Aufstieg in neue Sphären
Der CX-60 schlägt ein neues Kapitel auf für Mazda: Mit ihm lanciert die Marke den ersten Plug-in-Hybrid und stösst in eine neue Preisliga vor. Ob er sein Geld wert ist, soll er im Fahrbericht zeigen.
Der Begriff «Inflation» ist derzeit ein Dauergast in den Medien – was schlussendlich heisst: Alles wird teurer. Dieser Effekt lässt sich durchaus auch in der Autowelt beobachten. Hier spielt sich die Inflation aber vor allem so ab, dass günstige Modelle – zum Beispiel Kleinwagen wie der Ford Fiesta – zunehmend aus den Modellpaletten verschwinden. Stattdessen runden die Hersteller ihr Portfolio nach oben ab und lancieren grössere, teurere Modelle. Denn hier warten höhere Profitmargen, was vor allem dann entscheidend wird, wenn der Absatz durch Materialknappheit bei Komponenten wie Mikrochips begrenzt wird. Ausserdem sind die Technologien, die benötigt werden, um die immer strenger werdenden Emissionsvorschriften einzuhalten, teuer in Entwicklung und Herstellung – und das hat schlussendlich der Kunde zu bezahlen.
Der stärkste Mazda aller Zeiten
Es ist also keine Überraschung und durchaus nachvollziehbar, dass nun auch Mazda einen Schritt nach oben gemacht hat. Dieser zeigt sich im neuen CX-60, einem SUV der oberen Mittelklasse, das auf der neuen «Large-Plattform» des Herstellers aufbaut, die unter anderem auch mit neuen Reihen-6-Zylinder-Benzin- und -Dieselmotoren bestückt werden kann. Den Anfang macht der CX-60 aber ganz zeitgemäss mit einem neu entwickelten Plug-in-Hybrid-Antrieb. Er kombiniert einen 191 PS starken 2,5-Liter-Benzinmotor mit 191 PS und eine 175 PS (129 kW) starke E-Maschine zu einer Systemleistung von 327 PS. Das macht den CX-60 zum stärksten Mazda aller Zeiten.
Die Leistung gelangt über eine 8-Gang-Automatik an alle vier Räder. Viel wichtiger als Höchstleistung ist aber die Fähigkeit, Sprit zu sparen. Dafür verbaut Mazda einen Akku mit 17,8 kWh Speicherkapazität, der laut Werk für bis zu 63 km elektrische Reichweite sorgen soll. Im Test – bei bereits kühlen Temperaturen und auf Winterreifen – blieben noch rund 45 km E-Reichweite. Das ist, gemessen an Konkurrenten wie dem Kia Sorento PHEV oder dem Lexus NX 450 h+, kein Sensationswert, aber im Klassendurchschnitt. Wer etwas plant und zu Hause und / oder am Arbeitsplatz laden kann, wird damit den Benzinverbrauch auf jeden Fall deutlich senken können. Erst recht, weil die vor dem Getriebe montierte E-Maschine für den Alltagsbetrieb ausreichend dimensioniert ist und den CX-60 souverän im Verkehr mitschwimmen lässt. Auf längeren Strecken übernimmt dann der Benzinmotor, der nur bei höheren Drehzahlen etwas rau wirkt. Er gönnt sich bei leerer Batterie rund 8,2 l/100 km. Da der Tank beim Plug-in-Hybrid nur 50 Liter fasst, um Platz für den Akku zu schaffen, steht man also spätestens nach 400 km an der Tankstelle, was für lange Urlaubsfahrten eher knapp wirkt.
Nicht vollends überzeugend
Allgemein hinterlässt der Japaner auf der Langstrecke einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits gefallen die bequemen Sitze, die gute Übersicht sowie das gute Platzangebot (570 bis 1726 Liter Kofferraum) und die grundsätzlich simple Bedienung über einen Drehknopf auf dem Mitteltunnel. Auch das tiefe Geräuschniveau ist durchaus ansprechend. Kritik gibt es dafür für die ungenaue Anzeige für die elektrischen Restkilometer, das sehr straffe und wenig harmonische Lenkgefühl und die eher straffe Fahrwerksabstimmung, die Mazda aufgrund des hohen Leergewichtes von mehr als zwei Tonnen für notwendig erachtet. Allenfalls wird hier schon die bald folgende Version mit 6-Zylinder-Dieselmotor eine bessere Abstimmung bieten.
Für den täglichen Kurzstreckenalltag mit E-Antrieb und gelegentliche längere Ausflüge in die Berge kann der PHEV aber durchaus die richtige Wahl sein. Allerdings hat diese Flexibilität auch ihren Preis: Der neue CX-60 gibt’s ab 54 900 Franken (Diesel, RWD). Der Plug-in-Hybrid ist ab 61 700 Franken zu haben – und knackt mit guter Ausstattung schnell auch die 70 000-Franken-Marke. Dafür hat der CX-60 zwar einiges zu bieten, ist aber auch preislich schon fast in Reichweite der deutschen Premium-Konkurrenz.
Philipp Aeberli