Warmduscher:innen müssen ihren Duschstil überdenken

Nicole Reisinger, Leiterin Verkauf und Beschaffung bei EWL, spricht im Interview über die aktuellen Gaspreise, ihre Erwartungen für den Winter und gibt Tipps, um den Stromverbrauch zu senken.

Nicole Reisinger, Geschäftsführerin bei EWL. Bild: PD

Wie viele Anfragen haben Sie aktuell von verunsicherten Luzerner:innen bezüglich Gasversorgung?

Aus der Luzerner Bevölkerung kamen ­vereinzelte Anfragen. Die Situation um die Gasversorgungssicherheit hat Prozess­kunden bis anhin stärker beschäftigt.

Wie schätzen Sie die aktuelle Lage bezüglich Gasversorgung auch im Hinblick auf den Winter ein?

Die Versorgungssicherheit mit Gas ist im Moment stabil, auch wenn die Preise in den vergangenen Wochen sehr stark gestiegen sind. Dennoch bleibt die Lage ­angespannt. Die Schweizer Gaswirtschaft beschafft das Gas auf den Märkten in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien. Wenn in diesen Ländern zu wenig Gas vorhanden ist, könnte das auch in der Schweiz zu Versorgungs­engpässen führen. EWL steht in direktem Kontakt mit dem Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung, dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie und anderen regionalen Erdgasversorgungsunternehmen. Wir arbeiten aktiv in verschiedenen Arbeitsgruppen mit, um die Lage laufend zu beurteilen.

Sie schreiben auf Ihrer Website, auf die Versorgungssicherheit habe dies momentan keinen Einfluss, auf den Preis aber schon ...

Das ist richtig. Das knappe Angebot von Gas und die hohe Nachfrage haben die Preise in die Höhe getrieben. Zudem werden die Risiken für mögliche Lieferausfälle in den Marktpreis eingepreist, was ­zusätzlich die Preise in die Höhe treibt.

Können Sie eine Schätzung zu einer möglichen Preiserhöhung im Winter abgeben?

Momentan ist es sehr schwierig, eine Prognose abgeben zu können. Wir müssen aber davon ausgehen, dass sich die Preise noch über einen längeren Zeitraum auf dem aktuell sehr hohen Niveau bewegen werden. Der Markt befindet sich in einer noch nie da gewesenen Lage. Durch die Lieferverknappung von Russland wird das Angebot kleiner. Dies hat zur Folge, dass die nach wie vor hohe Nachfrage aus Europa anderweitig gedeckt werden muss, was wiederum die Preise negativ beeinflusst. Einerseits hat die Lieferung und Einspeisung von Flüssiggas (LNG) ins europäische Netz in den letzten Monaten stark zugenommen. Andererseits helfen Gasspeicher, gewisse Engpässe zu glätten. Aktuell wird Gas eingespeichert, damit dieses in den kommenden Wintermonaten zur Verfügung steht. Dies bedeutet eine zusätzliche Nachfrage, was die Preise hoch halten lässt.

Gibt es eine Möglichkeit, monatlich Akontozahlungen zu leisten, um die Kosten etwas besser verteilen zu können und nicht überrascht zu werden?

EWL hat aufgrund der höheren Preise die vierteljährlichen Akontorechnungen ab 1. Juli 2022 erhöht.

Oft kann man lesen, die Schweiz beziehe das Gas aus Ländern wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien. Dies lässt einen glauben, die Schweiz sei nicht von Russland abhängig. Diese Lieferanten ­beziehen das Gas auch aus Russland. Wie wird unsere Versorgung gesichert, damit diese europäischen Länder uns nicht den Gashahn zudrehen, wenn es eng wird?

Die Schweizer Gaswirtschaft beschafft Gas in verschiedenen Märkten. Das deutsche Marktgebiet spielte bislang eine zentrale Rolle für den Schweizer Handelsplatz. Unsere Vorlieferantin EGZ hat sich in Frankreich Speicherkapazitäten gesichert. Dort werden bis zum Winter 15 Prozent des Verbrauchs physisch eingelagert. Dieses Gas stammt aus anderen europäischen Märkten, welche nur bedingt abhängig sind von russischem Gas. Zudem ist die Branche daran, sich auf weiteren europäischen Märkten mit Optionen abzusichern, um die Abhängigkeit eines einzelnen Marktes zusätzlich zu reduzieren. Bezüglich eines Solidaritäts­abkommens mit Deutschland und der EU ist der Bundesrat mit den entsprechenden Partnern im Austausch.

Raten Sie Ihren Kund:innen zu Massnahmen, wie Heizung zu drosseln oder das Cheminée-Holz-Lager aufzustocken?

Wir empfehlen grundsätzlich, den Gasverbrauch so gering wie möglich zu halten, unabhängig von der angespannten Situation. Zudem ist es so, dass alles Gas, welches wir jetzt sparen, uns im Winter zur Verfügung steht. Daher könnten wir zu Hause vor allem Gas sparen, wenn wir die Räume weniger warm heizen und kürzer und kühler duschen. Generell empfehlen wir, Warmwasser bewusster zu nutzen.

Dank der See-Energie-Zentrale werden ja zahlreiche Haushalte mit Seewasser geheizt. Haben Endnutzer:innen, die Ökostrom beziehen, entsprechend keine Erhöhung zu befürchten?

Die Strompreise wird EWL Ende August kommunizieren.

Was haben Sie zum Abschluss für Stromspartipps?

Sie sparen Strom, indem Sie Ihre Geräte auf eine hohe Energieeffizienz überprüfen, zum Beispiel: Ein Kühlschrank mit der Energieetikette A+++ benötigt gegenüber einem Kühlschrank mit A+ bis zu 50 Prozent weniger Strom. Zudem sollten Sie alle elektronischen Geräte bei Nichtgebrauch komplett vom Strom trennen und allfällige Glühbirnen mit LED- oder Halogenlampen ersetzen. Beim Kochen den Deckel auf der Pfanne zu schliessen und aufs Vorheizen des Backofens zu verzichten, sind weitere einfach umsetzbare Tipps.

Marcel Habegger

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