Die Leichtigkeit des Seins
Der Sommer ist definitiv in der Schweiz angekommen – und mit ihm auch die Cabrio-Saison. Während andere Cabrios und Roadster stetig grösser, schwerer und luxuriöser werden, bliebt sich der MX-5 von Mazda treu – und wirkt damit alles andere als alt.
Wenn es um Sportwagen geht, geht es auch oft um Wettbewerb: schneller, stärker und damit auch teurer. Das mag für Technikaffine durchaus faszinierend sein, ist aber für die meisten schlussendlich unerreichbar. Ausserdem sind moderne Sportwagen so schnell geworden, dass sie auf öffentlichen Strassen ohnehin nicht ausgefahren werden können.
Mit dem MX-5 hat Mazda schon seit 1989 gewissermassen die Antithese zum Sportwagenwettrüsten im Angebot. Denn beim kleinen japanischen Roadster geht es nicht um Höchstleistung, sondern um Genuss: Genuss am sportlichen Fahren, ohne dafür irrwitzig schnell rasen zu müssen und zu wollen. Auch der MX-5 hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt – und ist dabei etwas gewachsen. Die Erstauflage brachte 955 kg auf die Waage und leistete 115 PS. 2022 steigt die Waage auf 1025 kg, der inzwischen zwei Liter grosse Saugmotor leistet 184 PS. Das sind in der Sportwagenwelt weiterhin bescheidene Zahlen – die man schon nach den ersten Metern im MX-5 vergisst. Denn der kleine Japaner zeigt schlussendlich, dass Zahlen für den Fahrspass keine Rolle spielen. Durch das geringe Gewicht und die kompakten Abmessungen – der MX-5 ist 1,74 Meter schmal und 3,92 Meter kurz und damit kleiner als ein VW Polo – wirkt der Roadster sehr handlich. Und zwar nicht bloss auf einer leeren Passstrasse, sondern immer und überall: beim Abbiegen in der Stadt, beim Parkieren im Parkhaus und im Kreisverkehr genauso, wie wenn der Weg zum Brötchenholen über ein paar kurvige Nebenstrassen führt. Der Roadster beschleunigt trotz vergleichsweise bescheidener Leistung – 205 Nm Drehmoment bei 4000 Umdrehungen – leichtfüssig, was durch die sehr präzise und kurz geführte Handschaltung unterstützt wird. Optional wäre auch ein Automatikgetriebe zu haben, doch in diesem Auto geht es schliesslich ums Fahren, weswegen die manuelle Schaltung auf jeden Fall zu empfehlen ist.
Das schnellste Verdeck
Die Leichtigkeit spürt man nicht nur beim Fahren, sie wird auch anders präsentiert. So wird das Verdeck nicht etwa in einem komplexen Mechanikballett elektrisch hinter die Sitze gefaltet, sondern ganz einfach mit Muskelkraft: über einen Hebel das Dach am Scheibenrahmen lösen und lässig mit einem Arm hinter die Sitze falten. Das Ganze dauert nur wenige Sekunden, womit der MX-5 auf seine eigene Art das schnellste Cabrio der Welt ist: Schneller geht kein Verdeck auf und zu.
Wunder beim Raumangebot darf man vom MX-5 freilich nicht erwarten. Zwei Personen finden aber gut Platz, sofern sie nicht viel grösser als 1,85 Meter sind. Der Kofferraum ist mit 130 Litern ebenfalls nicht riesig. Für etwas Wechselwäsche und eine Badehose reicht es aber allemal!
Nicht zwingend unvernünftig
Wer mit dem vorhandenen Platz auskommt, kann den MX-5 problemlos nicht nur als Spassgerät für ein paar schöne Ausfahrten, sondern auch als Alltagswagen nutzen. Das Verdeck ist freilich wasserdicht und isoliert auch anständig gegen Schall, sodass auch längere Strecken machbar sind. Der Federungskomfort steht dem gängigen Kompaktwagen in nichts nach; aufgrund des niedrigen Gewichts kann der kleine Roadster die Karosseriebewegungen auch ohne extrem harte Feder-Dämpfer-Abstimmung unter Kontrolle halten. Und schliesslich machen sich das niedrige Gewicht und die kleine Stirnfläche auch beim Verbrauch positiv bemerkbar. 6,9 l/100 km gibt der Hersteller an, im Testschnitt kamen wir auf 6,8 l/100 km – wobei sich die Verbrauchsanzeige auf gemütlich gefahrenen Autobahnetappen sogar bis auf 6,1 l/100 km fallen liess. Damit zeigt der MX-5 auch, dass ein Sportwagen nicht zwingend unvernünftig sein muss – zumal sich dank kleiner Reifendimensionen (205/45 R17), robusten Saugmotors und viel Grossserientechnik auch die Unterhaltskosten in Grenzen halten. Mit kleinerem 1,5-Liter-Motor und 132 PS ist der MX-5 schon ab 32 300 Franken zu haben, den getesteten mit 2-Liter-Motor gibt’s ab 36 300 Franken. Gross ist die Auswahl an neuen Sportwagen in dieser Preisklasse nicht.
Philipp Aeberli