Nicht alle machen mit
Seit dem 1. Mai haben Luzernerinnen und Luzerner mehr Zeit, am Abend einzukaufen – für die einen Geschäfte eine wichtige Erfüllung des Kundenbedürfnisses, für andere Geschäfte kaum lohnenswert.
Die Ladenöffnungszeiten waren im Kanton Luzern schon seit Jahren ein Dauerthema. Nach den Beschlüssen des Kantonsrats Ende 2019 können die Läden seit Mai von Montag bis Freitag bis 19 Uhr und somit eine halbe Stunde länger geöffnet haben als bisher. Am Samstag wurde das Einkaufen um eine Stunde, bis um 17 Uhr, verlängert.
Bemühungen, eine komplette Liberalisierung herbeizuführen, sind in den Jahren 2006, 2012 und 2013 gescheitert. Nur eine moderate Anpassung hatte deshalb die Chance, einvernehmlich akzeptiert zu werden. Besonders den Klein- und Mittelunternehmen fiel es schwer, die verlängerten Ladenöffnungszeiten zu akzeptieren: «Die neuen Öffnungszeiten stellen für die KMU- Detaillisten den grösstmöglichen Kompromiss für längere Ladenöffnungszeiten dar», sagt der Geschäftsführer des KMU-Detaillistenverbandes Rolf Bossart entschlossen.
Die freiwillige Verlängerung der Ladenöffnungszeiten macht nicht jedes Geschäft mit – so auch nicht das Perlenatelier in der Neustadt von Luzern, das von der Inhaberin Annette Amarilli geführt wird. «Ich arbeite immer alleine und kann nicht einfach jetzt noch jeden Tag eine halbe Stunde verlängern. Ich habe auch noch ein anderes Leben neben dem Laden», so Amarilli. Es würde sich auch nicht lohnen, die Ladenöffnungszeiten zu erweitern, denn am häufigsten kämen ihre Kunden am Nachmittag, am Abend sei es eher ruhiger.
Luzern Stadt profitiert
Anders sieht es bei der Migros Luzern aus. Die längeren Öffnungszeiten kämen besonders in der Stadt sehr gut an, während der Andrang in ländlichen Filialen momentan noch etwas verhaltener sei, sagt Lisa Savenberg, Mediensprecherin Migros Luzern. Vor allem die Möglichkeit, am Samstag bis 17 Uhr einkaufen zu können, entspreche einem Kundenbedürfnis. Auch für die Mitarbeitenden versucht die Migros einen fairen Weg zu finden, erklärt Savenberg: «In der Personaleinsatzplanung suchen die Vorgesetzten sorgfältige und mitarbeiterorientierte Lösungen, damit etwa Familienpflichten, Vereinstätigkeiten oder Weiterbildungen am Abend nach wie vor möglich sind.» Die Mitarbeitenden arbeiten demnach insgesamt nicht länger, sondern zeitverschoben. Auch bei Möbel Egger stösst man bei den verlängerten Öffnungszeiten auf positive Reaktionen, besonders der Abendverkauf am Freitag bis um 21 Uhr werde intensiv genutzt, sagt Astrid Elmiger, Leiterin Marketing und Kommunikation Möbel Egger. Im Gegenzug zu den verlängerten Öffnungszeiten unter der Woche fällt nämlich einer der beiden Abendverkäufe weg.
Mehr Freiraum für Kundschaft
Die längeren Öffnungszeiten sind vor allem ein Vorteil für die Einkäuferinnen und Einkäufer. Der Umsatz scheint bei längeren Öffnungszeiten gleich zu bleiben. «Wir könnten auch bis um Mitternacht offen haben, und der Umsatz würde sich nicht verändern. Die Kunden haben einfach einen grösseren zeitlichen Freiraum für das Einkaufen», erklärt der Inhaber der Doggwiler Metzgerei Urs Doggwiler. Auch der Präsident des KMU-Detaillistenverbandes Rolf Bossart stimmt hier zu: «Auf den Umsatz haben die längeren Öffnungszeiten marginale Auswirkungen. Wie früher wirken sich längere Öffnungszeiten nicht automatisch linear auf mehr Umsatz aus.»
Elma Softic