Französisch für Fortgeschrittene
Der neue C5X von Citroën ist nicht nur geräumig und komfortabel: Er zeigt auch, dass französische Autos einfach anders sein müssen und dürfen. Der C5X lässt sich nicht in gängige Kategorien einordnen; genau deswegen wirkt er durchaus charmant.
André Citroën (1878–1935) war ein Visionär mit oftmals revolutionären Ansätzen und gutem Gespür für technische Innovationen. 1925 setzte Citroën zum ersten Mal auf eine Stahlkarosserie, während zu dieser Zeit noch Holz üblich war. 1928 verbaute man als erster Hersteller ein Bremslicht, und 1934 lancierte Citroën das erste Auto mit Frontantrieb. Der «Traction Avant» war auch eines der ersten Strassenautos, bei welchem hoher Wert auf die Aerodynamik gelegt wurde. Denn geringerer Luftwiderstand bedeutet weniger Treibstoffverbrauch und bessere Fahrleistungen. Ein Prinzip, das Citroën von da an in fast alle Modelle mit einfliessen liess – und das auch dafür sorgte, dass ein Citroën immer etwas anders aussah als die übrigen Autos auf der Strasse.
Futuristisch war weiterhin nicht nur die Optik, sondern auch die Technik. Legendär ist die ab 1955 in der DS 19 eingesetzte Hydropneumatik: ein hochkomplexes System aus Hydraulikzylindern und unter Hochdruck gehaltenem Stickstoff, das unter anderem die Verstellung der Fahrzeughöhe und eine automatische Niveauregulierung ermöglichte. Vor allem aber sorgte das System für sehr komfortables Abrollen. Wer einmal die Chance hat, mit einer DS 19 über das harte Kopfsteinpflaster der Pariser Innenstadt zu rollen, wird schon nach wenigen Metern begreifen, warum die DS auch heute noch ihre Fans hat.
Die Kehrseite der Medaille: Durch die sehr weiche Federung legte sich der Wagen bei flotterer Fahrt stark in die Kurve, Nick- und Wankbewegungen sind auch von aussen deutlich erkennbar, was das französische Kino in den 1960ern und 1970ern gerne für spektakuläre Aufnahmen von Verfolgungsjagden nutzte. Man denke nur an die legendären Streifen mit Louis de Funès. Sportlich und präzise fuhren die Wagen nicht, was der Kundschaft aber nichts ausmachte. Einen Citroën kaufte man sich aufgrund des hohen Komforts – und weil er einfach etwas anders und nicht selten auch skurril war.
Das Erbe wird fortgesetzt
Mit dem C5X zeigt Citroën nun wieder ein Modell, das an die legendären Zeiten anknüpft. Der 4,81 Meter lange Franzose polarisiert und will ganz bewusst nicht allen gefallen. Das beginnt schon damit, dass sich das Modell nicht in gängige Klassen einordnen lässt; der C5X fügt sich irgendwo zwischen SUV, Kombi, Limousine und viertürigem Coupé ein. An der Front fällt der Doppelwinkel auf, die Scheinwerfer legen sich zerklüftet über die Karosserie. Am abfallenden Heck leiten gleich zwei Spoiler den Luftstrom – und erschweren den Blick nach hinten. Dafür sorgt die grosse Heckklappe für eine tiefe Ladekante und einfaches Beladen des grosszügigen Kofferraums. An ein SUV erinnern die Verkleidungen der Radhäuser und die grosse Bodenfreiheit. Diese erlaubt sorgenfreies Fahren auch auf schlechten Strassen, wobei der C5X ausschliesslich mit Frontantrieb zu haben ist.
Neue Technik, selbes Fahrgefühl
Auf Schlaglöchern, Schwellen und Kopfsteinpflaster zeigt der C5X dann deutlich, dass er sich am historischen Vorbild von 1955 orientiert. Auch grobe Schläge werden in Watte verpackt und weggebügelt. Dies geschieht nicht mehr über eine «Hydropneumatik», sondern über ein Stahlfederfahrwerk mit aktiven Dämpfern, die sich auf Wunsch über eine Kamera auf bevorstehende Unebenheiten einstellen. Hinzu kommen hydraulische Endanschlagdämpfer; diese kann man sich ungefähr wie eine Softclose-Schublade in der Küche vorstellen. Das sorgt dafür, dass der C5X legendär weich abrollt. Dass er sich dafür auch weiterhin sehr deutlich in die Kurve neigt und auch wenig Lenkgefühl vermittelt, ist Teil des Konzepts – und verleiht dem C5X eine ganz eigene Fahrfreude, die an die legendäre Zeit des französischen Automobilbaus erinnert. Als Antrieb offeriert Citroën einen Benziner mit 8-Gang-Automatik (130 PS oder 180 PS) sowie einen Plug-in-Hybrid mit 225 PS. Letzterer schafft bis zu 55 Kilometer elektrisch. Die Preise starten ab 36 890 Franken, der Plug-in-Hybrid ist ab 45 890 Franken zu haben.
Philipp Aeberli