Ist er gut genug?

Bis Ende 2024 sollen sich bei VW die Investitionen in die E-Mobilität auf 33 Milliarden Euro belaufen. Mit diesem Auto darf sich VW also keinen Fehltritt erlauben: erste Testfahrt im rein elektrischen ID.3.

«Ich bin davon überzeugt, dass der E-Mobilität nun endlich der Durchbruch gelingt», sagt VW-Vorstand Jürgen Stackmann. Dafür bringt der ID.3 viele Stärken mit – aber auch noch Kinderkrankheiten. Bilder: PD

«Ich bin davon überzeugt, dass der E-Mobilität nun endlich der Durchbruch gelingt», sagt VW-Vorstand Jürgen Stackmann. Dafür bringt der ID.3 viele Stärken mit – aber auch noch Kinderkrankheiten. Bilder: PD

Luftig, aber etwas exponiert: das Cockpit.

Luftig, aber etwas exponiert: das Cockpit.

385 Liter Kofferraumvolumen.

385 Liter Kofferraumvolumen.

Scheitern ist keine Option: Milliarden hat der VW-Konzern schon in die E-Mobilität investiert; bis 2024 sollen sich die Investitionen auf insgesamt 33 Milliarden Euro belaufen. Nach der Dieselkrise will der Konzern nun zum Marktführer bei E-Autos werden. 

Mit dem ID.3 trägt die Offensive jetzt erste Früchte – endlich. Nach vollmundigen Ankündigungen und zahlreichen Studien machte der für die breite Masse bestimmte Stromer zunächst mit Verzögerungsmeldungen aufgrund von Softwareschwierigkeiten von sich reden. Diese sind nun offenbar grösstenteils gelöst, der ID.3 kann ab sofort bestellt werden, die ersten Autos stehen bei den Händlern: zunächst mit einer 58-kWh-Batterie (netto) und einem 150 kW starkem Heckmotor. Die Basisversion mit kleinerer 45-kWh-Batterie und das Topmodell mit 77-kWh-Akku und bis zu 549 km Reichweite folgen 2021.

Für die erste Ausfahrt steht der Stromer als «ID.3 Max» bereit, also mit voller Ausstattung und der mittleren Batteriekapazität, die laut WLTP-Messung für 426 Kilometer Reichweite genügt. Nach der ersten Testfahrt von knapp 300 Kilometern über Land und Autobahn erscheinen rund 400 Kilometer im Alltag als realistisch – womit der ID.3 mit dem wichtigsten Kontrahenten mithalten kann: dem Model3 von Tesla. Während der kalifornische Stromer maximal 200 kW laden kann, sind es beim ID.3 je nach Version 50 bis 125 kW; in 30 Minuten lädt man damit im Idealfall Strom für bis zu 350 Kilometer – womit auch längere Reisen kein Problem darstellen.

 

Luftig, geräumig und hell

Im Innenraum wirkt der ID.3 geräumiger als ein Golf, der in derselben Grössenliga spielt. Denn durch den E-Antrieb können die Räder weit nach aussen gerückt werden – der Radstand ist im Vergleich zum VW Golf um 13 Zentimeter länger. Vor allem auf der Rückbank sorgt das für ein sehr gutes Platzangebot. Einziger Wermutstropfen: Mit der grössten Akkuoption wird der ID.3 vom Fünf- zum Viersitzer, weil das zusätzliche Gewicht des Akkus die Zuladung verringert. Der Raum an sich bleibt aber erhalten, genauso das Kofferraumvolumen von 385 Litern. Vorne sitzt es sich gut und luftig – allerdings fühlt man sich durch die tiefe Schulterlinie und die grossen Seitenscheiben exponiert, und die Sitzposition wirkt für Grossgewachsene etwas hoch – weil im Fahrzeugboden der Akku verbaut ist.

 

Weniger Luftwiderstand

Einzigartig am ID.3 ist die sehr flach stehende Frontscheibe. Sie verhilft dem Stromer zu mehr Reichweite dank geringerem Luftwiderstand. Dass der ID.3 mit einem cW-Wert von 0,27 hier trotzdem schlechter abschneidet als ein Tesla Model3, liegt vor allem am steilen Heck; ein flaches Limousinenheck liegt besser im Wind, ist aber unpraktischer. Etwas unpraktisch ist dafür die flache Frontscheibe. Gerade an heissen Sommertagen sorgt sie für viel Sonneneinstrahlung, vor allem auf den Vordersitzen. Der Innenraum heizt sich dadurch stark auf.

Das Cockpit gibt sich aufgeräumt und übersichtlich. Vor dem Fahrer steht lediglich eine kleine Digitalanzeige als Tacho, in der Mittelkonsole steht das Touchscreen-Navi der neuesten VW-Baukasten-Generation mit einfacher Bedienung und übersichtlicher Darstellung. Einzig die Materialanmutung überzeugt im Innenraum nicht auf ganzer Linie.

An Türen und Armaturentafel kommt wenig hochwertiges Hartplastik zum Einsatz, was für die Basisversion ab 32 000 Franken durchaus vertretbar wäre – für die höheren Ausstattungsvarianten, die bis zu 51 100 Franken kosten, wäre etwas mehr Finesse aber angebracht, zumal das Fahrgefühl dank sehr guter Geräuschdämmung durchaus angenehm ist. Nur in der Stadt wirkt die Federung etwas straff und das Bremspedal etwas undefiniert, weil das Zusammenspiel zwischen der Motorbremse und der mechanischen Bremse noch nicht optimal abgestimmt ist. Das könnte VW per Software-Update noch beheben.

Philipp Aeberli

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