Mehr als ein Kinderheim
Mit drei Jahren Verzögerung konnte sich Compass Hubelmatt letzte Woche am Tag der offenen Tür doch noch der Öffentlichkeit präsentieren und zeigte dabei ein anderes Gesicht, als viele denken würden.
Das Bild von Kinderheimen sieht in vielen Köpfen auch 2023 noch so aus: eher düster mit Mehrbettzimmern, in welchen die jungen Menschen untergebracht sind. Eigentlich ist es aber ein anderes. Auch deshalb hat sich das ehemalige Kinderheim Hubelmatt vor drei Jahren entschlossen, den Namen zu wechseln – zu Compass Hubelmatt Raum für Kinder und Jugendliche. «Kinderheim impliziert ausschliesslich Wohngruppen, in denen Kinder leben, und dieser Begriff ist tendenziell negativ besetzt», sagt Geschäftsleiter Andreas Grütter. «Wir sind zudem sehr viel mehr als ein Kinderheim», sagt Grütter weiter, der seit 20 Jahren bei der Institution tätig ist. Nebst den Aufenthalten auf unseren Wohngruppen begleiten wir auch Kinder und Jugendliche, die in Pflegefamilien platziert sind. Ein drittes Angebot, welches Compass Hubelmatt aktiv gestaltet und umsetzt, ist das Coachen von Ehemaligen.
Bereits im Vorjahr hat ein Treffen für die Ehemaligen stattgefunden. Um die 150 Personen fanden sich damals im Compass Hubelmatt ein. Darunter waren ehemalige Bewohnende zwischen 16 und 86 Jahren mit ihren Angehörigen, ehemalige Mitarbeitende, ehemalige Stiftungsrät:innen und zwei ehemalige Heimleiter anzutreffen.
Das Compass-Hubelmatt-Fäscht vom 16. September dieses Jahres zog eine bunte Mischung von Menschen an. Es waren Quartierbewohnende, Fachleute von anderen Institutionen und viele Angehörige der Mitarbeitenden von Compass Hubelmatt vor Ort. Für Andreas Grütter ist es immer wieder interessant, zu sehen, wie die Leute überrascht sind, wie wohnlich die Wohngruppen eingerichtet sind, dass jedes Kind sein eigenes Zimmer hat. «Eigentlich sieht es aus wie in einer normalen Wohnung, einfach wie in einer sehr grossen», erklärt Grütter. Die Kinder können je nachdem auch mitentscheiden, welchen Anstrich ihr Zimmer haben soll. 24 Plätze stellt Compass Hubelmatt auf den Wohngruppen zur Verfügung. 22 davon sind aktuell besetzt, fünf Anfragen werden zurzeit geprüft. Bei Pflegefamilien, welche bei Compass Hubelmatt angestellt sind, leben im Moment 12 junge Menschen – zum Teil dauerhaft und zum Teil im Rahmen von Entlastungsplatzierungen an den Wochenenden und in den Ferien. «Die Nachfrage nach Plätzen für die Wohngruppen ist immer gross», sagt Grütter. «Wenn wir einen freien Platz auf den Wohngruppen haben, ist er meistens nicht lange frei.» Im letzten Jahr waren die Wohngruppen von Compass Hubelmatt über 100 Prozent ausgelastet. Gegen 20 Anfragen konnten nicht berücksichtigt werden. Auch für entlastende Aufenthalte und Dauerplatzierungen bei Pflegefamilien sind viele Anfragen eingegangen. «Europaweit ist zu beobachten, dass es immer schwieriger wird, Pflegefamilien zu finden. Der Rücklauf auf geschaltete Inserate, in denen wir nebst Familien auch Einzelpersonen ansprechen, ist klein», bedauert Grütter.
Interessierte Menschen durchlaufen ein Bewerbungs- und Eignungsverfahren, welches die Fachstelle Pflegeplatzierungen von Compass Hubelmatt koordiniert. Wenn eine Platzierung in einer Pflegefamilie zu Stande kommt, ist die Chemie zwischen allen Beteiligten, vorab dem jungen Menschen und der Pflegefamilie, zentral.
Zusammenarbeit mit den Eltern
In den Anfangsjahren konnten die Eltern ihre Kinder nicht oder nur selten auf den Wohngruppen besuchen. Heute werden die Eltern wenn möglich von Anfang an miteinbezogen, dies unabhängig davon, ob ein junger Mensch auf der Wohngruppe oder bei einer Pflegefamilie lebt. In die Zusammenarbeit mit den Eltern investieren alle Mitarbeitenden von Compass Hubelmatt viel. Sie beraten und klären, und dieser regelmässige Austausch mit den Eltern hat auch zum Ziel, einen gemeinsamen Boden zu schaffen, damit sich die Kinder und Jugendlichen in allen Belangen gut entwickeln können.
Marcel Habegger