Zwei aus Potsdam entdecken Luzern

Potsdamer Sportschule trifft auf Luzerner Kanti: Ein Austauschschüler und eine Austauschschülerin aus der Luzerner Partnerstadt Potsdam besuchten für zwei Wochen die Kanti Reussbühl. Im August werden die Rollen dann getauscht.

V.l:Tom Huwyler, Aline Luible (aus Luzern), Lehrer Christoph Schaufelberger sowie Mara Feilbach und Paul Bummert aus Potsdam. Bild: Pawel Streit

Der Schultag neigt sich langsam dem Ende zu. Die Schüler:innen der Kantonsschule Reussbühl strömen scharenweise aus dem Schulhaus, um noch vor dem grossen Gewitter an diesem regnerischen Nachmittag den Bus für die Heimfahrt zu erwischen.

Für Mara Feilbach und Paul Bummert ist es nicht nur das Ende des Schultages, sondern auch beinahe ihres Aufenthaltes in Luzern. Die beiden sind Teil des Schüleraustauschs, der im Rahmen des 20-Jahr- Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen Luzern und Potsdam stattfindet. Das Jugendaustauschprojekt zwischen der Potsdamer Sportschule Friedrich Ludwig Jahn und der Kantonsschule Reussbühl Luzern (KSR) wurde auf Luzerner Seite von Christoph Schaufelberger, Lehrperson der KSR, entwickelt und vorangetrieben. Das Projekt stärkt die Partnerschaft zwischen den beiden Städten und gewährt den Jugendlichen Einblicke in den Schulalltag, das Familienleben und die landesspezifischen Besonderheiten der jeweiligen Partnerstadt.

Parallelen entdeckt

Die 17-jährige Mara und der 19-jährige Paul sind das erste Mal in der Schweiz. Neben dem Unterricht an der Kantonsschule Reussbühl gab es für die beiden ein individuelles Rahmenprogramm. Erste Priorität war dabei, die Partnerstadt Luzern kennen zu lernen. Während Mara vor allem die Altstadt und das Bergpanorama beeindruckten, weckte die Reuss Heimatgefühle bei Paul, der hier eine Verbindung zu Potsdam und der Havel, einem stauregulierten Fluss, festgestellt hat. Doch die Stadt Luzern ist nicht der einzige Stopp auf der Entdeckungsreise der beiden geblieben. Pauls persönliches Highlight war der Besuch auf dem Pilatus gewesen. «Der Ausblick war unbeschreiblich», schwärmt er. Die naturverbundene Mara sieht das ähnlich, ihre Mutter hat ihr nämlich schon vor Beginn des Austauschs prophezeit: «Du wirst dich in die Berge verlieben.»

Der kurze Austausch war für beide eine unerwartete Gelegenheit, sich den Traum vom Auslandaufenthalt zu erfüllen. Einmal auch länger wegzubleiben, können sich beide gut vorstellen, allenfalls auch hier in der Schweiz.

Der Reiz der Mundart

Beim Thema Dialekt könnten die Erfahrungen der Jugendlichen nicht unterschiedlicher sein. Als Erstes meldet sich aber die Luzerner Gastschwester Aline zu Wort: «Mara versteht so gut wie alles, auch wenn wir Mädels manchmal in den Dialekt zurückgefallen sind. Ich würde sagen: Sicher 80 Prozent von dem, was wir sagen, versteht sie ohne Probleme!» Die Blicke richten sich nun auf Paul. Dieser lacht, als er von seinen Begegnungen mit dem Schweizerdeutsch spricht: «Bei mir müssten es in diesem Fall vermutlich nur genau 20 Prozent sein, ich verstehe wirklich kaum etwas.»

Umso angeregter erzählt Mara, was sie in der kurzen Zeit schon gelernt hat. Eine grosse Hilfestellung bei den helvetischen Eigenarten, ob sprachlich oder kulturell, hat ihr dabei das Comedy-Programm «Der Reiz der Schweiz» von Kaya Yanar geboten, die Gastschwester Aline als Schweiz-Crash-Kurs vorgeschlagen hatte. Ebenfalls aufgefallen ist der Schülerin, dass die Schweizer alles abkürzen und das Wort «fein» vor allem für Essen benutzen. Für sie und Paul hingegen bedeutet es eher vornehm oder gar schnöselig und wirkt, so wie wir Schweizer es benutzen, etwas befremdlich. Mara bemerkt gar nicht, dass sie selbst schon Worte wie «Kolleginnen», die typisch für die Schweiz sind, benutzt. Darauf angesprochen, erschrickt sie. «Ach, stimmt! Ja, das war am Anfang auch komisch, das hat sich immer so formell und streng angehört. Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt.»

Einen ganz anderen Kulturschock hat Paul erlebt. «Ich habe noch nie Fahrradwege in der Mitte der Strasse gesehen», erzählt er schockiert. Diese erscheinen ihm alles andere als sicher. Auch dem Fahrstil seines Gastbruders Tom steht er kritisch gegenüber.

Für Tom und Aline sind die letzten zwei Wochen ebenfalls ereignisreich gewesen, denn sie haben ihre Heimat nochmals aus einer ganz anderen Perspektive kennen gelernt. Auch das ach so vertraute Hochdeutsch findet Tom nicht ganz so einfach, wenn man es den ganzen Tag sprechen muss. Im August werden Aline und Tom ihre Gastgeschwister Paul und Mara in Potsdam besuchen und die Rollen tauschen. Tiffany Sigg

Blogprojekt zum Austausch

Begleitend zum Austauschprojekt ist auch ein Blogprojekt in der Entstehung, in dem die Jugendlichen ihre persönlichen Eindrücke der jeweiligen Partnerstadt selbst in Bild und Text dokumentieren. www.ksr-lu.ch/potsdamaustausch/

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