Was gratis ist, wird genutzt

Vor zwei Jahren zeigte sich vor dem Bahnhof bereits: Velofahrer:innen sind nicht bereit, für einen Veloparkplatz zu zahlen. Das sei was anderes gewesen, entgegnet Marta Lehmann vom Ja-Komitee.

Musste für das Abstellen der Fahrräder bezahlt werden, blieben die Ständer oft leer. Bilder: B. Gisi

Musste für das Abstellen der Fahrräder bezahlt werden, blieben die Ständer oft leer. Bilder: B. Gisi

Seit dem Frühjahr 2021 sind sie wieder kostenlos und werden wieder rege genutzt.

Seit dem Frühjahr 2021 sind sie wieder kostenlos und werden wieder rege genutzt.

Daniel Hänggi hatte im Jahr 2019 «Smartmo» entwickelt und mittels eines Pilotprojekts getestet. Velofahrer:innen konnten ihr Fahrrad vor dem Bahnhof kostenpflichtig sicher abstellen und dort beispielsweise auch noch gleich den Helm verstauen. Gekommen ist es anders als gedacht: Kritik wurde laut, weil Gratisparkplätze für den Pilotbetrieb weichen mussten und das Testangebot zu wenig genutzt wurde. Ende 2021 musste das Start-up Konkurs anmelden.

Rückblickend war der Stellplatz direkt vor dem Bahnhof für Gründer Daniel Hänggi ein Fehlentscheid. «Wir haben diesen Platz von den SBB erhalten und dachten, der Platz vor dem Bahnhof sei ideal», sagt er. Anstatt zum Glücksgriff wurde er zur grossen Hypothek. Das rein mit privaten Geldern finanzierte Start-up hatte nicht die finanziellen Mittel, den negativen Stimmen entgegenzuhalten und in der Öffentlichkeit seine Botschaft zu platzieren. «Entgegen der breiten Meinung hätte Smartmo viele neue dezentrale Veloparkplätze geschaffen und erschlossen», sagt Hänggi. «Hätte man in der Corona-Krise das weitere Kapital zeitnah beschaffen können, wären das System und die Tests mit den SBB und anderen Partnern weiter ausgebaut worden, und es wäre nicht zum finanziellen Konkurs gekommen», stellt er klar. Mit etwas Abstand sagt Hänggi heute: «Es wäre besser gewesen, die kostenpflichtigen Plätze an einem neuen Ort aufzustellen – an einem Ort, an dem keine Gratisparkplätze hätten weichen müssen», rekapituliert er.

Trotz des Scheiterns ist er weiterhin überzeugt, die Leute würden für einen Veloparkplatz bezahlen. «Die positiven Stimmen aus den Erhebungen haben dies bestätigt. Jemand mit einem E-Bike für mehrere tausend Franken will sein Fahrrad so abstellen können, dass es nicht beschädigt wird», sagt er. 

Trotzdem blieben die kostenpflichtigen Veloparkplätze oft leer; seit sie wieder kostenlos sind, häufen sich dort die Fahrräder wieder.

Am Sonntag stimmt die Luzerner Bevölkerung darüber ab, ob beim Bahnhof eine unterirdische Velostation für 20 Millionen Franken gebaut werden soll. Ein Teil der Parkplätze wird nach einer kostenlosen Einführungsphase kostenpflichtig sein, der andere bleibt gratis. Weshalb sollen Luzerner:innen nun plötzlich motiviert sein, für einen Parkplatz zu bezahlen?
«Bahnhofplatz ist zu gefährlich»

Für Marta Lehmann, Mitglied des Ja-Komitees und Vorstandsmitglied VCS Luzern, ist klar, weshalb die bezahlten Plätze direkt vor dem Bahnhof nicht auf Interesse gestossen sind: «Über den Bahnhofplatz zwischen der Taxiausfahrt zu fahren, ist sehr gefährlich», argumentiert sie. «Das war ein verzweifelter Versuch, weil man es in den letzten Jahren verpasst hatte, eine zukunftsorientierte Lösung in Bezug auf die Veloparkplätze rund um den Bahnhof anzubieten», führt sie weiter aus.

Da fahre man sicher auch nicht mit einem Anhänger mit Kindern hin, was man bei einer unterirdischen Station ohne Probleme machen könne, zeigt sie sich überzeugt.

Anscheinend nehmen aber just, seit die Veloparkplätze vor dem Bahnhof wieder kostenlos sind, Dutzende Luzerner:innen dieses Risiko wieder auf sich. Wie schätzt Hänggi die Chancen einer Velostation ein? «Es ist keine Neuigkeit, dass die Leute nicht gerne unterirdisch parkieren gehen. Es gibt sehr viele Beispiele von Velostationen in der Schweiz, die das beweisen. Wenige sind voll ausgelastet», sagt Hänggi. Ein prominentes Beispiel sei eine Velostation in Zürich, die zwar Millionen (14 Millionen Franken, Anm. der Red.) gekostet habe, aber die wenigsten wüssten, wo diese liege. Es sei primär entscheidend, wo und wie der Zugang zu einer Velostation realisiert sei. Zudem müsse man sich dessen bewusst sein, dass man mit einer Velostation am Bahnhof nur einen Teil der Velofahrer:innen erreiche – eben nur diejenigen, welche am Bahnhof parkieren wollten.

 

«Eine Velostation reicht nicht»

Entscheidend sei für Velofahrende, dass sie ihr Fahrrad nahe an ihrem Ziel abstellen könnten. Keiner wolle sein Fahrrad weit von seinem Ziel abstellen. Deshalb glaubt Hänggi nicht an lediglich einen zentralen Abstellplatz. Lehmann meint dagegen: «Die neue Velostation ist dringend nötig, weil im Rahmen des Baus des Durchgangsbahnhofs die Veloparkplätze an der Zentralstrasse aufgehoben werden.»      

Marcel Habegger

 

Box: Darüber wird am Sonntag abgestimmt
Die Stimmberechtigten der Stadt Luzern entscheiden am 13. Februar über den Sonderkredit für den Bau und den Betrieb einer Velostation an der Bahnhofstrasse. Der Bau der neuen Velostation kostet 17,8 Millionen Franken. Hinzu kommen 1,46 Millionen Franken für den Betrieb und den Unterhalt der Station während zehn Jahren. Im Rahmen des vorliegenden Projekts werden rund 1200 Veloabstellplätze eingerichtet. Ein Bereich der Velostation soll kostenpflichtig, der andere kostenlos sein. Die kostenpflichtigen Plätze sollen dabei pro Tag zwischen 1 und 2 Franken kosten. Pro Velo Luzern, der VCS Luzern, SP, Juso, Grüne und Junge Grüne sowie der Stadtrat sind 
für die Velostation, die FDP, die SP und die City-Vereinigung haben sich dagegen ausgesprochen.

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