Rätoromanischer Indie-Pop

Man kennt ihre Lieder als eine Mischung aus Blues, Folk, Pop und Jazz, «Americana» genannt. Am Stadtfest Luzern wird das Publikum aber eine «neue» Martina Linn kennen lernen.

Luzern hat die Bündnerin Martina Linn sofort angesprochen. Bild: zvg

Woran arbeiten Sie gerade?

Aktuell sind zwei Projekte am Laufen. Zusammen mit meiner Band nehme ich mein viertes Studioalbum auf, das voraussichtlich im März 2023 erscheinen wird. Über die Sommerzeit ziehe ich mich zudem drei Monate zurück in ein Kulturhaus von Tim Krohn in Santa Maria im Val Müstair, wo ich rätoromanische Gedichte vertonen werde. In der Wildnis quasi.

 

Ein Kontrastprogramm zu dem, was Sie bis jetzt machen: Americana-Musik, Blues …

Eigentlich hatte ich 2020 eine Reise geplant, nach Nashville, Tennessee, um in diese Musikszenen einzutauchen. Ich hatte immer das Gefühl, ich sei eine Engadinerin, die eigentlich Südstaatlerin ist. Dann kam Corona. Da hatte ich Zeit, mich zu hinterfragen: Bin ich wirklich ein Southern Girl? Sind Blues und Americana überhaupt mein Stil? Die Antwort war: Ich habe meinen bis jetzt gepflegten Musikstil «über den Haufen geworfen» (lacht). Ich will zurück zu meinen Wurzeln.

 

Sie stammen aus La Punt-Chamues-ch …

…so habe ich angefangen, rätoromanische Lieder von Linard Bardill und Robert Cantieni neu zu vertonen und mit meiner neuen Musik, die ich als Indie-Pop definieren würde, zu kombinieren. Dies ist dermassen gut angekommen, auch bei meiner Band, dass wir dies weiterentwickelt haben. Inzwischen haben wir 15 neue Songs aufgenommen.

 

Das neue Album wird rein Rätoromanisch?

Nein, die Mehrheit der Lieder ist nach wie vor Englisch, aber in diesem neuen Indie-Pop- oder Indie-Folk-Stil, der mir entspricht. Ich habe in Zürich den Filmmusiker Balz Bachmann kennen gelernt, der auch schon für Sophie Hunger gearbeitet hat. Mit ihm nehme ich in einem kleinen Tonstudio das neue Album auf.

 

Wie sieht ihre Kompositionsarbeit aus?

Der Songwriter der Band Wilco, Jeff Tweedy, preist dies immer an: die Geheimsprache, die man beim Musikmachen hat, Zufallssilben, mit denen man eine Melodie formt. Daraus entnehme ich dann einzelne Wörter, um daraus eine Stimmung und damit den Songtext zu gestalten. Ich fand es «U-spannend» bei den rätoromanischen Liedern jetzt auch mal umgekehrt vorzugehen, also Text vor Musik

 

Verraten Sie uns den Titel des neuen Albums?

Ich habe mir dazu noch keine Gedanken gemacht. Es hat ein paar Ohrwürmer drauf. Einer davon, der mir sehr gut gefällt, hat den Titel «La la la la», das wäre vielleicht eine Idee (lacht). Das wäre wirklich «Back to The Roots», wie das allererste Liedchen, das ein Kind singt.

 

Das Stichwort: Sie stammen aus einer Musikerfamilie?

Mein Vater spielt Alphorn und Akkordeon, meine Mutter Schwyzerörgeli, mein Bruder Klavier, aber nicht professionell. Meine erste Musik war die Volkstümliche. Ich jodle auch bis heute sehr gerne und habe mich während Corona auf diesem Gebiet weitergebildet bei Nadja Räss an der Hochschule Luzern. Sie inspiriert mich in ihren modernen Interpretationen von volkstümlicher Musik.

 

Wie hat es eine Engadinerin nach Luzern ­verschlagen?

Eine Kollegin, damals Harfenstudentin, hat mich nach Luzern eingeladen. Mich hat die Stadt sofort angesprochen. Bei ihr wurde ein WG-Zimmer frei, so kam ich hierher und absolvierte die Jazz-Schule. Die Leute hier sind toll. Ich finde es auch grossartig, wie man als Musikerin weiterempfohlen wird, plötzlich ist man Teil des «Kuchens». Ich finde Luzern eine «supercoole Stadt».

 

Sie haben von Ihrem neuen Musikstil gesprochen. Am Stadtfest Luzern wird man aber noch «die alte» Martina Linn erleben?

Nein, ich werde bereits ein Gemisch präsentieren. Ein paar rätoromanische Lieder werden genauso interpretiert wie ein paar Songs vom neuen Album. Dazu ein paar Evergreens von meinem letzten Album. Meine Band und ich freuen uns «mega» wieder einmal in der Stadt zu spielen. Zwei von meinen Musikern stammen ja aus der Region. Unser Publikum darf sich auf unser Konzert freuen.

Andréas Härry

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