Opel Corsa 1,2: Der Marke treu geblieben
Der seit Dekaden bekannte Corsa in neuster Generation überzeugt auf der Kurz- und der Langstrecke. Trotz französischer Technikgene ist er ein echter Rüsselsheimer.

Die Opel-Gemeinde war verunsichert: Als 2017 bekannt wurde, dass die deutsche Marke, damals im Eigentum von General Motors, in Zukunft zum PSA-Konzern gehört (Peugeot, Citroën, seit neustem auch Fiat), war die Angst berechtigt, dass die Autos mit Blitz an der Front zu umgebadgten Peugeots degradiert werden. So etwas ist der neue Opel Corsa eigentlich auch. Er basiert auf dem ebenfalls neuen 208 der Franzosen. Aber die Ingenieure aus dem hessischen Rüsselsheim tauschten nicht nur Logos aus, sondern schraubten am Gesamtcharakter des Autos, vom Interieur bis zum Fahrwerk. Wären da nicht der Automatikgetriebehebel und sonstiges bekanntes Kleinmaterial aus Frankreich im Inneren verbaut, der Laie könnte den Markenlink nicht herstellen.
Mittelklasseniveau
Die Innenarchitektur des neuen Corsa ist ganz Opel, in allen Belangen. Weniger glamourös als im Peugeot, dafür in der Bedienung auf den ersten Blick erschliessbar. Die Materialien sind von guter Qualität, erreichen aber nicht ganz das Niveau des Franzosen, was sich in der Preisgestaltung positiv auswirkt. Alles ist bestens verarbeitet. Der Platz in der vorderen Reihe ist für einen Kompakten schwer in Ordnung. Das optische Gefühl, ausgenommen dem dicken, relativ weit in den Raum ragenden A-Pfosten, hat Mittelklasseniveau. Hinten geht’s klassengemässer zu und her, Kinder mit nicht viel Gepäck fahren vielleicht sogar mit in die Ferien, Erwachsene nur bis zur Kantonsgrenze, nordwärts. Für vorne Sitzende ist aber alles vorhanden für eine grosse Reise. Die Sitze sind bequem, die mittels Konfigurator erhältlichen Komfort- und Assistenzsysteme auf dem Stand von 2020, die Lenkung schön leichtgängig, das Matrix-LED-Licht spitze, der Geräuschpegel kontrolliert niedrig.
3 Zylinder arbeiten unter der Fronthaube unseres Testwagens, 130 PS schicken diese an die Vorderräder. Selbst wenn das Gaspedal in den Bodenteppich gestampft wird, klingt dieser PSA-Motor angenehmer als mancher Vierzylinder höherer Autokategorien. Bei Vollgasabruf aus tiefen Drehzahlen muss das Triebwerk sich aus einem spürbaren Turboloch hieven, bevor es dann zackig vorwärtsgeht. Die Zusammenarbeit mit der Achtgangautomatik ist harmonisch, eigentlich perfekt.
Kopfzerbrechen
Fahrwerksseitig ist der Unterschied zum Peugeot 208 ab der ersten Schwelle spürbar: Während der Franzose die eher kuschelige Schiene fährt, ist der Corsa mitteilsamer zur Verfassung der Strasse, durcheilt Kurven zackiger, macht mehr Spass beim prononcierten Erklimmen einer Passstrasse, auch in Kombination mit der schon erwähnten Kennung der Lenkung. Ist dieser Opel also noch ein Opel? Definitiv, der beste Corsa ever und ein Kandidat für eine Kletterpartie aufwärts in der Autohitparade 2020. Am meisten Kopfzerbrechen dürfte Interessenten die Antriebswahl bereiten: Nebst den thermischen Motoren gibt’s eine E-Maschine mit 136 PS und knapp 300 Kilometern Reichweite. Soll man schon umsteigen oder noch ein Auto zuwarten? Die Opel-Gemeinde diskutiert jetzt dies heftig im Netz und nicht mehr die Peugeot-Verwandtschaft.
Andréas Härry
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