«Nichts kommt an die Beatles heran»

Er schrieb Welthits wie «Satellite», «Johnny B.» oder «One of Us». Mit The Hooters steht Eric Bazilian am Mittwoch am Retro-Festival auf der Bühne. Im Vorfeld sprach er mit dem «Anzeiger» über sein Deutsch, Songs, die ihm Ärger einbrachten, und die Beatles.

The Hooters mit Eric Bazilian (Vierter von links). Bild: PD

Eric Bazilian, können wir das Interview auf Deutsch führen?
(Antwortet in perfektem Hochdeutsch) Bitte nicht, ich habe diese Sprache seit zwei Jahren nicht mehr gesprochen. (Weiter auf Englisch) Mein Deutsch klingt nur gut.

Sie verbindet mit der deutschen Sprache und Deutschland sehr viel. Woher kommt diese Zuneigung?
Ich glaube, die deutsche Sprache und ich haben sich ineinander verliebt und bleiben immer Freunde. Deutsch ist sehr geeignet für viele Arten der Musik. Deutschland respektive der deutschsprachige Teil der Welt hat eine grossartige Livemusik-Tradition – richtige Musik, «handgemacht» und mit Melodie.

Ein bisschen Liebe bekommt auch die Schweiz ab, schliesslich haben Sie für Stefanie Heinzmann einen Song komponiert.
Mit Stefanie hatte ich eine grossartige Zeit. Und ich liebe die Schweiz. Ich verbrachte schon mehrere Wochen mit Mountainbiking in Zermatt. Fürs letzte Album von Gotthard habe ich Songs beigesteuert, bin seither mit Nic Maeder befreundet, war mit ihm auf der «Rock meets Classic»-Show-Tour 2018 in Deutschland und der Schweiz.

Um das Thema angesprochen zu haben: Darf man Rock ’n’ Roll machen in diesen kriegerischen Zeiten?
Die Ukraine geht uns in Amerika genauso etwas an wie euch in Europa. Was mich betroffen macht: Ich sehe – im Gegensatz zu Covid – keinen guten Ausgang für die Sache. Es gibt nur schlimme oder schlimmste Lösungen. Alles, was ich beitragen kann, ist, unsere Musik zu spielen und Menschen ein paar Momente glücklich zu machen.

Zurück zur Musik und zur deutschen Sprache. Sie haben eine Ulknummer mit rein deutschem Text geschrieben: «Pissing in the Rhine».
Das war grosser Spass! Mit der Hilfe eines deutschen Wörterbuchs und von Freunden aus Deutschland haben wir die Nummer rund um den Satz «Eine Flasche Bier» entwickelt.

Sie haben auch Songs gemacht, die Ärger einbrachten, zum Beispiel im «Bible Belt» («Bibelgürtel») der USA.
Sie meinen «One of Us», «Einer von uns» – und damit ist Gott gemeint. Ich hatte nie die Absicht, bewusst provokative Songs zu schreiben, die kamen einfach so raus. Diese Lieder waren im Raum, und ich habe sie gefunden.

Wie gehen Sie normalerweise vor beim Songwriting: Text vor Musik?
Normalerweise ein bisschen Musik, dann folgt der Text. Die Melodie gibt vor, wohin der Text gehen soll.

Nebst den Hooters haben Sie für eine ellenlange Liste von Künstler:innen Songs geschrieben. Welche Zusammenarbeit hat Sie am meisten beeindruckt?
Mit den Scorpions. Wir haben so eine lange Zeit zusammen verbracht, sind immer noch befreundet, haben regelmässig Kontakt. Dann Joan Osborne, mit der ich die grössten Hiterfolge hatte. Amanda Marshall war grossartig. In den letzten Jahren Alexis Cunningham, mit der ich aktuell den American Song Contest bestreite, das Pendant zum Eurosong.

Gibt es Künstler:innen, mit denen Sie hoffen, in Zukunft zusammenarbeiten zu können?
Viele sind gestorben. Lenny Kravitz kommt mir in den Sinn. Oder Billie Eilish: Mit ihr nur am Piano und mit Gitarre Songs zu machen, das wäre etwas Grosses.

Eine versteckte Liebe von Ihnen ist die klassische Musik, richtig?
Yeah, das wurde eine Art Passion über die letzten fünf Jahre. Ich übe stundenlang auf der Mandoline Bach-Sonaten, das ist eine Art Meditation für mich. Dank Johann Sebastian Bach habe ich gelernt, Musik wirklich zu verstehen. Er ist für die klassische Musik das, was die Beatles für unsere Musik sind.

Sie sind ein Beatles-Fan?
Ich liebe die Rolling Stones, The Who, und viele weitere grossartige Künstler:innen. Aber nichts kommt an die Beatles heran. Selbst als Komponist habe ich den Code noch nicht geknackt, der diese Musik so einzigartig macht, sonst würde ich nun alle Beatles-Melodien schreiben, die die Jungs nicht selbst gemacht haben (lacht). Beatles-Songs haben auch Humor und Ironie in sich, die es in der aktuellen Musik nicht mehr gibt.

Sie beherrschen Piano, Gitarre, Mandoline, Saxofon, Keyboard … Was ist Ihr Instrument des Herzens?
Die Gitarre, mein erstes Instrument, und das Piano. Meine Mutter war eine brillante Pianistin. Als ich elf war, kaufte sie einen Steinway-Flügel. Der begleitet mich bis heute. Immer, wenn ich spiele, ist quasi meine Mutter dabei – emotionale Momente, besonders seit ich sie letztes Jahr verloren habe.

Sie haben so viele Welthits geschrieben. Haben Sie einen Favoriten auf der Liste?
Ich bleibe eigentlich bescheiden mit solchen Aussagen, aber es gibt ein paar Songs, die sind Fast-Beatles (lacht). Paul McCartney persönlich hat mir einmal gesagt, dass er «Satellite» ganz toll finde. Als ich «All You Zombies» geschrieben hatte, eigentlich den ersten Hooters-Song, wussten wir alle: «Da haben wir etwas.»

Sie haben viel erlebt auf den Bühnen der Welt, hatten mit den bekanntesten Persönlichkeiten zu tun. Wann schreiben Sie Ihre Autobiografie?
(Schmunzelt.) Ich habe effektiv ein paar Seiten geschrieben. Aber ich habe zu viel zu tun, mein Leben zu leben, um Zeit zu haben, zurückzuschauen. Ich weiss, während Covid haben viele angefangen, Bücher zu schreiben. Ich stieg lieber aufs Bike, komponierte ein Soloalbum und lernte viel über Johann Sebastian Bach.

Diese Woche sind Sie in Luzern ...
Wir freuen uns sehr auf dieses kleinere Konzertlokal, in dem wir den Gästen viel Liebe übermitteln können. Und Luzern ist so schön ... bei gutem Wetter.

Andréas Härry

 

Box: The Hooters in Luzern
Eric Bazilian (69) ist Musiker, Arrangeur und Produzent. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern von The Hooters. Die US-Rockband startete 1980 und erreichte von Mitte der 1980er-Jahre bis zur Jahrtausendwende mit Titeln wie «All You Zombies», «Johnny B.», «Satellite» oder «Boys will be Boys» Chartplätze in den USA und vor allem in Deutschland. The Hooters treten am Mittwoch, 23. März, im Rahmen des Retro-Festivals (23. bis 26. März) im Hotel Schweizerhof auf. Tickets: www.theretrofestival.ch.

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