«Wie schaffe ich einen Marathon?»

Der Laufsport kann auch noch in höherem Alter entdeckt werden. So hat dies etwa der 71-jährige Seppi Andermatt getan. Daniel Wegmann von der Sportmedizin St. Anna im Bahnhof der Klinik Hirslanden gibt Tipps, wie das auch anderen gelingt.

Seppi Andermatt am diesjährigen Switzerland Marathon light. (Nach dem Start war das Laufen ohne Maske erlaubt.) Bild: Alpha Foto

Es gibt Seniorinnen und Senioren, die erst in höherem Alter mit dem Laufsport beginnen. Seppi Andermatt ist einer von ihnen. Der heute 71-jährige Rothenburger hat erst nach der Pension mit dem Laufsport begonnen. «Ich konnte am Anfang nur zehn Minuten laufen», erinnert er sich. Mittlerweile war er viermal am Swiss City Marathon am Start. 

 

Auf eigene Faust herangetastet

Seppi Andermatt hat sich mehrheitlich auf eigene Faust der Marathonstrecke angenähert. «Ich wollte erst an den Start gehen, als ich sicher war, dass ich den Marathon auch erfolgreich beenden kann», erinnert er sich. Bei der Premiere passierte ihm dann, was so einigen, auch routinierteren Läuferinnen und Läufern, immer wieder passieren kann: Angetrieben durch die vielen Zuschauenden am Strassenrand, ging er zu schnell ins Rennen und musste im späteren Verlauf des Rennens dafür büssen. Mittlerweile hat er seine Bestzeit auf unter 4½ Stunden gebracht. Dieses Jahr wäre auf der flachen Strecke des Zürich-Marathons wohl eine noch schnellere Zeit möglich gewesen, der Wettkampf wurde jedoch aufgrund der Pandemie abgesagt. Nun richtet der Rothenburger seinen Fokus erneut auf den Swiss City Marathon Ende Oktober. An den Start fährt der Hobbyläufer nicht etwa mit dem ÖV, sondern mit dem Velo. «Das ist das richtige Aufwärmen für mich», lacht er.

 

Langsamer Aufbau ist wichtig

Ist Laufsport in reiferem Alter lediglich für Leute möglich, die entsprechende Veranlagungen haben, oder ist dies auch durch gezieltes Training möglich? Sportarzt Daniel Wegmann von der Hirslanden Klinik St. Anna sagt: «Veranlagung ist sicherlich mitentscheidend, in welcher Art von Sport man Vorteile hat. Dies sieht man in der Leichtathletik sehr gut. Sprinter sind deutlich muskulöser gebaut als Langstreckenläufer, und sie unterscheiden sich wiederum von Hoch- und Weitspringern.» Wegmann betont: «Ein regelmässiges, leistungsangepasstes Training ist sicherlich Voraussetzung für ein sportliches Ziel, wie eine Marathondistanz zu laufen. Hier sollte jedoch beachtet werden, dass, wenn jemand noch nie in seinem Leben grösser sportlich aktiv war oder eine längere sportliche Pause eingelegt hat und nun beginnen möchte, vorher eine sportmedizinische Untersuchung beim Hausarzt oder beim Sportmediziner absolvieren sollte.»

Daniel Wegmann empfiehlt einen langsamen Aufbau, wie ihn Seppi Andermatt gemacht hat. «Ich empfehle einen langsamen Aufbau der Laufbelastung sowohl bei der Intensität als auch bei der Distanz, welche dem Körper angepasst ist. Allenfalls kann es helfen, einen entsprechenden Coach beizuziehen, der einem hilft, das Training zu gestalten», so Wegmann.

Der medizinische Experte rät aber auch, nicht nur Laufsport zu betreiben. Alternativen sind beispielsweise Schwimmen, Radfahren und im Winter Langlaufen. Wichtig sei dabei immer: auf den eigenen Körper zu hören. «Wenn ein Lämpchen brennt im Auto, gehen wir ja auch in die Garage und lassen es reparieren. Wieso dann bei unserem Körper nicht?», fragt Wegmann. 

 

Mehr Erholung gönnen

Ältere Läuferinnen und Läufer sollten zudem der Regeneration nach einem Training einen grösseren Stellenwert einräumen. «Mit einem Training fügen wir dem Körper einen Schaden zu. Wir sind danach weniger leistungsfähig als vorher – und während der Regeneration erholt sich der Körper und wird, im Idealfall, stärker als vor dem Training», erklärt Wegmann.

Seppi Andermatt trainiert heutzutage praktisch täglich, manchmal gar zweimal pro Tag, dann allerdings kürzere Einheiten. Dass es so gut gehe, überrasche ihn eigentlich selbst. «Ich lebe heute fast gesünder als in jüngeren Jahren. Bei seinem Marathondebüt hatte er noch geraucht, vor seiner Marathonbestzeit hatte er dies aufgegeben. «Vor einiger Zeit bin ich sogar Vegetarier geworden», erzählt der 71-jährige Läufer. Ob er am 31. Oktober tatsächlich am Start stehen wird, ist noch nicht ganz sicher. Momentan laboriert er noch an einer Verletzung. «Ich hoffe, es reicht noch mit der Vorbereitung. Wenn nicht, geht aber auch keine Welt unter», lacht der mehrfache Marathon-Finisher.

Marcel Habegger

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