Mehr Beratungen bei den Banken

Roger Gabathuler, Leiter Finanzplanungen, und Marco Trüssel, Experte für Erbrecht und Willensvollstreckung bei der LUKB, erklären wichtige Punkte bei der Hausfinanzierung und bei einer allfälligen Überschreibung an die Nachkommen.

Roger Gabathuler, gehen wir davon aus, dass die Hypothek meines Hauses bis zur Pensionierung praktisch zurückbezahlt ist, nun reicht das Geld aber für das Auto oder Sanierungen nicht mehr. Was kann ich tun? 
Damit diese Situation gar nicht erst eintritt, gilt es, vor dem Handeln zu planen. Die passende Hypothekarhöhe rechnet sich aufgrund verschiedener Parameter und weitergehender Überlegungen.

Welcher?
Achten Sie darauf, dass die Liegenschaft langfristig tragbar ist. Als Faustregel gilt: Die Liegenschaftsaufwendungen (Hypothekarzins zu 4,50 Prozent, Amortisationen sowie Unterhalts- und Nebenkosten) sollen 1/3 der Renteneinkommen nicht überschreiten.

Was heisst das konkret?
Amortisieren Sie so weit, dass Sie über den Beobachtungszeitraum liquid bleiben. So sind Sie stets in der Lage, spezielle Auslagen und Investitionen zu tätigen, ohne dass die Aufstockung einer Hypothek geprüft werden muss.

Welche weiteren Tipps haben Sie?
Legen Sie die Höhe der Hypothekarbelastung so fest, dass Sie sich in der «Wohlfühlzone» bewegen. Für die einen ist eine Schuld sehr unangenehm, für andere ist dies überhaupt kein Problem. Erzielen Sie mit den Vermögensanlagen einen gleichhohen oder höheren Nettoertrag, als Sie Hypothekarzinsen nach Steuern bezahlen, ist es zu Ihrem Vorteil, nicht zu amortisieren, respektive eine gewünschte Amortisation aufzuschieben.

Marco Trüssel, Sie sind Experte für Erbrecht und Willensvollstreckung. Befassen sich Familien zu Coronavirus-Zeiten vermehrt mit der Nachlassplanung und insbesondere einer Liegenschaftsübertragung?
Menschen haben mehr Zeit, beziehungsweise verbringen mehr Zeit zu Hause. Sie haben deshalb vermehrt Gelegenheit, über die Zukunft nachzudenken. Insbesondere auch über eine Nachlassplanung, welche oft auch eine potenzielle Liegenschaftsübertragung beinhaltet. Beratungsgespräche sind momentan sehr gefragt.

In welcher Eigentumsform soll die Liegenschaft übertragen werden?
Je mehr Eigentümerinnen und Eigentümer, desto grösser das Konfliktpotenzial. Nur Alleineigentümerinnen und -eigentümer sind alleinbestimmend. Beim Gesamteigentum halten mehrere Personen die Liegenschaft zusammen. Die Anteile sind personenbezogen und ohne Zustimmung der anderen nicht übertragbar. Beim Miteigentum halten mehrere Personen eine Liegenschaft nach Bruchteilen. Einzelne Miteigentumsanteile können verkauft oder mit Dienstbarkeiten und Grundpfandrechten belastet werden.

Soll die Liegenschaft an die Nachkommen verkauft oder verschenkt werden?
Beim Verkauf sollte ermittelt werden, welchen Wert das Haus hätte, wenn es auf dem freien Markt angeboten würde (Verkehrswert). Sodann können die Nachkommen die Liegenschaft zu diesem oder einem tieferen Preis abkaufen. Die Liegenschaft kann aber auch im Rahmen einer gemischten Schenkung erfolgen, bei welcher die Nachkommen beispielsweise nur die Hypothek übernehmen.

Was ist, wenn die Eltern die Liegenschaft weiterhin bewohnen möchten?
Falls die Eltern weiterhin in der Liegenschaft wohnen möchten, stellt sich die Frage, ob eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht eingeräumt werden soll.

Was bedeutet dies?
Die Nutzniessung verleiht dem Berechtigten den vollen Genuss an einem fremden Vermögenswert. Der Nutzniessungsberechtigte kann die Liegenschaft selbst bewohnen oder vermieten, darf sie aber nicht veräussern und ist verpflichtet, diese zu erhalten. Die Nutzniessungsberechtigten tragen in der Regel die Kosten für den gewöhnlichen Unterhalt, die Bewirtschaftung, allfällige Zinsen sowie die Steuern und Abgaben.

Und beim Wohnrecht?
Das Wohnrecht besteht hingegen in der Befugnis, in einem Gebäude oder einem Teil davon zu wohnen. Die Wohnung darf aber nicht vermietet werden. Das Wohnrecht kann gegen eine einmalige oder periodische Entschädigung oder auch entschädigungsfrei eingeräumt werden. Es ist weder übertragbar noch vererblich und erlischt mit dem Tod des Berechtigten.

Welche Steuerfolgen hat die Liegenschaftsübertragung?
Es ist wichtig, die Steuerfolgen sorgfältig abzuklären. Grundsätzlich ist bei einer Liegenschaftsübertragung der erzielte Gewinn zu versteuern (Grundstückgewinnsteuer). Als Grundstückgewinn gilt der Mehrbetrag des Veräusserungswertes gegenüber dem Anlagewert (effektive Kosten einer Immobilie). Unter gewissen Umständen erlauben die Steuergesetze eine Aufschiebung der Grundstückgewinnsteuer.

Kommen hier nicht noch Schenkungssteuern hinzu?
Schenkungssteuern kennt der Kanton Luzern nicht. Schenkungen und Erbvorbezüge, die innert fünf Jahren vor dem Tod einer Person ausgerichtet worden sind, unterliegen aber allenfalls einer Erbschaftssteuer. Anlässlich der Veräusserung eines Grundstücks wird zudem eine Handänderungssteuer erhoben. Von der Handänderungssteuer ausgenommen sind jedoch Rechtsgeschäfte zwischen Ehegatten/eingetragenen Partnern sowie zwischen Verwandten in auf- und absteigender Linie inklusive deren Partnern.

Wie wirkt sich die Liegenschaftsübertragung auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse aus?
Bei der Finanzierung ist zu beachten, dass die neuen Eigentümer nur die liquiden Mittel verwenden sollten, die sie nicht für die laufenden Lebensunterhaltskosten benötigen. Die langfristige Tragbarkeit der Liegenschaft sollte auch bei Zinsschwankungen gegeben sein.

Was gilt es erbrechtlich zu beachten? 
Falls die Liegenschaft bei mehreren Nachkommen nur an einen übertragen wird, sollten in einem Vertrag sogleich die erbrechtlichen Ausgleichsansprüche geregelt werden. Darin wird die Bewertung der Liegenschaft verbindlich für alle Nachkommen geregelt. Die Regelung der erbrechtlichen Ausgleichsansprüche der Nachkommen kann beispielsweise auch in einem Erb- und Erbverzichtsvertrag integriert werden. Dieser Vertrag regelt den Verzicht der Nachkommen gegenüber dem überlebenden Ehepartner. Erst beim Tod des zweiten Elternteils geht der Nachlass an die Nachkommen.

Marcel Habegger

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