Vom Hobbybetrieb zum KMU
Er war einige Jahre unternehmerischer Politiker, jetzt ist er wieder mehr Unternehmer. Am Samstag feierte Cyrill Wiget mit Velociped das 33-Jahr-Jubiläum – ein Geschäft, für das er eigentlich gar kein Geld hatte.
Es war zu einer Zeit in den 80er-Jahren, als bei den jungen Leuten eine ähnliche Aufbruchsstimmung herrschte wie heute bei der Klimajugend: «Wir haben sehr viel Idealismus gelebt», erinnert sich Cyrill Wiget. Einige seiner Szene gründeten den ersten Schweizer Velokurier, und die erste Velobörse entstand ebenfalls innerhalb seines Freundeskreises. Wiget selbst reparierte in einem Hinterhof Fahrräder. «Wir benötigten einen Ort, wo wir Fahrräder tauschen und die Velos flicken konnten. Weiter in die Zukunft gingen die Pläne nicht», erzählt er. Viel Geld brachte die Werkstatt damals nicht ein, über die Runden kam er als Religionslehrer und Hilfsdachdecker. Das Geld, welches verdient wurde, investierte der Unternehmer laufend in die Werkstatt. «Wir sind bis heute getrieben von der Idee der Weltverbesserer, wir sind einfach nicht mehr ganz so naiv», lacht Cyrill Wiget.
Über die Jahre eine wichtige Stütze
Von Beginn an war Marius Graber, heutiger Co-Geschäftsleiter, dabei. Als Wiget vor 18 Jahren in die Politik einstieg und vor allem während seiner Zeit im Gemeinde- beziehungsweise Stadtrat, hatte er einen grossen Anteil daran, dass ein Betrieb mit über 30 Angestellten und ein politisches Amt in einer Exekutive vereinbar waren.
Ein richtiges Businessmodell habe man bei Velociped nie richtig gehabt, eine Vision allerdings schon, erzählt Wiget. «Wir wollten mit unserem Geschäft immer einen gesellschaftlichen Beitrag leisten. Einiges, was wir tun, wie ein Café in einem Garten betreiben (das Café Ambrosia, Anm. d. Red.), bringt uns kein Geld ein, aber wir wollen ein lebendiges Zentrum fördern und wehren uns gegen die Verslumung der Zentren», so Wiget. Lebenswerte Zentren, kurze Wege, möglichst wenig Mobilität erzeugen, das sei Teil der Philosophie von Velociped. «Wir kämpfen dafür, dass in Kriens auch das Gewerbe gefördert wird. An einem Ort zu wohnen, an dem nur gewohnt wird, ist langweilig», sagt der ehemalige Stadtpräsident von Kriens und lässt durchschimmern, dass der Politiker in ihm ein Jahr nach seinem Rücktritt noch nicht ganz verschwunden ist.
Veloservice neu in der Halle 8
Einen grossen Schritt bedeutete für das Unternehmen der Umzug in die ehemalige Coop-Filiale an der Luzernerstrasse 4. Das bis dahin auf vier verschiedene Verkaufsflächen gewachsene Unternehmen wurde damit auf eine reduziert.
Inmitten der Corona-Krise, bei der die Velohändler auf der Gewinnerseite standen und es immer noch tun, entschieden sich die Verantwortlichen zu einem weiteren Ausbau. Ende April 2021 wurde das neue Servicecenter in der Halle 8 auf dem Bell-Areal in Kriens eröffnet. Wo früher Turbinen geschweisst wurden, werden heute an 16 Arbeitsplätzen Velos repariert. Während der Jubiläumsfeier vom Samstag hatten die Besuchenden die Gelegenheit, an 33 Posten mehr über Velociped zu erfahren, einen Parcours zu absolvieren oder beim Flicken in der Halle 8 selbst Hand anzulegen.
Nach der Jubiläumsfeier soll Velociped einen weiteren Schritt nach vorne machen. Wiget möchte die Idee des Velos als Transportmittel in der Innenstadt weiter ausbauen. «Die Cargovelos können heute durch die Elektroantriebe deutlich mehr transportieren. Wir eröffnen im Herbst das erste Schweizer Fahrrad-Cargocenter bei der Halle 8», kündigt Wiget an.
Marcel Habegger