Unbürokratisch und flexibel

Nicht viel gekostet und doch viel bewirkt: Die Verantwortlichen der Stadt ziehen ein positives Fazit aus den Gutscheinen für ältere Personen und möchten das Angebot fix einrichten.

Paolo Hendry (links), Abteilungsleiter Alter und Gesundheit, und Stadtrat Martin Merki. Bild: Marcel Habegger

In der Stadt Luzern leben rund 5300 Personen, die über 80 Jahre alt sind. Gemäss Sozialdirektor Martin Merki ist in der Stadt Luzern auch der Anteil der über 94-Jährigen sehr hoch. Viele von ihnen wollen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen – dabei unterstützen die Gutscheine für selbstbestimmtes Wohnen. Sie kommen dort zum Einsatz, wo knapp kein Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht oder keine entsprechenden Institutionen unterstützt. «Es soll nicht wegen mangelnder finanzieller Mittel zu einem Heimeintritt kommen», sagte Stadtrat Martin Merki an der Pressekonferenz von Donnerstag, an der Bilanz über das Pilotprojekt gezogen wurde. Das Pilotprojekt läuft seit Oktober 2018.

Unkomplizierte Handhabung

Von den Behörden so unbürokratisch Unterstützung zu erhalten, war wohl noch selten so einfach wie bei den Gutscheinen. Ein Erfolgsfaktor war denn auch diese ­unkomplizierte Handhabung. Um Unterstützung zu erhalten, war kein Antrag nötig. Bei kleineren Beträgen von ein paar wenigen hundert Franken konnten die Mitarbeiter:innen der Anlaufstelle Alter direkt einen Betrag sprechen. Ziel der Stadt ist es, mit den Gutscheinen einen Eintritt in ein Altersheim zu verzögern. «Das hilft den betroffenen Senior:innen, aber auch unseren Finanzen», sagte Martin Merki an der Pressekonferenz vom letzten Donnerstag. Konkret heisst dies: Ein Aufenthalt in einem Heim führt bei der Stadt Luzern für eine Person mit Ergänzungsleistungen bei gleichbleibendem Pflegebedarf zu Mehrkosten von durchschnittlich 1750 Franken pro Monat. «Wenn es gelingt, den Heimeintritt von zwölf Personen um ein Jahr – oder von etwa 45 Personen um drei ­Monate – hinauszuzögern, spart die Stadt Luzern alleine bei den Ergänzungsleistungen mehr Geld, als sie für das Gutscheinsystem pro Jahr ausgibt», erklärte Abteilungsleiter Alter und Gesundheit, Paolo Hendry. Von 2018 bis 2021 wurden bisher 661 Beratungsgespräche geführt, daraus ergaben sich total 191 Fälle, für die gesamthaft 208 000 Franken gesprochen wurden. Dieser Betrag ist nicht zu vergleichen mit den Ergänzungsleistungen, die die Stadt Luzern jährlich rund 40 Millionen Franken kosten. Anders als bei den Ergänzungs­leistungen können die Gutscheine jedoch auch nicht eingefordert werden. Die Fälle werden individuell beurteilt und die Gelder gesprochen. Der kleinste Betrag, der gesprochen wurde, waren 30 Franken. «Manchmal hilft es auch als einmalige Anregung, im Anschluss übernehmen die Leute die Kosten selbst», erklärte Hendry.

Einen fixen Angebotskatalog gibt es nicht, und Hendry möchte dies auch in Zukunft so belassen. «Es sollen individuelle Lösungen gefunden werden. Wir orientieren uns nicht an einem Massnahmen­katalog», betonte er. So reichen die Leistungen von einem Begleitdienst, einem Beitrag, damit jemand einmal pro Woche in einem Restaurant essen kann, bis zu Entlastungsangeboten von Angehörigen, einem Abonnement für das Hallenbad, bis zu einer Brille. Die Beiträge können einmalig oder für ein paar Monate, jedoch immer befristet, gesprochen werden.

Das Pilotprojekt läuft Ende Jahr aus. Deshalb beantragt der Stadtrat beim Parlament einen jährlichen Sonderkredit von 150 000 Franken für die definitive Einführung auf Anfang 2023. Der Grosse Stadtrat wird an der Sitzung vom 27. Oktober über die definitive Einführung entscheiden.

Marcel Habegger

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