Wenn der LKW durch das Velo ersetzt wird
In anderen Ländern ist der Umstieg von motorisierten Transportmitteln auf das Fahrrad weiter vorangeschritten. Am Donnerstag hat nun das Fahrradgeschäft Velociped in Kriens ein Cargo-Bikecenter eröffnet.
Gemäss Cyclelogistics, einem von der EU geförderten, gross angelegten Forschungsprojekt, können bis zu 51 Prozent des Güterverkehrs in den Innenstädten auf das Velo verlagert werden. Gemäss dem niederländischen Transportradhersteller Urban Arrow sind Fahrräder über 90 Prozent energieeffizienter als Lieferwagen und schaffen im Zentrum über 30 Prozent mehr Lieferungen pro Stunde.
Das Velogeschäft Velociped hat letzten Donnerstag in seiner Werkstatt auf dem Bellpark-Areal in Kriens das erste Cargo-Bikecenter der Zentralschweiz eröffnet. Die Inhaber Cyrill Wiget und Marius Graber wollen damit ein Teil von der Lösung sein und die Verkehrs- und Umweltbelastung in den Innenstädten reduzieren. «Von Kindern über Lebensmittel bis zur Paketauslieferung kann mit den Cargobikes sehr vieles transportiert werden», erklärt Cyrill Wiget.
Mitarbeitende weniger im Stau
Bei Velociped hat man schon in den Anfangsjahren vor 35 Jahren ohne Verbrennungsmotor defekte Fahrräder bei Kunden mit Lastenfahrrädern abgeholt. «Die Nachfrage nach solchen Fahrrädern hat sich in den letzten Jahren gesteigert, seit die Fahrräder leichter geworden sind und man dank den Elektromotoren Unterstützung bei der Fortbewegung hat», erklärt Marius Graber. Neben dem Umweltgedanken steckt hinter der Förderung mit Cargobikes auch ein unternehmerischer Antrieb. «Jede Minute, die Mitarbeitende im Stau stehen, kostet das Unternehmen. Mit den Fahrrädern kann man diese tote Zeit viel besser umgehen, indem man direktere Wege nutzt, zudem entlastet man damit die Strassen», so Wiget.
In der neuen Werkstatt auf dem Bell-Areal haben sie den nötigen Platz, diese mehr Platz einnehmenden Fahrräder zu präsentieren, zu verkaufen und zu reparieren. «Bei einer normalen Filiale kommt man ja kaum durch die Eingangstür mit so einem Fahrrad», spricht Wiget die logistischen Herausforderungen mit den Transportfahrrädern an.
Testphase war nicht erfolgreich
In der Schweiz waren bisher nicht alle Einführungsversuche der Cargobikes erfolgreich. Die Transportfirma Planzer hatte vor rund fünf Jahren bereits mehrere solche Fahrräder im Einsatz. «Wir sind natürlich interessiert an ökologischeren Lösungen, dieser Versuch hat sich aber nicht als gute Alternative herausgestellt», erklärt Jan Pfenninger, Leiter Marketing und Kommunikation bei Planzer. Eine zu grosse Distanz zum Bahncenter, bei dem die Ware von den Schienen auf die Strasse geladen wird, und zu wenig Ladekapazität der Cargobikes waren die Hauptgründe für die Abkehr von den Cargobikes. In Zürich hat Planzer zudem in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung nach einem Mikro-Hub gesucht, bei dem man die Ware vom LKW oder Lieferwagen auf die Velos hätte umladen können. «Da haben wir im urbanen Raum nichts gefunden, was finanzierbar gewesen wäre», bedauert Jan Pfenninger. «Wir suchen nun nach Alternativen mit Kleinfahrzeugen mit einem Elektroantrieb, die mehr Ladeflächen haben und auch grössere Distanzen zurücklegen können.»
Schenker baut aus
In anderen Ländern ist man schon ein gutes Stück weiter, beispielsweise in Hamburg. DB Schenker Deutschland, ein Transport- und Logistikunternehmen, liefert die Ware in der zweitgrössten Stadt Deutschlands mit einem vollelektrischen LKW an einen zentralen Standort der Stadt. Dort wird diese auf zwei XXL-Lastenfahrräder umgeladen, welche die Ware zu den Kunden im Stadtzentrum ausliefert. In einem einzelnen XXL-Lastenfahrrad können bis zu drei Palette transportiert werden. Gemäss Maren Steppuhn, Kommunikationsleiterin der Schenker Deutschland AG, ist im ersten Halbjahr dieses Jahres im süddeutschen Raum die Einführung von zwei weiteren XXL-Lastenfahrrädern geplant.
Eine Entwicklung, von der Cyrill Wiget und Marius Graber auch für Kriens und die Region träumen: «Solche Abläufe sind natürlich auch unsere Vision, vielleicht gelingt es uns ja, dass sie Tatsache werden», meinen die beiden.
Marcel Habegger