Sinnfrage ist umstritten

Eine nötige Transparenz oder unnötiger Mehraufwand für die Vermieter? Ende September stimmen die Luzernerinnen und Luzerner über die Initiative «Fair von Anfang an, dank transparenter Vormiete!» ab.

Aktuell liegt die Leerwohnungsziffer bei 1,53 Prozent, fällt sie unter 1,5, fordern die Initianten die Offenlegung der Vormiete. Bild: Bruno Gisi

Vermieterinnen und Vermieter sollen im Kanton verpflichtet werden, die jeweiligen Vormieten mittels Formular anzugeben. So werde bei Mietaufschlägen eher Mass gehalten, und ungerechtfertigte Mietzinserhöhungen werden sogleich transparent, argumentiert der Mieterverband. «Unnötiger zusätzlicher Aufwand für die Vermieter», sagt der Hauseigentümerverband. «Macht der Vermieter einen kleinen Formfehler auf dem Formular, kann der Mieter diesen während zehn Jahren anfechten und unter Umständen Geld zurückverlangen.» Dies sei speziell im Kanton Luzern gefährlich, sagte Peter With, Zentralpräsident des KMU- und Gewerbeverbandes.

Für Mario Stübi, Vorstandsmitglied beim Mieterverband ist dies kein Argument. «Es geht darum, bei einem Mieterwechsel eine zusätzliche Zahl anzugeben, nicht darum neue Formulare einzuführen.» Auch die Tatsache, dass potenzielle Mieterinnen und Mieter bereits heute sich auf Artikel 256a Absatz 2 des Obligationenrechts berufen und eine Auskunftspflicht erwirken können, reicht für Stübi nicht. «Wie gross bleiben wohl die Chancen, die Wohnung zugesprochen zu erhalten, wenn man sich gegenüber einem Vermieter auf dieses Recht beruft?», stellt Stübi die Frage. 

Lediglich in einzelnen Gemeinden

Das Formular soll nach den Initianten nur zum Zuge kommen, wenn die Leerwohnungsziffer 1,5 Prozent erreicht. Aktuell liegt diese bei 1,53 Prozent. Von Wohnungsmangel wird im Allgemeinen dann gesprochen, wenn die Zahl der leer stehenden Wohnungen unter 1 bis 1,5 Prozent des gesamten Wohnungsbestands sinkt. Auch der Regierungsrat ist der Meinung, dass die Einführung des Formulars unnötig ist. Zumal der Wohnungsleerbestand in den letzten Jahren auch regelmässig angestiegen sei. 2008 lag der Leerbestand beispielsweise noch bei 0,81 Prozent. Â«Es besteht kein flächendeckender Wohnungsmangel im Kanton Luzern und deshalb auch keine Notwendigkeit, an der heutigen Lösung etwas zu ändern», schreibt der Regierungsrat in seiner Botschaft.

Auch für Mario Stübi ist klar, dass die Einführung je nach Region mehr oder weniger Sinn macht. Im unteren Wiggertal liegt der Wert beispielsweise bei 2,54 Prozent, in der Stadt Luzern allerdings bei 1,16, im Agglomerationskern bei 1,82 Prozent. «Die Annahme der Initiative würde es den einzelnen Gemeinden ermöglichen, die Offenlegung einzuführen», sagt Mario Stübi.


Nutzen nicht klar ersichtlich


Der Kanton Luzern wäre nicht der erste, der eine solche Verpflichtung zur Offenlegung der Vormiete einführen würde. In sieben Kantonen ist dies bereits der Fall. Dazu gehören Zug, Zürich und Basel-Stadt. Der Kanton Nidwalden hat das Formular 2018 wieder abgeschafft. «Je mehr Transparenz bei der Vormiete besteht, umso einfacher ist es für die Mieterin, den Mieter, den Mietzins anzufechten», sagt Natalie Imboden, Generalsekretärin des Schweizerischen Mieterverbandes. Gemäss dem Bundesamt für Wohnungswesen gab es im Kanton Zürich vor der im Jahr 2013 eingeführten Offenlegung lediglich 34 Anfechtungen des Anfangsmietzinses. Nach der Einführung lag die Zahl bei 133 Fällen. «Auffallend ist auch, dass der Kanton Freiburg mit Formularpflicht deutlich mehr Fälle vor der Schlichtungsstelle hat (2019: 41 Fälle) , als Luzern (4) oder Bern (17), die keine solche Verpflichtung haben. Für Imboden ist dies ein klares Indiz, dass die Formularpflicht zu mehr Anfechtungen vor der Schlichtungsstelle führt.
Marcel Habegger

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