Stadtrat findet beide okay

Am 25. September kann die Bevölkerung über die Klima- und Energiestrategie der Stadt Luzern abstimmen. Zur Abstimmung kommen zwei Varianten.

Beispielsweise beim Thema Wärmeversorgung sind die Vorlagen des Parlaments und des Referendums unterschiedlich. Bild: Bruno Gisi

2019 hat das Stadtparlament von der Stadt Luzern ein forcierteres Vorgehen gegen den Klimawandel verlangt. Der Stadtrat hat die Forderungen aufgenommen und seine verschärfte Klima- und Energiestrategie Mitte 2021 der Öffentlichkeit vorgestellt. Am 17. Februar 2022 hat das Stadtparlament den entsprechenden Bericht und Antrag (B+A) abschliessend debattiert und mit einigen Änderungen verabschiedet. Der FDP und der Mitte ging diese Vorlage in Teilbereichen zu weit. Deshalb haben sie dagegen das konstruktive Referendum ergriffen und einen Gegenvorschlag vorgelegt. Nun kann die Stimmbevölkerung am Abstimmungssonntag vom 25. September über die Vorlage des Parlaments und über jene von FDP/Die Mitte abstimmen. 

Um vor der Abstimmung im September 2022 Klarheit über die Ausgangslage zu schaffen, hat der Stadtrat letzte Woche an einer Medienorientierung Stellung bezogen. Die wichtigsten übergeordneten Ziele der vom Parlament verabschiedeten Vorlage sind: 

  • • Der Energiebedarf auf Stadtgebiet liegt bei rund 4000 Watt Dauerleistung pro Kopf der Bevölkerung. Bis ins Jahr 2050 soll er auf 2000 Watt halbiert werden. Aktuell betragen die energiebedingten Treibhausgasemissionen auf Stadtgebiet rund 5,1 Tonnen pro Kopf und Jahr. Bis 2040 sollen diese auf null reduziert werden. 
  • • Fotovoltaikanlagen deckten 2020 rund 2 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs auf Stadtgebiet. Bis ins Jahr 2050 sollen es 25 Prozent sein. 

Die neue Klima- und Energiestrategie beinhaltet ein umfassendes Massnahmenpaket. Dieses erhöht die bisherigen Anstrengungen in den Bereichen Strom und Wärme deutlich. Im Bereich der Mobilität will der Grosse Stadtrat unter anderem das Parkplatzangebot auf öffentlichem Grund reduzieren und ab 2040 Immatrikulationen von Diesel- und Benzinautos verbieten. 

Änderungen durch das Parlament

Die Vorlage des Stadtparlaments enthält einige Änderungen am ursprünglichen Bericht und Antrag des Stadtrates. Die wichtigsten sind:

  • • Ambitionierteres Zwischenziel 2030 für die Treibhausgas-Emissionen.
  • • Keine finanzielle Unterstützung für Gebäudesanierungen, welche zu unzureichend begründeten Leerkündigungen führen.
  • • Zu 100 Prozent auf erneuerbare Energieträger basierende Wärmeversorgung auch für stadteigene Liegenschaften im Finanzvermögen bis 2035.

Der Stadtrat stellt sich hinter die Vorlage des Parlaments. Diese beinhaltet verschiedene Reglementsänderungen sowie vier Sonderkredite über total 32,55 Millionen Franken. Für die Jahre 2022 bis 2026 rechnet der Stadtrat mit Kosten von rund 46 Millionen Franken. Einerseits sind  deutlich erhöhte Einlagen in den Energiefonds erforderlich, andererseits substanzielle Mehrinvestitionen. 

Der Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte trägt die meisten Ziele und Massnahmen der Klima- und Energiestrategie mit. Die Vorlage des Stadtparlaments beinhaltet für das Referendumskomitee jedoch  «Verbote und nicht umsetzbare Forderungen», die man ablehne. Insbesondere lehnt das Komitee das ambitioniertere Zwischenziel 2030 für die Treibhausgasemissionen, die Zielsetzung «100 Prozent erneuerbar angetriebene Motorfahrzeuge bis 2040», das Verbot für nicht erneuerbaren Strom im liberalisierten Strommarkt sowie die Beratungspflicht für Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften mit schlechter Energieeffizienz ab. Weiter soll der motorisierte Individualverkehr auf dem Stand von 2020 plafoniert und der Abbau von Parkplätzen auf öffentlichem Grund nicht umgesetzt werden. Der  Gegenvorschlag würde praktisch gleich viel kosten wie die Vorlage des Parlaments. An der Finanzierung würde sich nichts ändern.

Der Gegenvorschlag enthält allerdings zwei Unklarheiten: Einerseits liegt die Kompetenz zum Abbau von Parkplätzen auf öffentlichem Grund beim Stadtrat. Andererseits hat das Komitee betreffend Plafonierung des Verkehrsaufkommens nicht 2020, sondern 2019 gemeint. Die falsche Jahreszahl kann laut Stadtrat/Stadtkanzlei vom Komitee selber präzisiert werden. Wie der Stadtrat das Thema Parkplätze nach einem Ja zum Gegenvorschlag umsetzen würde, ist noch offen. Diese beiden Unklarheiten sind für den Stadtrat bei seiner Beurteilung des Gegenvorschlags jedoch nicht relevant. 

Empfehlung des Stadtrates

Der Stadtrat empfiehlt der Stimmbevölkerung, sowohl die Vorlage des Grossen Stadtrates als auch den Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte anzunehmen und bei der Stichfrage die Vorlage des Grossen Stadtrates zu wählen. Begründung: Zu grossen Teilen stimmen die Vorlage des Grossen Stadtrates und der Gegenvorschlag von FDP/Die Mitte überein. Der Gegenvorschlag jedoch will den Strassenverkehr weitgehend von ambitionierten Zielen und wirkungsvollen Massnahmen ausklammern. Für den Stadtrat soll jedoch auch der Verkehrsbereich seinen Beitrag leisten, um den Klimawandel möglichst rasch zu stoppen und die hohe Lebensqualität in der Stadt Luzern zu erhalten.

Beide Komitees vorerst zufrieden

Das Komitee «Klimaschutz. Jetzt», also die Befürworter:innen des Vorschlags des Parlaments, begrüsst die klare Haltung des Stadtrates für Vorlage des Grossen Stadtrates. «Damit anerkennt der Stadtrat die Dringlichkeit, umgehend die Emissionen in der Stadt Luzern zu senken – und zwar in einer sozial verträglichen Form: Denn nur die Vorlage des Grossen Stadtrates garantiert einen angemessenen Schutz der Mieter:innen vor missbräuchlichen Leerkündigungen», schreibt das Komitee.

Und auch das Komitee «Wirksamer Klimaschutz», die Befürworter:innen des Gegenvorschlags der FDP und der Mitte, freut sich über die Zustimmung des Stadtrates zum Gegenvorschlag. Bezüglich der Plafonierung des motorisierten Individualverkehrs hat das Komitee noch präzisiert, dass es sich um den Wert vor der Pandemie, also 2019, und nicht um denjenigen von 2020 handelt. Alle Infos seitens der Stadt Luzern: www.klima.stadtluzern.ch.                  

PD/mh

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