Eine schwere Sache

Der neue Land Rover Defender ist auch als Plug-in-Hybrid zu haben. So könnte man theoretisch auch rein elektrisch durch schweres Gelände fahren. In der Praxis leidet der Offroader leider unter seinem hohen Gewicht.

Abseits der Strasse fühlt sich der Defender zu Hause, als städtischer Kurzstreckenwagen gibt es allerdings wohl einige, die sich besser eignen. Bilder: PD

Abseits der Strasse fühlt sich der Defender zu Hause, als städtischer Kurzstreckenwagen gibt es allerdings wohl einige, die sich besser eignen. Bilder: PD

Wird die zweite Sitzreihe versenkt, bietet sich einiges an Platz.

Wird die zweite Sitzreihe versenkt, bietet sich einiges an Platz.

Im Test schaffte der Akku gerade mal 30 Kilometer.

Im Test schaffte der Akku gerade mal 30 Kilometer.

Plug-in-Hybride begegnen uns immer öfter. Sie sind inzwischen in fast allen Fahrzeugklassen präsent – und werden dank stetig wachsender E-Reichweite immer praxistauglicher. Ein Nachteil lässt sich aber nicht wegdiskutieren: Der Antrieb, der Benzinmotor und die E-Maschine samt Akku kombiniert bringen viel Gewicht ins Auto. Was bei einem Kompaktwagen noch kein allzu grosses Problem sein mag, stösst in einem ausgewachsenen Geländewagen wie dem fünftürigen Land Rover Defender an seine Grenzen: Gut 2,8 Tonnen bringt der Brite auf die Waage!

Der Defender ist konzeptbedingt kein Leichtgewicht. Aber der zusätzliche Akku, der unter einer Erhöhung im Kofferraumboden platziert wurde, bringt zusammen mit Elektronik und E-Motor nochmals gut 300 Kilo Mehrgewicht. Um das etwas zu kompensieren, setzt Land Rover beim Benzinmotor auf einen 4-Zylinder-Benziner mit 2 Litern Hubraum, der auf sich alleine gestellt 300 PS leistet. Hinzu kommt ein E-Motor mit maximal 143 PS; als Systemleistung stehen 404 PS und 640 nm Drehmoment im Datenblatt. So kann der Hybrid-Defender durchaus flott beschleunigen, was aber nicht der eigentliche Punkt dieses Autos ist. Rein elektrisch sollen laut Hersteller bis zu 53 Kilometer möglich sein. Im winterlichen Alltag waren es aber meist nur knapp unter 30 Kilometer, ehe die 15,4 kWh aus dem Akku aufgebraucht waren. Dann springt der Benziner an, der zwar an sich genügend Leistung bietet, aber doch eher angestrengt klingt und nach einem tiefen Gang aus der 8-Gang-Automatik verlangt, um die Masse in Schwung zu bringen. Hier wäre ein 6-Zylinder-Motor, vielleicht sogar als Diesel, vermutlich souveräner, ohne mehr Benzin zu verbrauchen. Aber: Damit käme noch mehr Gewicht ins Auto. Auch ein grösserer Akku wäre wünschenswert, um trotz hohem Luftwiderstand etwas mehr elektrische Reichweite zu ermöglichen. Auch das würde aber nochmals mehr Gewicht bedeuten, womit es mit den maximal erlaubten 3,5 Tonnen Gesamtgewicht samt Zuladung eng wird. Damit ist der Defender PHEV gefangen in den Grenzen des Systems.

Im Grundsatz konnte der Antrieb aber überzeugen: Er fährt elektrisch wunderbar ruhig, was zusammen mit der komfortablen Luftfederung sehr entschleunigend wirkt. Das Ansprechverhalten ist dank E-Maschine schön direkt, was das hohe Gewicht etwas kaschiert. Und in Sachen Übersicht und Raumangebot ist der Defender ohnehin ein überzeugendes Auto – von der eher kleinen Kofferraumöffnung einmal abgesehen. 

Beim Defender hat ein Thema absolute Priorität: wie sich das Auto abseits befestigter Strassen schlägt. Hier geht Land Rover auch beim Plug-in-Hybrid keine Kompromisse ein. Eine Geländeuntersetzung ist auch im reinen E-Modus verfügbar, und alle Werte wie Bodenfreiheit, Wattiefe usw. bleiben identisch. Auch optisch ist der Hybrid bis auf eine zusätzliche Tankklappe auf der linken Seite nicht zu erkennen. Hinter dieser Klappe verbirgt sich nicht nur der konventionelle Anschluss für das Wechselstromladen mit maximal 4,6 kW Ladeleistung, womit der Akku in rund dreieinhalb Stunden wieder voll ist, sondern auch ein CCS-Ladeanschluss. Damit kann an Schnellladestationen mit Gleichstrom geladen werden, womit der Akku in 30 Minuten wieder zu 80 Prozent voll ist. Das kann sich unter Umständen lohnen, wenn man ohnehin eine Pause an einer Raststätte macht, um wieder Strom für das elektrische Fahren in der Stadt zu haben. 

Wunder in Sachen Verbrauch darf man vom Plug-in-Hybrid aber nicht erwarten, auch wenn man mit einer Ladestation zu Hause und regelmässigen Kurzstreckenfahrten sparsam unterwegs sein kann – auch wenn man sich fragen darf, ob der grosse Defender für den städtischen Kurzstreckenverkehr das richtige Auto ist. Bei leerer Batterie sind auf der Autobahnlangstrecke rund 11,5 Liter nötig, um 100 Kilometer weit zu kommen. Hier lassen sich Gewicht und Aerodynamik nicht wegdiskutieren. Zudem sind mindestens 86 400 Franken nötig, um sich den Wagen in die Garage zu stellen.

Philipp Aeberli

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