immer mehr Hersteller bedienen dieses Segment – und werden dafür auch mit ansehnlichen Verkaufszahlen belohnt. Es scheint, als zeige sich sowohl bei Herstellern als auch bei Kunden eine Art «Endspurt-Haltung»: Solange man solche Autos noch anbieten, kaufen und fahren darf, wird es auch gemacht.
Hybrid nur 42 Mal zugelassen
Ein gutes Beispiel dafür ist der Cupra Formentor. Er ist mit einem 1,4-Liter-Plug-in-Hybrid-Antrieb mit 204 oder 245 PS zu haben – oder mit einer Palette an Turbo-Benzinern. Der Hybrid wurde in den ersten vier Monaten lediglich 42 Mal zugelassen; mit 753 Zulassungen machen die reinen Benziner die klare Mehrheit aus, was nicht zuletzt auch am Allradantrieb liegen dürfte, der für den Stecker-Hybriden nicht zu haben ist.
Bei den Benzinern reicht die Leistungsspanne von 190 bis 310 PS. Im Testwagen kommt die derzeitige Topmotorisierung zum Einsatz, die ihre Kraft über eine 7-Gang-DSG-Automatik an alle vier Räder schickt.
Im Alltag fallen zunächst vor allem der im Innenraum künstlich verstärkte Motorklang und das straffe Sportfahrwerk auf. Darüber hinaus verwöhnt der Formentor mit bekannten Zutaten aus dem VW-Konzernbaukasten. Das bedeutet, dass der Formentor über alle gängigen Fahrassistenzsysteme samt Spurhaltehilfe und adaptivem Tempomaten verfügt, sowie über ein Fahrwerk mit verstellbarer Dämpferhärte.
Damit gerüstet spielt der Formentor seine Rolle als SUV mit deutlich spürbaren Sport-Genen durchaus gut, will aber entsprechend dafür entschädigt werden: 9,0 l/100 km gibt das Werk als Verbrauch an, im Test waren es schlussendlich 8,8 l/100 km. Dass der Spanier die Werksangabe leicht unterbietet, verdankt er vor allem seinem Getriebe. Die Automatik schaltet früh hoch und schickt den Motor in tiefe Drehzahlregionen. Das spart Sprit, sorgt aber dafür, dass der Antrieb bei plötzlichem Beschleunigen erst einen Moment zögert, bis ein tieferer Gang eingelegt ist.
Keine starke Seitenneigung
Die Stärke des Formentor soll aber nicht in erster Linie die Pflicht im Autofahrer-Alltag sein, sondern viel eher die Kür. Wenn es auf kurvige Strecken geht, überzeugt der Formentor mit sehr agilem Fahrverhalten – vor allem für ein SUV. Das Fahrwerk unterdrückt allzu starke Seitenneigung sehr effektiv, was der Lenkung hilft, das Fahrzeug möglichst direkt und präzise um die Kurve zu drehen. Unterstützt wird das sportliche Fahrverhalten durch den Allradantrieb, der kaum durchdrehende Räder zulässt. Der Formentor fährt sich also durchaus so sportlich, wie es sein Aussendesign vermuten lässt. Auch wenn dieses Modell keineswegs auf Vernunft abzielt, stellt sich nach dem Test die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieses Modells; denn Cupra hat bereits ein SUV in ähnlicher Grösse im Angebot. Zwar ist der Ateca rund sechs Zentimeter kürzer als der Formentor, wirkt aber im Innenraum dank der steiler abfallenden Dachlinie geräumiger. Unter der Haube steckt ebenfalls ein 2-Liter-Benzinmotor, hier mit 300 PS. Mit einem Grundpreis von 51 000 Franken ist der Ateca 1000 Franken teurer als der Formentor, bietet dafür aber mehr Nutzwert, vor allem beim Kofferraum. Dieser wird beim Formentor über eine hohe Kante beladen und durch das flache Dach eingeengt. Mit 420 Litern fehlen ihm 65 Liter zum Schwestermodell.
Ein Zeichen gesetzt
Warum Cupra den Formentor trotzdem baut? Er ist ein Aushängeschild für die Marke und setzt daher in erster Linie auf Emotionen – vor allem beim Design. Zudem ist er wichtig für die Marke, weil er das erste Modell ist, das kein auf der gleichen Karosserie aufbauendes Pendant bei Seat hat – ganz im Gegenteil zum Ateca.
Erst recht zum Aushängeschild für Cupra wird der Formentor gegen Ende Jahr, wenn er mit einem 390 PS starken 5-Zylindermotor auf den Markt kommt. Denn: Solange es noch geht, werden solche Modelle erst recht angeboten – und auch gekauft.
Philipp Aeberli