Hommage an legendäre Zeiten
Citroën macht vieles bewusst anders. Genau deswegen hat der traditionsreiche Autobauer auch heute noch viele Fans. Mit dem C4 zeigen die Franzosen mal wieder einen völlig eigenen Ansatz, wie ein Kompaktwagen aussehen und fahren kann.
Menschen mit Rückenproblemen schwören auf Citroën. Das war zumindest in den 1990ern eine weit verbreitete Aussage. Denn der französische Autobauer setzte das Erbe der legendären DS konsequent fort und verbaute in einigen Modellen weiterhin eine Hydropneumatik: ein komplexes System, welches Federung und Dämpfung über Öl- und Luftdruck steuerte und das Auto damit auch auf schlechten Pfaden einzigartig sanft abrollen liess.
Eine Hydropneumatik hat der neue C4 der Marke mit Doppelwinkel zwar nicht mehr verbaut. Trotzdem federt der 1322 kg leichte Franzose einzigartig fein – erst recht für ein Fahrzeug der Kompaktklasse. Selbst dann noch, wenn der Untergrund richtig schroff wird: unsauber eingefasste Kanaldeckel, Schlaglöcher und böse Temposchwellen. Alles verschwindet regelrecht unter dem «fliegenden Teppich» von Citroën. Das Geheimnis liegt in den «progressiven hydraulischen Anschlägen» des Fahrwerks. Statt starrer Anschläge, welche beim Erreichen den maximalen Federweg ruckartig begrenzen, kommen flexible Lager zum Einsatz, welche die Federung zum Anschlag hin immer härter werden lassen, ohne dabei die Federung mit einem stumpfen Schlag zu begrenzen. Das unangenehme «Durchschlagen» der Federung wird damit vermieden, Federn und Stossdämpfer können weicher abgestimmt werden. Diese Technologie stammt ursprünglich aus dem Rallye-Sport, kann aber in einem Strassenauto genauso viel Sinn machen, wie man schon auf den ersten Metern mit dem eigenwillig designten Kompakt-Franzosen merkt.
Dass der C4 auf Strecken mit engen Kurven etwas weniger agil und leichtfüssig wirkt als mancher Mitbewerber, muss man in Kauf nehmen. Störend ist das aber nicht, denn der C4 ist nun mal der komfortable Gleiter unter den Kompaktwagen. Die Lenkung über das handliche Lenkrad ist ausreichend präzise und angenehm leichtgängig, was ebenfalls in dieses Bild passt wie die breiten und komfortabel gepolsterten Sitze.
Wird dem Motto gerecht
Angetrieben wird der Testwagen von einem 1,5-Liter-Dieselmotor mit 130 PS und kräftigem 300 nm Drehmoment, der seine Leistung über eine 8-Gang-Automatik an die Vorderräder abgibt. Damit wirkt der C4 sehr passend motorisiert, vor allem wenn man öfter auf langen Strecken unterwegs ist. Mit 5,2 l/100 km lag der Franzose nur knapp über den vom Werk angesagten 5 l/100 km, was angesichts der montierten Winterreifen in Ordnung geht. Zudem wirkt der Diesel auf der Autobahn angenehm elastisch und laufruhig. Nur die etwas höheren Windgeräusche fallen auf längeren Strecken auf. Ansonsten wird der C4 dem Markenmotto «advanced comfort» absolut gerecht, zumal auch das Platzangebot auf den Rücksitzen langstreckentauglich ist; nur für sehr gross Gewachsene wird es am Kopf etwas eng, da die Dachlinie nach hinten abfällt. Der Kofferraum ist mit 380 bis 1250 Litern Volumen für diese Klasse trotzdem ordentlich.
Zahlreiche Assistenzsysteme
Zum gehobenen Komfort zählt auch die breite Auswahl an Fahrassistenzsystemen im C4. So wird man beim Parkieren von einer 360-Grad-Kamera samt Parksensoren unterstützt, dank schlüssellosem Zugang kann der Schlüssel immer in der Tasche bleiben, und moderne LED-Scheinwerfer sorgen auch bei Nacht für gute Sicht. Zudem bietet der C4 auch Annehmlichkeiten wie ein Head-up-Display und eine digitale Tachoeinheit. Die Möglichkeiten zur Personalisierung der Ansicht halten sich hier zwar in Grenzen, dafür sind die wichtigsten Informationen immer gut ablesbar. Auch das Touchscreen-Navi-System wirkt eher pragmatisch, lässt sich aber einfach und übersichtlich bedienen. Und vor allem lässt sich das Smartphone via Apple CarPlay oder Android Auto integrieren.
Die Preise für den Citroën C4 starten schon bei 22 400 Franken. Der getestete Diesel mit Automatikgetriebe ist ab 35 900 Franken zu haben – und bleibt auch mit den wenigen aufpreispflichtigen Extras noch unter 40 000 Franken. Es gibt also auch ohne Rückenprobleme einige Gründe, sich den kompakten Franzosen genauer anzuschauen.
Philipp Aeberli