Rückt die Polizeistunde nach hinten?
Restaurants sollen in mediterranen Sommernächten die Möglichkeit erhalten, ihre Terrassen am Abend später zu schliessen. Die FDP fordert dazu ein Pilotprojekt. Bei den Gastrobetrieben ist man dieser Idee nicht nur positiv gestimmt.
Die beiden FDP-Grossstadträte Fabian Reinhard und Marco Baumann bitten den Stadtrat mittels eines dringlichen Postulats, dass er für die Aussengastronomie die Öffnungszeiten nachts in einem zeitlich beschränkten Rahmen verlängert und Bewirtung sowie Konsumation auch nach 24 Uhr ermöglicht. Die neue Regelung soll für besonders schöne Sommernächte gelten. Ein Pilotversuch, bei dem auch die Reaktionen von Anwohnerinnen und Anwohnern berücksichtigt werden, soll zeigen, ob sich in Luzern bewährt, was bereits in anderen Schweizer Städten, wie beispielsweise in Bern, diskutiert wird.
Gemäss Fabian Reinhard soll dies nicht nur während der Coronapandemie der Fall sein, mit der Prüfung soll allgemein die Situation der Gastrobetriebe gestärkt werden. Die Bedenken von Anwohnenden, die mehr Lärm befürchten, seien ernst zu nehmen, heisst es im Vorstoss. Jedoch hätten Erfahrungen aus dem Ausland sowie mit den Buvetten in der Stadt gezeigt, dass längere Öffnungszeiten nicht zu mehr Lärm führen müssten und dies sogar einen positiven Effekt haben könne: «Die Bewirtung in einem Gastronomiebetrieb erfolgt in einem geregelten Rahmen und erhöht die soziale Kontrolle», ist Fraktionspräsident Marco Baumann überzeugt.
Gute Beziehungen nicht gefährden
Die Ruhestörung fürchtet beispielsweise auch Alois Keiser, Geschäftsführer des Restaurants Rathaus Brauerei. Das Restaurant Rathaus Brauerei sieht zwar ein Bedürfnis für ‹mediterrane Nächte›, möchte das Postulat aber aufgrund der Lage zu angrenzenden Hotelbetrieben und Anwohnenden in der Luzerner Altstadt nicht unterstützen. «Eine partnerschaftliche, gute Nachbarbeziehung ist für uns übergeordnet und langfristiger als einzelne ‹mediterrane Nächte›», sagt Alois Keiser. «Wir möchten unserer Nachbarschaft weitere, nächtliche Lärmbelastung nach regulärer, bisheriger Schliessungszeit ersparen.»
Punktuell sinnvoll
Für Bastian Eltschinger, Co-Geschäftsleiter der Remimag, ist das Postulat durchaus prüfenswert. «Je nach Konzept, Kundschaft und Lage eines Betriebes ist die Anpassung der Öffnungszeiten in Betracht zu ziehen. Beim von der Remimag geführten «Bahnhöfli» im Stadtzentrum würde sich eine Verlängerung der Öffnungszeiten sicher lohnen. Er stützt dabei auch die Aussage von Grossstadtrat Marco Baumann. «In einem Restaurant ist die Konsumation gesitteter, zudem würde damit die Gastronomie gestärkt», so Bastian Eltschinger. Bei Restaurants würde es vor allem den Gästen einen Mehrwert geben», meint er.
Simone Müller-Staubli, Mediensprecherin der Gastronomie- und Hotelagentur Schatz AG, mit der beispielsweise die «Libelle», die «Brasserie Bodu», das «Seehaus Grill» oder die «Storchen Weinbar» zusammenarbeiten, ist froh, dass heutzutage die Gestaltung der Terrassen oder eine Erweiterung einfacher ermöglicht wird als noch vor Covid-19. Sie hofft, dass dies auch nach dem Überstehen der Pandemie so bleiben wird. Dass längere Öffnungszeiten den Umsatz deutlich steigern würden, glaubt sie allerdings nicht. «Entscheidend ist die DNA des jeweiligen Gastronomiebetriebes», erklärt sie. «Hat ein Restaurant keinen Barbetrieb, wird dies kaum einen Mehrwert schaffen. Ich gehe auch nicht davon aus, dass sehr viele Gastrobetriebe solche verlängerten Öffnungszeiten nützen werden.»
Marcel Habegger