«Wir wollen gutes Personal halten»

Frauen sind in Geschäftsleitungen von Handwerksberufen eher selten. Mit flexiblem Teilzeitmodell macht ein Luzerner Malerbetrieb vor, wie weibliche Führungskräfte gefördert und dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden kann.

Die Geschäftsleitung der Maler Stutz AG (v. l.): Anita Gander, Walter Wesseling, Larissa Frey und Ruedi Ackermann. Bild: PD

Obligatorische Frauenquoten in ­Führungspositionen sind derzeit ein ­heisses politisches Eisen. Erst jüngst hat der Bundesrat für nationale Sportverbände eine entsprechende Vorgabe beschlossen. In Handwerkerberufen scheinen solche Forderungen bislang nicht laut zu werden – sicherlich nicht zuletzt deshalb, weil es in den Berufen ohnehin an Frauen ­mangelt. Nicht so in der Malerbranche: Seit einigen Jahren ist die Zahl der Malerin-nen kontinuierlich angestiegen. Gesamtschweizerisch beträgt der Frauenanteil im Malerberuf rund 25 Prozent.

So auch bei der Maler Stutz AG. «Rund ein Drittel unserer Mitarbeitenden sind Frauen», erzählt Walter Wesseling, Geschäftsführer der Luzerner Malerunternehmung. Als er sich mit seinem Geschäftspartner vor rund zehn Jahren der Planung einer geeigneten Nachfolgeregelung annahm, sei es deshalb selbstverständlich gewesen, dass auch Frauen für die Geschäftsleitung infrage kommen. «Mit Anita Gander und Larissa Frey haben wir zwei totale Glückstreffer gelandet», sagt Wesseling. «Beide arbeiten seit über zehn Jahren bei uns und ergänzen sich optimal.» Während Anita Gander in der Geschäftsleitung das Administrative verantwortet, ist Larissa Frey für die Betriebsleitung zuständig. Als Mit­inhaberinnen von je 10 Prozent besitzen sie seit zwei Jahren auch Anteile der Firma. «Die Übertragung weiterer Aktienanteile ist vereinbart. Die beiden Frauen bringen zusätzlichen Schwung in den Betrieb. Gute Voraussetzungen also, in ein paar Jahren der Pensionierung guten Mutes ins Auge zu schauen», so Wesseling.

In der Branche akzeptiert

Und wieso zieht der Malerberuf gerade so viele Frauen an? «Kreativität, Selbstständigkeit, Abwechslung und der Kontakt mit Menschen sind ein grosser Pluspunkt», sagt Larissa Frey. «Auch von den körperlichen Anforderungen her ist der Beruf für Frauen gut machbar.» Die 30-Jährige ist bei Maler Stutz gross geworden. Nach der ­Lehre machte sie die Ausbildung zur Baustellenleiterin, und ein paar Jahre später folgte der Abschluss als Malermeisterin. «Die Anstellung als Betriebsleiterin, ja ­sogar Mitinhaberin in meinem Lehrbetrieb zu werden, freute mich sehr», sagt Frey. «Ich liebe die praktische Arbeit auf den Baustellen und konnte mir früher nicht vorstellen, im Büro zu arbeiten. Heute schätze ich es aber sehr. Es ist schön, im Kontakt mit den Kundinnen und Kunden ihr direktes Feedback zu erhalten und zu erleben, wenn die Leute am Ergebnis ­unserer Malerarbeiten Freude haben.»

Auch wenn Larissa Frey selbst nicht mehr malt, ist sie als Betriebsleiterin und Vorgesetzte von rund 30 Mitarbeitenden ­immer noch viel auf Baustellen unterwegs. Probleme, als Frau akzeptiert zu werden, hatte sie dabei nie. «Im Gegenteil. Viele schätzen es, wenn sie es auch mal mit einer Frau zu tun haben. Ich hatte sehr selten das Gefühl, dass ich mich vor Arbeitskollegen oder Kundschaft mehr beweisen musste.»

Teilzeitmodell als Voraussetzung

Während Larissa Frey Vollzeit arbeitet, hat ihre Geschäftsleitungskollegin Anita Gander ein Teilzeitpensum. Als Leiterin der Administration und des Rechnungswesens kann sie auch gewisse Arbeiten von zu Hause aus erledigen. «Dass wir bei uns Teilzeitarbeit anbieten, war ein entscheidender Faktor, um den Beruf auch für Frauen attraktiv zu machen», sagt Wesseling. «Vor zehn Jahren waren in der Malerbranche Frauen in Führungspositionen oder Teilzeitmodelle noch gar kein Thema. Uns war relativ früh klar, dass wir etwas ändern müssen, wenn wir die hoch qua­lifizierten Frauen, nachdem sie Mutter ­geworden sind, nicht im Beruf verlieren wollen.»

Nicht zuletzt deshalb hat die Maler Stutz AG auch beim Teilzeitförderprojekt «Teilzeitbau» mitgemacht. Zusammen mit rund einem Dutzend anderer Unternehmen aus der Maler- und der Gipserbranche wurden im Rahmen dieses Projekts Werkzeuge für die Umsetzung von Teilzeitarbeit erarbeitet und die Erkenntnisse mit der Öffentlichkeit geteilt. Seitdem hat sich die Zahl der Teilzeitstellen im Maler- und im Gipsergewerbe laut Projektauswertung innerhalb von vier Jahren mit über 600 neuen Teilzeitstellen verdoppelt. «Teilzeitarbeit ist natürlich ein wichtiges Mittel, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, den wir auch in der Malerbranche spüren», sagt Wesseling. «In erster Linie geht es uns aber darum, gutes Personal nicht zu verlieren, nur weil Frauen – aber auch Männer – nicht Teilzeit arbeiten können. Diesbezüglich hat bei uns ein Umdenken stattgefunden. Und wir möchten andere Unternehmen dazu ­animieren, sich auch mit dieser Thematik zu befassen.»

Anna Meyer

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