Die letzte laute Katze

Jaguar will ein neues Kapitel aufschlagen und zur rein elektrischen Marke werden. Zuvor wird die Sportwagen-Historie der Marke gebührend gefeiert – und verabschiedet. Der F-Type lässt ein letztes Mal den legendären V8-Kompressormotor aufheulen.

Motormässig holt Jaguar mit dem F-Type nochmals das Beste heraus, was er zu bieten hat, auch wenn es nicht mehr ganz zeitgemäss ist. Bilder: PD

Motormässig holt Jaguar mit dem F-Type nochmals das Beste heraus, was er zu bieten hat, auch wenn es nicht mehr ganz zeitgemäss ist. Bilder: PD

Der F-Type R75 ist wohl einer der letzten Achtzylinder ohne Hybridunterstützung.

Der F-Type R75 ist wohl einer der letzten Achtzylinder ohne Hybridunterstützung.

Beim Rollen auf der Autobahn kommt er auf 8 l/100 km, in der Stadt auf 12 l/100 km.

Beim Rollen auf der Autobahn kommt er auf 8 l/100 km, in der Stadt auf 12 l/100 km.

Der F-Type markierte 2013 die grosse Rückkehr. Endlich wieder ein echter Sportwagen von Jaguar. Eine Reminiszenz an den legendären E-Type, zunächst als Roadster, ab 2014 auch als Coupé. Zwar blieb der Sportler im eleganten Blechkleid ein Nischenmodell, für den Ruf der Marke ist er aber auf jeden Fall Gold wert. Doch nun soll Schluss sein, die Produktion wird noch dieses Jahr eingestellt, und ab 2025 will Jaguar ohnehin nur noch elektrisch unterwegs sein. Zum Abschied und zur Feier des 75-Jahr-Sportwagen-Jubiläums der Marke steht der F-Type als Sonder­modell R75 für eine letzte Runde bereit.

Auch nach zehn Jahren am Markt – 2019 gab es ein Facelift – wirkt die Form des Briten noch betörend und zeitlos elegant. Ein Punkt, der ihn zum künftigen Klassiker macht. Und auch beim Antrieb holen die Engländer nochmals das Beste, wenn auch nicht mehr Zeitgemässeste aus dem Regal: den 5,0-Liter-V8 mit Kompressorauf­ladung. Er präsentiert gleichmässigen Durchzug und 575 PS mit einem satten Grollen bis hin zum markanten Schreien, kann sich im Alltag aber auch vornehm zurückhalten. Das gilt im Übrigen auch für den Verbrauch: Bei sanftem Rollen auf der Autobahn sind auch um die 8 l/100 km möglich. In der Stadt und am Pass sind es gut 12 l/100 km.

Eine Ära lebt auf

Aber es handelt sich hierbei ja auch eher um ein Kunstwerk als um ein Alltagsauto. Dass das Cockpit nicht sehr geräumig wirkt, interessiert genauso wenig wie das hohe Gewicht von 1,9 Tonnen, das denn Allrad-Sportler natürlich nicht zu den agilsten seiner Gattung macht. Sportlich und direkt ist man im Coupé mit überraschend geräumigem Kofferraum aber allemal unterwegs. Und schliesslich geht es hier weder um Bestzeiten auf der Rennstrecke noch um das Wettrüsten mit neuen Hightechkomponenten. Vielmehr will der F-Type R75 die Ära der klassischen britischen Sportwagen noch einmal aufleben lassen. Und das gelingt ihm auf einzigartige Weise. Der satte V8-Klang, untermalt vom prägnanten Surren des Kompressors, der, über einen Riemen angetrieben, Luft in die Brennräume presst – ein Geräusch, das man in modernen Autos mit Turbomotoren, die Energie des Abgasstroms nutzen, um die Ansaugluft unter Druck zu setzen, nicht mehr kennt. In Elektroautos fehlt die Komponente der mechanischen Klänge fast gänzlich, stattdessen dominieren die spontane Kraft und das digitale Erlebnis. Allerdings ist auch der V8 im F-Type leiser geworden. Die Gesetzgeber haben ihm Partikel­filter im Abgastrakt beschert. Das tut der Freude aber keinen Abbruch – im Gegenteil. War der Achtzylinder bei seiner Lancierung teils fast schon obszön laut, wirkt er nun deutlich souveräner und gesitteter. Ein schöner Klang muss eben nicht zwingend extrem laut sein.

«Alte» Schule bei den Funktionen

In digitaler Hinsicht merkt man dem ­F-Type auf jeden Fall an, dass er schon ein Jahrzehnt am Markt ist. Angenehm fällt auf, dass viele Funktionen noch einfach über konventionelle Tasten angesteuert werden; der Touchscreen-Trend ging erfreulich spurlos am Engländer vorbei. Der Screen an sich ist eher klein und wirkt zudem nicht sehr modern. Apple-Car-Play und Android-Auto lassen sich nur via ­Kabel nutzen, auch eine kabellose Ladestation für das Smartphone gibt es nicht. Bei manchem Auto würde man sich an solchen Details stören, gerade in der hohen Preisklasse. Schliesslich sind derlei Funktionen schon in manchem Kompaktwagen selbstverständlich.

Dem F-Type Coupé R75 verzeiht man all das sofort. Es erscheint fast schon falsch, ihn an objektiven Kriterien zu messen. Er begeistert mit seiner Optik und seinem Klang und will jede Fahrt zum Erlebnis machen – was ihm zweifellos gelingt.Für mindestens 149 000 Franken (Basis: 300-PS-Vierzylinder ab 83 800 Franken) kauft man also eher ein Lebensgefühl als nur ein Fortbewegungsmittel. Und man investiert mit grosser Wahrscheinlich-keit auch in die Zukunft. Es ist vermutlich eine der letzten Chancen, einen Acht­zylinder ohne ganz Hybridunterstützung zu ­kaufen.

Philipp Aeberli

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