Morgenröte dank neuer Antriebe

Der Handel mit Autos ist nach wie vor ein physisches Gewerbe, das hat der Lockdown gezeigt. Optimismus verbreitet in der Branche der Technologiewandel. Der «Anzeiger» sprach mit drei Markenhändlern der Region.

Plug-in-Hybride als Stückzahlen-Lichtblick. Beispielsweise der Range Rover Evoque – neu auch mit den zwei Motoren. Bild: Andréas Härry

Zwei Marken fallen aus dem Rahmen: Der Nischenplayer BMW-Alpina und Porsche verkauften von Januar bis Mai 2020 mehr Autos als im Vorjahr. Alle anderen leuchten rot in der Statistik, mit Minuszahlen von harmlosen 14,4 Prozent (Mitsubishi) bis beängstigenden 98,7 Prozent (SsangYong). Um den vergangenen Wochen trotzdem etwas Gutes abzugewinnen, müssen andere Faktoren als die Umsätze in Betracht gezogen werden. «Wir haben eine grosse Solidarität unter den Mitarbeitenden und Verständnis auf der Kundenseite erfahren», sagt Roland Michel, CEO der Windlin Gruppe Kerns und Kriens. Die Firma setzte auf neue Konzepte, wie einem Miet-Abonnement für Autos für zeitweilig dem ÖV abschwörende Pendler.
Mit allen Sinnen erfahren
Eine Bewährungsprobe war Covid-19 für den Verkauf von Autos im Web. Beni Stöckli, Geschäftsführer beim Hammer Autocenter in Emmen, muss feststellen: «Der Internetverkauf konnte den Absatz nur beschränkt stützen, nach wie vor will der Kunde ein Auto sehen, fühlen und Probefahren.» Markus Hesse, Geschäftsführer Emil Frey AG Ebikon und Kriens, sagt es noch deutlicher: «Der Internethandel kann unsere Showräume nicht annähernd konkurrenzieren, der Kunde bevorzugt die physische Präsentation, will das Fahrzeug mit allen Sinnen erfahren.» Um den eingebrochenen Autohandel von minus 40 Prozent von Januar bis Mai zumindest etwas abfedern zu können, war und ist es für die Garagisten wichtig, im Unterhalt, in der Werkstatt, eine anständige Auslastung hinzukriegen. Da waren auch kreative Ideen gefragt: «Unser Hol-Bring-Service wurde von der Kundschaft rege genützt», sagt Roland Michel. Markus Hesse sagt über die zumindest nicht unerfreulichen Zahlen: «Unsere Techniker hatten immer gut Arbeit, wir mussten im Aftersales keine Kurzarbeit anmelden.» Auch beim Hammer Auto Center lag gemäss Beni Stöckli die Auslastung der Werkstätten nur wenig unter Vorjahr. Was ihn besonders freut: «Trotz Ansteckungsrisiko blieben wir aufgrund der getroffenen Schutzmassnahmen vor Erkrankungen verschont.»
Seit drei Wochen darf jetzt auch wieder «physisch» verkauft werden. Die Bilanz dieser ersten Zeit stimmt zuversichtlich: „Wir sind zufrieden, wie der Handel angelaufen ist», sagt Roland Michel, der für seine Betriebe ergänzt: «Selbst während des Lockdowns, wo unter strengen Auflagen des BAG Autos verkauft werden durften, konnte der Einbruch verkraftet werden.» Markus Hesse hat auch Freude an den vergangenen Wochen: «Für unsere Standorte in der Zentralschweiz kann ich ein positives Signal melden. Die Nachfrage ist auf erfreulich gutem Niveau.» Beni Stöckli spürt Unterschiede nach Autokategorien: «Bei den Fahrzeugen im oberen Preissegment ist die Zurückhaltung geringer als bei den günstigeren Modellen.»

Gute Laune für Autokäufe


Alle drei Garagisten sind sich einig: Die Verluste der ersten sechs Monate 2020 werden nicht mehr aufgeholt dieses Jahr, dazu ist auch die allgemeine Unsicherheit zu gross. «Da es sich beim Auto um ein Investitionsgut handelt, hoffen wir natürlich, dass die Stützungsmassnahmen des Bundes greifen und beim Kunden Sicherheit erzeugen», meint Beni Stöckli. Die allgemeine Stimmung muss wieder steigen, dann zieht es die Bevölkerung auch in die Garagen. Gute Laune für Autokäufe will die deutsche Bundesregierung schaffen mit Prämien beim Kauf von umweltschonenden Autos mit E-Antrieben. Ein Modell für die Schweiz? Roland Michel hat dazu eine klare Haltung: «Nein, das Angebot von E-Autos ist ansehnlich und auch preislich marktkonform, es kann gegen thermische Motoren bestehen.» Der Wandel müsse jetzt in den Köpfen der Kunden und gewisser Garagisten stattfinden. Markus Hesse der Emil Frey AG würde eine Förderung auf breiter Front begrüssen. Er gibt aber auch zu bedenken, «dass nur wenig Private die Rahmenbedingungen haben, unkompliziert ein E-Auto anschaffen zu können». Er spricht damit die fehlende Ladeinfrastruktur in den Garagen von Mietwohnungen an. Auch Beni Stöckli würde ein monetäres Signal aus Bern begrüssen, vorab für rein elektrische Antriebe. Plug-in-Antriebe verzeichnen bereits jetzt ein starkes Nachfrageplus in seinem Betrieb.

Kein Sonnenschein in der Kasse


Die Morgenröte am Horizont wird für die Garagisten generell von den neuen Antrieben erzeugt. Beni Stöckli freut sich auf den rein elektrischen Fiat 500, Roland Michel auf die elektrischen und elektrifizierten Seats. Auch im Portfolio der englischen Marken, die von Markus Hesse vertreten werden, sind 2020 weitere Plug-in-Hybriden angekündigt. Hoffnungsschimmer sind dies, aber nicht mehr. «In unserer Branche wird es wohl dieses Jahr keinen Sonnenschein mehr geben in der Buchhaltung», sagt Markus Hesse unverblümt. Die technische Aufbruchstimmung ist zumindest ein Signal für ein besseres 2021.

 Andréas Härry

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