Blick in die Zukunft
Audi bringt mit dem Q4 e-tron ein weiteres Modell mit batterieelektrischem Antrieb. Der kompakte Crossover wird mit einer Reichweite von rund 300 bis 500 Kilometern für die Konkurrenz gerüstet sein.
Noch sind Autos mit reinem E-Antrieb in der Minderzahl, auch wenn sich deren Marktanteil in den letzten Jahren markant gesteigert hat. 2015 waren noch lediglich 1,6 Prozent aller neu verkauften Personenwagen rein elektrisch angetrieben, im ersten Halbjahr 2021 waren es bereits 9,9 Prozent. Der E-Anteil wird weiter wachsen, weil die Hersteller das Angebot in den nächsten Jahren massiv erhöhen. Audi will bis 2025 20 elektrische Modelle im Portfolio haben. 2026 will die Marke das letzte neue Modell mit Verbrennungsmotor auf den Markt bringen, 2035 soll schliesslich der letzte Audi mit Benzin- oder Dieselmotor vom Band rollen.
Unübliche Wahl beim Antrieb
Auf das grosse SUV e-tron und den e-tron GT folgt nun der Q4 e-tron, ein kompakter Crossover mit E-Antrieb. Dass sich Audi beim dritten Stromer für diese Kategorie entscheidet, ist kein Zufall: Kleine SUVs sind beliebt und bieten ideale Voraussetzungen, um die Akkus im Unterboden zu verstauen. Der Q4 basiert auf dem modularen Baukasten aus dem VW-Konzern. Die technische Basis teilt er sich also mit dem VW ID.4 und dem Skoda Enyaq. Das Batteriepaket speichert 51,5 oder 76,6 kWh netto. Das reicht für 306 bis 520 Kilometer Reichweite. Unüblich für einen Audi ist die Auswahl beim Antrieb: Die Basismodelle verfügen nämlich über einen Heckantrieb. Das Topmodell 50 quattro bekommt einen zusätzlichen E-Motor an der Vorderachse und wird damit zum Allrad. Die Leistung steigt damit von 170 oder 204 PS beim Heckantrieb auf 299 PS.
So fühlt sich der 2,1 Tonnen schwere Q4 beim Beschleunigen durchaus flott und souverän an. Vor allem, weil vom Antrieb im Innenraum kaum etwas zu hören ist. Selbst für E-Auto-Massstäbe ist es sehr ruhig, Wind- und Abrollgeräusche bleiben auch bei Autobahntempo dezent, was den Q4 komfortabel wirken lässt. Dieser Eindruck setzt sich beim Fahrwerk fort. Hier hat Audi einen guten Kompromiss gefunden, um das durch die Akkus sehr hohe Gewicht gut unter Kontrolle zu halten, ohne den Insassen eine übertrieben harte Federung zumuten zu müssen. Die im Boden verbauten Akkus sorgen für einen tiefen Schwerpunkt, wodurch sich auch die Seitenneigung in Kurven in engen Grenzen hält. Zusammen mit der direkt abgestimmten Lenkung wirkt der Crossover also handlich, obwohl das hohe Gewicht stets präsent ist.
Im Innenraum fällt das neu gestaltete Lenkrad auf; es ist oben und unten leicht abgeflacht und verfügt über elegante Touchflächen, über die sich zahlreiche Funktionen steuern lassen, ohne die Hände vom Lenkrad nehmen zu müssen.
Allerdings reagieren die Schaltflächen etwas unvorhersehbar: Teils müssen sie wie ein Knopf gedrückt werden, manchmal reicht eine leichte Berührung – womit man sie auch gerne unbeabsichtigt betätigt. Eine simple physische Taste wäre hier die einfachere Lösung.
«Digitaler Blick» in die Zukunft
Positiv fällt dafür das Head-up-Display auf. Es projiziert die wichtigsten Informationen in die Windschutzscheibe, sodass man sie vom Fahrersitz in einer Entfernung von zehn Metern wahrnimmt. Besonders ist die Augmented-Reality-Funktion, welche zum Beispiel die Richtungspfeile für die Navigation passend auf die Umgebung legen kann, sodass man effektiv dem Pfeil folgt – fast wie in einem Videospiel. Damit der Pfeil auch bei voller Fahrt passend angezeigt wird, soll das System dank künstlicher Intelligenz bis zu 200 Millisekunden «in die Zukunft blicken» können, um die Verzögerungen von Kamera und Computer auszugleichen. Eine beeindruckende Spielerei – denn im Alltag dürften die bequemen Sitze, das gute Platzangebot auf der Rückbank und im Kofferraum und vor allem die Reichweite entscheidender sein.
Auf der ersten Testfahrt über Landstrassen und Autobahn verbrauchte der Crossover rund 18 kWh/100 km; gut 400 Kilometer dürften also im Alltag machbar sein, womit der Audi gegen die wachsende Konkurrenz, hauptsächlich Mercedes EQA, Volvo XC40 und das kommende Model Y von Tesla, gut aufgestellt ist.
Philipp Aeberli