«Wir sind auf Sicht geflogen»
Die Prognose bleibt für Luzern Tourismus ein Kaffeesatzlesen. Das Jahr 2021 war etwas besser als 2020, das Zerren um die Gäste hat aber erst begonnen, und die Konkurrenz hat teilweise mehr Mittel.
In Anlehnung an das Verkehrshaus der Schweiz sagte Martin Bütikofer, Direktor des Museums und Verwaltungsratspräsident von Luzern Tourismus, an der Pressekonferenz von Donnerstag über die Corona-Jahre 2020 und 2021: «Wir sind auf Sicht geflogen, aber wir wussten, wir können fliegen. Wir leben in einer Region, von der Millionen von Menschen auf der ganzen Welt träumen, sie einmal zu besuchen, daran hat auch dieses Virus nichts geändert.» Martin Bütikofer sprach davon, dass es ein Ziel gewesen sei, die Situation mit einer positiven Grundhaltung und einem Lachen auf dem Gesicht auszustehen. Er wagte es, am Donnerstag auch bereits wieder zu träumen. 2019 betrug die Aufenthaltslänge in Luzern im Durchschnitt 1,7 Nächte. «2 bis 3 Nächte wären mein Traum», so Bütikofer. In der Realität muss Luzern Tourismus nun aber erst einmal in verschiedenen Bereichen die Ellbogen ausfahren, um zu alter Stärke zurückzufinden.
Personal ist nicht mehr vorhanden
Ein Problem, mit dem Luzern Tourismus und die Hotellerie aktuell zu kämpfen haben, ist der Personalmangel, der nach Bütikofer gerade die Reinigungskräfte betrifft. «Einige haben nach Ausbruch der Pandemie die Branche gewechselt oder sind in ihre Heimatländer zurückgereist», berichtet der Verwaltungsratspräsident. Es gibt Betriebe, die ihr Hotel nicht komplett wiederöffnen, weil ihnen das nötige Personal fehlt», weiss er. Praktisch jeder und jede Betriebsverantwortliche, mit denen Bütikofer und Tourismusdirektor Marcel Perren in den letzten Monaten gesprochen haben, beklagen diesen Mangel. Das Tauziehen zwischen den Schweizer Hotels, aber auch der internationalen Konkurrenz ist längst im Gange. «Dass wir nicht genug Leute begeistern können, wieder im Tourismus zu arbeiten, ist meine grösste Sorge», so Bütikofer.
Anteile werden neu verteilt
Gemäss Tourismusdirektor Marcel Perren war man vor der Pandemie eine Vorzeigedestination aufgrund der breiten Aufstellung. Luzern hatte kein Klumpenrisiko, knapp ein Viertel der Übernachtungsgäste stammte aus der Schweiz, je ein knapper Viertel aus Europa und den USA sowie rund 30 Prozent aus Asien. Gemäss Marcel Perren ist es ein Ziel, den Anteil von Schweizer und europäischen Gästen noch weiter auszubauen. «Die haben mehr Potenzial, Stammgäste zu werden; reisen wir nach Übersee, besuchen auch die wenigsten zweimal denselben Ort», erklärt Perren die Bestrebungen. Die Karten werden aktuell aber ohnehin neu gemischt. «China ist darum bemüht, die Bevölkerung vermehrt für Ferien im eigenen Land zu begeistern», erklärt Martin Bütikofer. Dem entgegenzuhalten, ist aktuell schwierig. Die Chinesen haben weiterhin eine Ausreisesperre – dass diese vor den Olympischen Spielen Anfang 2022 aufgehoben wird, erscheint relativ unwahrscheinlich. Mit einer Erholung rechnet man in diesem Markt erst ab Mitte 2022. Ein zähes Ringen um die Touristen gibt es aber auch gegenüber den Nachbarstaaten.«Österreich investiert beispielsweise sehr viel in diesen Restart – die haben Mittel, die uns nicht zur Verfügung stehen», so Bütikofer. Er hofft, anstelle von zusätzlichen grossen Investitionen die potenziellen Gäste «mit dem Topprodukt, das immer noch vorhanden ist», zu überzeugen.
Es fehlt noch gut die Hälfte
Im Vergleich zum Jahr 2019, also vor der Pandemie, rechnet Tourismusdirektor Perren bis Ende Jahr mit einem Minus des Gästevolumens von 55 Prozent. «Wir haben also immer noch eine riesige Herausforderung vor uns», betont er.
Für das Jahr 2022 rechnet Schweiz Tourismus noch mit einem Minus von 18 Prozent im Vergleich zum Jahr vor dem Covid-Ausbruch in der Schweiz; Luzern Tourismus ist mit einem Minus von 32 Prozent für die Stadt Luzern noch etwas vorsichtiger. Marcel Perren begründet dies mit dem überdurchschnittlichen Anteil an ausländischen Gästen in der Leuchtenstadt. 2023 soll wieder 85 Prozent des Gästevolumens von 2019 erreicht werden. Martin Bütikofer betont: «Es dauert relativ lange, bis wir wieder die Zahlen von 2019 erreichen werden.»
Marcel Habegger