Die Neuerfindung einer Ikone

Der neue Land Rover Defender polarisiert. Jedoch nur bis man sich ans Steuer gesetzt hat. Dann lässt der Brite keine Zweifel offen, dass er den legendären Namen zu Recht trägt.

Der Defender ist und bleibt ein Arbeitstier. Bilder: David Künzler

Der Defender ist und bleibt ein Arbeitstier. Bilder: David Künzler

Die Bodenfreiheit steigt per Knopfdruck auf mehr als 29 Zentimeter.

Die Bodenfreiheit steigt per Knopfdruck auf mehr als 29 Zentimeter.

Den Defender gibt es nur noch mit Automatikgetriebe.

Den Defender gibt es nur noch mit Automatikgetriebe.

Ähnliches Design, aber doch anders.

Ähnliches Design, aber doch anders.

Der klassische Land Rover ist eine Legende. Er wurde zwischen 1948 und 2016 mehr als zwei Millionen Mal gebaut und trug ab 1990 den Namen «Defender». Das Grundrezept des Kult-Geländewagens blieb fast unverändert. Zwar gab es mit der Zeit modernere Motoren und leichte Anpassungen an Karosserie und Innenraum – zum Schluss gar ABS, ESP und elektrische Fensterheber, jedoch keine Airbags. Der Defender blieb stets das, wofür ihn die Hartgesottenen unter den Fans liebten: ein rustikaler, zweckmässiger Geländewagen ohne Firlefanz. Mit Handschaltung, manuell sperrbaren Differenzialen, stabilem Leiterrahmen und Starrachsen. 

 

Schock für die Fans

Das Beharren auf der traditionellen Bauweise führte aber dazu, dass Land Rover 2016 die Produktion des Defender einstellen musste: Aktuelle Abgas- und Crashvorgaben liessen sich nicht mehr einhalten. 

2019 präsentierte Land Rover schliesslich den neuen Defender, der nun auf unseren Strassen angekommen ist. Für die Fans ein Schock, ein echtes No-Go. Denn der neue Defender knüpft zwar optisch klar erkennbar an den Urahnen an, ist aber trotzdem kaum mehr wiederzuerkennen. Er ist deutlich gewachsen, rund 20 Zentimeter in der Breite (auf 2,01 Meter). In der Länge wuchs der Defender um rund 16 Zentimeter – und kommt nun auf mehr als fünf Meter. Ein noch viel grösseres Sakrileg für die Fans des «echten» Defender: Der neue baut nicht mehr auf einem Leiterrahmen auf, sondern verfügt über eine selbsttragende Karosserie, wie man sie auch bei normalen Personenwagen findet. Auch die Starrachsen, die im Gelände optimale Verschränkung ermöglichen, sind nicht mehr mit an Bord. Zudem gibt es den neuen Defender ausschliesslich mit Automatikgetriebe. Zusammen mit dem komplett neuen Design samt modernen LED-Leuchten rundum und dem aufgeräumten Interieur mit Digital-Tacho und grossem Touchscreen-Navi könnte man meinen, der neue Defender sei verweichlicht. Nur noch für den Einsatz in der Stadt und auf den Flaniermeilen gedacht. 

 

Weiterhin ein Arbeitstier

Unterstützt wird diese These durch die Tatsache, dass der neue Defender auf der Strasse wunderbar funktioniert – ganz im Gegenteil zum Urahnen, der seinen Insassen auf der Strasse permanent vermittelte, dass er eigentlich lieber auf unbefestigten Pfaden unterwegs wäre. Der Neue gibt sich aber auf asphaltierter Strasse als gediegener Reisebegleiter. Dank der hohen Sitzposition und kantigem Karosseriedesign ist die Übersicht hervorragend, Platzangebot und Sitzposition lassen keine Wünsche offen. Und die aufwendige Luftfederung sorgt für erhabenen Komfort. Man könnte den neuen Defender als gezähmtes Lifestyle-SUV verstehen – ein Graus für die eingefleischten Defender-Fans. Und eine ungerechtfertigte Einschätzung für den Briten: Die Neuauflage ist und bleibt ein talentiertes Arbeitstier. Der Innenraum ist nicht mit Teppich ausgekleidet, sondern mit leicht zu reinigendem Kunststoff. Denn dieses Auto ist dafür gebaut, dreckig zu werden. Die Bodenfreiheit steigt per Knopfdruck auf mehr als 29 Zentimeter. Der Antrieb des Land Rover verfügt über eine Geländeuntersetzung und je eine Differenzialsperre an der Hinterachse und im Mittendifferenzial. So ist der Geländewagen abseits der Strasse kaum aufzuhalten – und steht seinem Urahnen nicht nach.

Als Antrieb kommt im Testwagen der derzeit stärkste Benziner zum Einsatz, ein Sechszylinder mit 400 PS, der mit sehr guter Laufruhe und linearer Leistungsentfaltung überzeugt; allerdings verbraucht er laut Werk 11,2 l/100 km; im Test war es rund ein Liter mehr. Alternativ stehen drei Sechszylinder-Diesel mit 200 bis 300 PS zur Auswahl – oder ein Plug-in-Hybrid, der bis zu 50 Kilometer rein elektrisch fährt. Die Preise für den neuen Defender 110 starten bei 66 400 Franken.

Philipp Aeberli

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