Mit einem Stachel Ernsthaftigkeit

Luzern verliert einen Fixstern der rüüdigen Zeit: Die Fasnachtstheatergruppe Domus ist 2023 zum 50. Mal, aber auch letztmals unterwegs. Mitglied Daniel von Arx erzählt aus den Kulissen.

Der aufwendige Bühnenbau und die schrillen Inszenierungen sind Markenzeichen von «Domus». Im Bild die Aufführung 2020. Bild: zvg

«Domus» wurde im Jahr 1971 als Guggenmusig gegründet. Unter anderem von Architekten, deshalb «Domus», «Haus» auf Lateinisch. Die Gruppe hörte aber schon in den 70er-Jahren auf mit dem Musizieren. Fortan waren eine Stereoanlage und unkonventionelle Sujets das Markenzeichen. Später verlegte sich «Domus» aufs Theater, immer mit einer mobilen Bühne und einem möglichst spontanen Tourneeplan. Die bunt zusammengewürfelte Truppe besteht aus rund 25 Personen. Die Werkliste der letzten Jahre umfasst Stücke wie «Kino schwarz-weiss», «Der wundersame Waschsalon», «Mit Aeroflop nach Wladiwostok», «Casting-Show an der Himmelspforte», «Benefiz-Tennismatch», «Paris, je t’aime», «Revolte im Schweinestall», «Mondlandung» und im Jahr 2020 – vor der Corona-Pause – «Jazz Club in NY». Mit dem Stück «San Gottardo» verabschiedet sich das Ensemble 2023 von der Luzerner Fasnacht. Mitglied Daniel von Arx erklärt, weshalb.

Daniel von Arx, kurz und knapp: Wieso ist nach der Fasnacht 2023 Schluss?

Weil wir 2024 nur noch mit einem Leiterwägeli unterwegs wären, also ohne die ­legendären «Domus»-Bühnenbilder. Im nächsten Winter werden wir unsere Schreinerwerkstatt nicht mehr nutzen können. Zwei unserer Mitglieder sind bis dann in Pension.

Fasnachtstheater ist en vogue, auch die MLG hat das Genre vor ein paar Jahren für sich ­entdeckt. Ist ein Grund auch, dass die Konkurrenz «zu gut» geworden ist?

Könnte es sein, dass die von uns gelernt haben?

«Domus» kann sich gar nicht auflösen, weil es euch ja offiziell gar nicht gibt: kein Verein, keine Statuten, kein Vorstand.

Und keine Website. Uns gibt es nicht mal im Cyberspace. Aber immer an den drei traditionellen Luzerner Fasnachtstagen live.

Habt ihr überhaupt eine Mitgliederliste?

Sogar im Excel-Format.

Sie bezeichnen Ihre Aufführungen als «Tragikomödien». Weinen und Lachen gleichzeitig?

Ja, unbedingt. Komödien sind berührender, wenn sie einen kleinen Stachel mit Ernsthaftigkeit drin haben.

Welches war das herausragendste Stück der letzten Jahre?

Das müssen unsere Fans entscheiden.

Wie muss man sich die Entscheidungsfindung beim Inhalt des Theaters vorstellen, ihr seid ja anarchisch strukturiert.

Genau. Ein richtig gutes Stück, also die volle Ladung Tragikomödie, wäre sicher: «‹Domus› sucht ein Sujet.»

Der Regisseur ist bei euch derjenige, der am lautesten Befehle erteilen kann?

Wir haben eine eingespielte Drehbuch-Gruppe, die auch den Soundtrack aufnimmt, zu dem wir spielen. Der ist so laut, dass man einen Regisseur gar nicht hören würde.

Originell sind eure Bühnenbilder, konsequente «Laubsägeliarbeit»?

Unsere Bühnenbilder werden mit Ehrgeiz und CAD designt, anschliessend liebevoll in Holz gebaut und bemalt. Stichwort Schreinerwerkstatt. Das Basteln macht mindestens so viel Spass wie das Theaterspielen an der Fasnacht. Es kittet uns als Gruppe zusammen.

Im Gegensatz zu anderen Gruppen, wie den «Moggetätschern», die sesshaft wurden, «zügelt» ihr von Spielort zu Spielort. Segen oder Fluch?

In den letzten Jahren ist es auf den Altstadtplätzen durch die vielen stationären Wagen sehr eng geworden, wenn man spontan rumziehen und nach Lust und Laune «theäterlen» will. Die Zeit der Theaternomaden scheint vorbei zu sein. Ein Grund mehr, um aufzuhören.

Jetzt zum Werbespot 2023: Was erleben die Passant:innen, wenn sie sich eure Abschieds­produktion zu Gemüte führen?

Wie es sich für baldige Pensionärinnen und Pensionäre gehört, zieht es uns dieses Jahr in den Süden. Das Stück heisst «San Gottardo», wie immer gespickt mit Pleiten, Pech, Pannen und existenziellen Dramen. Dazu gibt’s eine schmissige Choreografie und coolen Sound.

Interview Andréas Härry

 

Einige Aufführungszeiten von Domus

Schmudo: 10.45 Uhr Falkenplatz

Güdismäntig: 11 Uhr Alte Suidtersche Apotheke, 17.30 Uhr Bourbaki Panorama, 22.15 Uhr Aufführung Falkenplatz

Güdisziischtig: 17 Uhr Barbatti-Bar, ca. 19 Uhr Sternenplatz

 

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