Zeigen, was Vorstösse kosten
Die FDP fordert, dass in Zukunft ausgewiesen wird, was die Beantwortung der einzelnen parlamentarischen Vorstösse kostet. Von Zustimmung bis Häme erntet die FDP von anderen Parteien fast alles.
Im Kanton Aargau hat im aktuellen Jahr die Erarbeitung der Antwort auf eine kantonale CVP-Interpellation betreffend Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge 1400 Franken gekostet.
Eine Interpellation zu Hauskatzen der GLP, in der unter anderem auch gefragt wurde: «Wie gross ist die Wildkatzenpopulation im Kanton Aargau, und wie ist der Einfluss der Hauskatzen auf diese?», hat die kantonale Verwaltung mit 1447 Franken beziffert. Der Kanton Aargau führt seit zehn Jahren den Aufwand am Ende jeder Interpellation, jedes Vorstosses und jeder Motion auf.
Geht es nach der FDP der Stadt Luzern, sollen die Kosten der parlamentarischen Vorstösse in Zukunft auch in der Stadt
Luzern aufgeführt werden. «Die Anzahl der Vorstösse und oftmals auch deren Inhalt erstaunen immer wieder. Nicht selten liessen sich die Anliegen mit einem kurzen Telefonat sehr unbürokratisch erledigen», sind FDP-Grossstadtrat Marc Lustenberger und FDP-Fraktionspräsident Marco Baumann der Meinung.
An welchen Vorstössen sich die FDP konkret stört, will Marc Lustenberger nicht präzisieren. «Es ist nicht unsere Absicht, jemanden persönlich an den Pranger zu stellen. Es fällt uns aber auf, dass Vorstösse immer häufiger als Instrument für Partikularinteressen, Wahlkampf oder parteipolitische Manöver eingesetzt werden», so Lustenberger.
SP und Grüne gegen Preisschild
Bei einigen anderen Parteien löst das Postulat der FDP keine Begeisterung aus. SP-Fraktionspräsident Simon Roth meint etwa: «Vorstösse haben unter anderem den Zweck, dass ein Thema öffentlich diskutiert wird und Informationen dazu öffentlich bekannt sind. Das ist mit einem Telefongespräch mit der Verwaltung nicht möglich. Solche Gespräche finden zwar immer wieder statt, aber ein Parlament hat die Aufgabe, Themen öffentlich zu diskutieren», sagt er. Und zum Vorwurf, die Antworten würden immer länger werden, übt Roth Selbstkritik am Parlament aus: «Es wird gerne kritisiert, wenn ein bestimmter Aspekt in einem Bericht und Antrag nicht ausführlich genug dargestellt wird, ist die FDP nun der Meinung, die Beantwortungen werden zu lange ausgeführt, muss sich das Parlament an der eigenen Nase nehmen.»
Christian Hochstrasser, Fraktionschef der Grünen/Jungen Grünen, betont wie Simon Roth den Zweck der Vorstösse und ergänzt: «Dass zudem die Zahl der Vorstösse in den letzten Jahren gar nicht wesentlich zugenommen hat, hätten die Verfasser des Postulats mit einer einfachen Internetrecherche oder einem Telefonanruf bei der Stadtkanzlei ebenfalls kostengünstig abklären können. Ob ein Preisschild die FDP dann daran gehindert hätte, diesen meines Erachtens sehr unnötigen Vorstoss einzureichen, wage ich zu bezweifeln», sagt Hochstrasser kritisch.
«Die Mitte» ist für Sensibilisierung
Zuspruch erhält die FDP von «Die Mitte». Da sagt etwa auch Mirjam Fries, dass Interpellationen an den Stadtrat gestellt würden, die unnötig seien. «Bei den Postulaten sind es eher Anliegen, welche eigentlich gar nicht in der städtischen Kompetenz liegen und trotzdem an den Stadtrat gestellt werden», erklärt Mirjam Fries. «Ich glaube nicht, dass sich die Anzahl durch ein Preisschild stark reduzieren würde. Aber die eine oder andere Interpellation würde allenfalls nicht gestellt», glaubt «Die Mitte»-Fraktionspräsidentin. Vor zehn Jahren hatte ihre Partei eine Interpellation mit ähnlichem Ziel eingereicht. «Ich finde es gut, wenn wieder einmal aufgezeigt wird, welche Kosten ein Vorstoss verursacht. Damit kann das Parlament sensibilisiert werden. Dasselbe gilt für Stadtrat und Verwaltung in Bezug auf die Beantwortung.»
Gemäss Rahel Ommerli, Leiterin Parlamentsdienst des Grossen Rats im Kanton Aargau, bewegte sich die jährliche Anzahl Vorstösse im kantonalen Parlament konstant zwischen 170 und 200 Anträgen. Der frühere stellvertretende Generalsekretär der Aargauer Staatskanzlei, Pirmin Kaufmann, hatte in einem Artikel im «Der Bund» im Jahr 2015 erklärt, dass die Anzahl Vorstösse seit der Einführung eines Preisschildes «nicht signifikant abgenommen hat».
Marcel Habegger