Pensionäre als Berater
Im Verein Innovage geben ehemalige Berufsleute ihr Fachwissen weiter. Der Zentralschweizer Vereinspräsident Paul Zosso erklärt, weshalb er diese Arbeit auch noch mit 70 Jahren schätzt.
Paul Zosso, was bietet der Verein Innovage genau an?
Innovage ist ein schweizweites Netzwerk von vorwiegend pensionierten Frauen und Männern, die ihr Wissen und ihre Erfahrung an andere weitergeben möchten. In der Zentralschweiz besteht unser Netzwerk momentan aus insgesamt 14 Personen. In Form von Beratungen unterstützen wir gemeinnützige Organisationen bei Projekten. Zusätzlich beraten wir auch einzelne Personen, die beispielsweise aufgrund eines beruflichen Umbruches in die Selbstständigkeit wechseln. Weil wir dies unentgeltlich tun, ist es uns wichtig, dass wir andere Dienstleister nicht konkurrieren. Deshalb bieten wir dort Unterstützung, wo die finanziellen Mittel fehlen und nicht der kurzfristige geschäftliche Erfolg im Vordergrund steht.
In welchen Bereichen können Sie konkret Unterstützung bieten?
Unsere 14 Mitglieder sind sehr breit aufgestellt. Ich persönlich war früher beispielsweise im Bereich Bau tätig. Andere waren im Schulbereich oder politisch aktiv, haben an Gerichten, in Hilfswerken oder in der Pflege und in vielen anderen Bereichen gearbeitet. Viele von uns waren auch in einer Führungsposition tätig. Deshalb beraten wir meist auf der Strategieebene, beispielsweise wie Projekte organisiert werden können oder wie die Mittelbeschaffung gelingt. Personen, die frisch selbstständig werden, können wir häufig bei Prozessen wie der Buchhaltung, Erstellung von Businessplänen und Offerten oder bei Fragen zur geeigneten Rechtsform unterstützen. Unser Beratungsspektrum ist grundsätzlich sehr breit. Wichtig zu wissen ist, dass wir beraten, die Umsetzung dann aber bei den Leuten liegt. Ich zeige gerne, wie eine Buchhaltung funktioniert. Machen muss sie mein Mandant dann aber selber.
Wie gehe ich vor, wenn ich eine Beratung von Innovage möchte?
Am besten füllt man das Kontaktformular auf unserer Website aus. Wir kontaktieren Sie dann und prüfen in unserem Gremium, ob und wie wir Sie bei Ihrem Projekt unterstützen können. Wir freuen uns auch immer über Anfragen neuer Mitglieder, um unser Angebot zu erhalten und zu erweitern.
Gibt es auch Anfragen, die Sie ablehnen?
Ja, es gibt auch Projekte, die nicht unserem Zweck entsprechen, weil der kommerzielle Hintergrund zu stark ist. Es kann auch sein, dass wir in unserem Team nicht über die nötigen Kompetenzen verfügen. Dann besteht auch die Möglichkeit, auf Mitglieder aus dem schweizweiten Netzwerk zurückzugreifen.
Sind die Beratungen vollkommen kostenlos und wie lange begleiten Sie jemanden?
Ja, unsere Beratungen machen wir unentgeltlich. Unsere Mandanten zahlen einzig einen Unkostenbeitrag von 200 Franken pro Quartal. Diesen Betrag benötigen wir für die administrativen Aufwände. Wir begleiten jemanden in der Regel maximal ein Jahr lang. Wenn es Sinn macht, verlängern wir die Beratungen aber auch.
Wie viele freiwillige Arbeitsstunden kommen da jährlich zusammen?
Unsere 14 Mitglieder leisten zusammen jährlich zwischen 1500 und 2000 Arbeitsstunden. Da alle flexibel bestimmen können, wie viel Arbeit sie übernehmen möchten, kann das von Jahr zu Jahr etwas variieren.
Das sind eine Menge Stunden. Würden Sie diese nicht lieber irgendwo am Meer verbringen und Ihren wohlverdienten Ruhestand geniessen?
Dazu sage ich nur: Das eine tun und das andere nicht lassen. Trotz unserem Engagement können wir uns nebenbei natürlich auch den ein oder anderen Traum erfüllen. Für eine grössere Reise können wir auch jederzeit mal eine Pause einlegen. Wir möchten unsere Pensionierung aber nicht nur mit Ferien verbringen – es darf auch noch was anderes sein (lacht).
Was gibt Ihnen die Arbeit persönlich?
Ich habe das Bedürfnis, mein Wissen und meine Erfahrung in irgendeiner Form zur Verfügung zu stellen. Es macht viel Spass, generationenübergreifend aktiv zu sein. Mit 70 Jahren schätze ich es, als Ergänzung zu meinem gewohnten Umgang in Kreisen von Gleichaltrigen mit jüngeren Leuten zusammenzuarbeiten. Und durch die Arbeit bei Innovage kommen wir auch mit Projekten aus Bereichen in Berührung, mit denen wir früher beruflich noch nie zu tun hatten. Das ist hochinteressant. Als ehemaliger Bauingenieur werde ich beispielsweise plötzlich mit der Frage konfrontiert, wie ein Orchester zu organisieren ist. Wir lernen also auch noch ganz viel dazu und sind nicht nur Gebende, sondern auch Nehmende.
Gibt es eine Erfolgsbilanz für die Projekte, die Sie bereits betreut haben?
Wir verlangen von den Leuten immer eine Beurteilung der Zusammenarbeit mit uns. Abgesehen von ein paar Projekten, die wir aufgrund von Unstimmigkeiten vorzeitig abbrechen mussten, durften wir bis zu 90 Prozent immer positive Rückmeldungen entgegennehmen. Das ist für uns die höchste Form der Entschädigung: Gemeinsam etwas erreichen, das danach auf gutem Weg weiterläuft.
Anna Meyer
Mehr Informationen im Netz unter: www.innovage.ch/standorte/zentralschweiz