Gediegener Lastenschlepper

Der Mercedes-E-Klasse-Kombi im Alltagstest: Wie gut bringt der Stern Luxus, Komfort und Transporttalent unter einen Hut? Dazu stellt sich die Frage, ob ein 6-Zylinder-Benzinmotor überhaupt noch zeitgemäss ist?

Trotz des 3-Liter-Motors überrascht der E450 4Matic auch auf deutschen Autobahnen mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 7,9 Litern auf 100 Kilometern. Bilder: PD

Trotz des 3-Liter-Motors überrascht der E450 4Matic auch auf deutschen Autobahnen mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 7,9 Litern auf 100 Kilometern. Bilder: PD

Blick in das Cockpit ...

Blick in das Cockpit ...

... und auf die Rücksitze des E450 4Matic.

... und auf die Rücksitze des E450 4Matic.

In unregelmässigen Abständen fahre ich zur lokalen Brauerei und tausche leere Bierkisten gegen volle. Quasi ein Alltagstest mit angenehmer Nebenerscheinung. Die Brauereitour versuche ich natürlich immer dann einzuplanen, wenn ein passender Testwagen vor der Tür steht und gleichzeitig die Vorräte im Keller zur Neige gehen. 

Nach dem Test mit der jüngst modellgepflegten E-Klasse als Kombi – oder T-Modell, wie es im Mercedes-Vokabular seit 1977 heisst – habe ich biertechnisch wieder für eine Weile ausgesorgt. Denn während in die meisten Mittelklassekombis oder SUVs vier bis fünf Kisten passen, transportiert der schwäbische Kombi auch locker deren sechs. Ohne die Rücksitze umzuklappen, freilich. Dann würden aus den 670 Litern Kofferraumvolumen satte 1820. Ein Bestwert, selbst unter den grossen Kombis. 

Wer nur viel Platz sucht, könnte sich dafür auch einen Van oder einen Lieferwagen kaufen; nur fürs Biertransportieren ist der mit Sonderausstattung über 100 000 Franken teure Kombi dann doch etwas zu schade. 

Was die E-Klasse so attraktiv macht, ist die gekonnte Verschmelzung aus Nutzwert und edlem Komfort, denn in der Testzeit galt es nicht nur Getränkekisten zu schleppen, es standen auch einige Termine mit längerem Anfahrtsweg im Kalender. Einen besseren Reisebegleiter als die E-Klasse kann man sich für solche Gelegenheiten kaum wünschen: Der Innenraum überzeugt nicht nur mit viel Platz, sondern auch mit angenehmen Sitzen, perfekter Sitzposition, sehr guter Schallisolierung und angenehmem Ambiente. 

Das Highlight ist hier die Multimedia-Einheit der neuesten Generation mit zwei Bildschirmen im Breitbildformat. Das System überzeugt mit gestochen scharfer Darstellung, einfacher Bedienung und netten Details, wie der gut funktionierenden Sprachsteuerung oder der sehr guten Klangqualität der Lautsprecher. Kurzum: Am Steuer der E-Klasse fühlt man sich auch nach mehreren Stunden noch wohl und entspannt – auch weil zahlreiche Fahrassistenzsysteme bei Bedarf dem Fahrer unter die Arme greifen.

 

Gipfel der Evolution

Unter der Haube des getesteten E450 4Matic T-Modells steckt ein 3-Liter-Benzinmotor, gekoppelt an eine 9-Gang-Automatik und einen Allradantrieb. 

Mit der neuesten Motorengeneration hat Mercedes wieder vom V6-Motor zum Reihensechszylinder gewechselt. Dass das ein Gewinn ist, merkt man schon beim ersten Starten: Da die Zylinder nun in einer Reihe angeordnet sind, ist der Motor physikalisch gesehen perfekt ausgelegt. Die entstehenden Schwingungen gleichen sich gegenseitig aus, der Motor läuft dadurch wunderbar fein. 

Dank Turboaufladung leistet er 367 PS und 500 Nm Drehmoment; zudem wird der Motor durch einen integrierten Startergenerator mit maximal 22 PS unterstützt. Der Generator kann beim Bremsen Energie zurückgewinnen, die ins elektrische Bordnetz gespeist wird. Dieses versorgt auch sämtliche Nebenaggregate wie zum Beispiel die Klimaanlage oder die Lenkung. So kann der Motor beim Ausrollen komplett ausgeschaltet werden – und springt dank dem starken Starter kaum spürbar wieder an.

 

Überraschender Verbrauch

Im Alltag überzeugt der Motor mit seiner Laufkultur und seinem souveränen Durchzug. So verrichtet er sehr dezent seinen Dienst, ist aber auf deutschen Autobahnen auch bei hohen Geschwindigkeiten noch für kräftigen Vortrieb gut. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 250 km/h begrenzt, den Sprint auf 100 km/h schafft der Kombi in sportlichen 5,2 Sekunden. Überraschend, gerade auf längeren Reisen, ist aber vor allem der Verbrauch: Das Werk nennt 9,7 l/100 km laut WLTP-Messung. Im Testschnitt waren es aber lediglich 7,9 l/100 km, trotz vieler Kilometer auf schneller deutscher Autobahn. Hierzulande lag der Verbrauch meist unter 7 l/100 km, sodass rund 1000 Kilometer mit lediglich einer Tankfüllung möglich sind.

Das zeigt eindrücklich, wie stark sich die modernen Benzinmotoren entwickelt haben. Vermutlich ist dies der Gipfel der technischen Evolution für einen reinen Verbrennungsmotor, bevor nach und nach alle Autos zumindest teilweise elektrisch unterwegs sind. 

Philipp Aeberli

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