Luzerner Trumpf in Oberstdorf
Nadine Fähndrich geht am Donnerstag im Sprint als Mitfavoritin an den Start. Die Luzernerin hat diese Saison bereits einen Sieg im Einzel auf dem Konto, trotzdem muss alles zusammenpassen, damit es für eine Medaille reicht.
Es ist Freitag, ein Tag vor der Abfahrt in Richtung Oberstdorf (D), des diesjährigen Austragungsorts der Ski-nordisch-Weltmeisterschaften. Nadine Fähndrich befindet sich auf dem Weg nach Hause nach einem letzten Training im obwaldnerischen Langis. «Ich habe mich heute nicht super gefühlt, aber weiss, woran es gelegen hat», sagt sie und spricht damit das Krafttraining am Vortag an. «Ich hoffe schon, dass ich mich am Donnerstag noch besser fühle.» Für sie sei es aber nicht sehr entscheidend, ob sie sich bereits Tage vor einem wichtigen Wettkampf sehr stark fühle. «Wenn ich weiss, weshalb ich mich noch nicht top fühle, ist das nicht weiter tragisch», erklärt die Langläuferin des Skiclubs Horw. Die letzten Tage vor dem Ernstkampf ist nochmals Erholung angesagt. «Dann kommt es gut», ist sie zuversichtlich.
Die Chancen sind intakt
Die Chancen auf einen Podestplatz von Nadine Fähndrich an den diesjährigen Weltmeisterschaften einzuordnen, ist nicht ganz einfach. Kurz vor Weihnachten holte sie sich in Dresden (D) den Sieg im Einzel und tags darauf an der Seite von Teamkollegin Laurien van der Graaff auch noch gleich den ersten Platz im Teamsprint. Da waren allerdings weder die Schwedinnen noch die Norwegerinnen, oder Finninnen am Start. Trotzdem galt es, auch die Weltcupleaderin Jessie Diggins (USA) oder Anamarija Lampic (SLO) zu bezwingen.
Ende Januar blieb die Luzernerin dann im schwedischen Falun bereits in der Qualifikation hängen, eine Woche später in Ulricehamn (SWE) kam sie nicht über die Halbfinals hinaus. Der dritte Rang im Teamsprint mit Laurien van der Graaff zeigte aber auf, dass es trotz Müdigkeit bis ganz nach vorne reichen kann – und in Ulricehamn waren die besten Athletinnen am Start. Die Gründe für die durchzogenen Leistungen in Schweden sind schnell gefunden: Das Schweizer Team reiste nach einem harten Trainingsblock an die Rennen. «Natürlich waren das nicht die Resultate, die ich mir gewünscht hatte, aber wir wussten, dass es ein gewisses Risiko ist, gleich nach einem Trainingsblock Wettkämpfe zu bestreiten.»
Die letzten Wochen hat sich Fähndrich nun zu Hause auf den Saisonhöhepunkt vorbereitet. «Ich freue mich riesig auf die WM und bin positiv gestimmt, dass ich wieder zum Gefühl finde, wie ich es in Dresden oder Val Müstair hatte.»
Sieg und Niederlage liegen im Sprint so nahe beieinander wie in keiner anderen Distanz. Das musste Nadine Fähndrich beispielsweise diese Saison zum Auftakt der Tour de Ski in Val Müstair erfahren. Mit Aussicht auf einen Podestplatz kam sie im Final zu Fall. «Das gehört halt auch etwas zum Sprint, aber für mich stehen trotzdem die Fortschritte, die ich diese Saison machen konnte, im Vordergrund», erklärt Fähndrich.
Bei den Heimrennen in Val Müstair hat sie für ihre Eltern noch ein Hotelzimmer an der Strecke reserviert, in Oberstdorf werden sie, wie auch der Fanklub, nicht dabei sein können. «Es ist schon sehr schade, aber dennoch sind mir Rennen ohne Zuschauer immer noch lieber als gar keine Wettkämpfe.»
In der WM-Hauptprobe vor einem Jahr in Oberstdorf schaffte sie es als Achte knapp nicht in den Final. Die Strecke wurde im Hinblick auf die WM noch etwas verkürzt. Für die Luzernerin ist das Profil aber nicht so entscheidend. «Ich glaube, ich kann bei verschiedenen Topografien gute Leistungen zeigen», meint sie.
Zahlreiche Titelanwärterinnen
Der Sieg am Donnerstag wird wohl über die Schwedin Linn Svahn gehen. Die 21-Jährige hat in dieser Saison bereits mehrere Sprints für sich entscheiden können. Wie schnell es anders aussehen kann, zeigte sich aber bei den letzten Rennen in Ulricehamn. Nachdem sie in der Qualifikation noch die achtschnellste Zeit gelaufen hatte, kam sie im Viertelfinal zu Fall und belegte am Ende lediglich Rang 26. Neben Svahn gelten auch die weiteren Schwedinnen als Mitfavoritinnen. Zudem müssen auch die Weltcupleaderin Jessie Diggins (USA) und die Sprintspezialistin Anamarija Lampic (SLO) zu den Titelanwärterinnen gezählt werden. Ob die Vorjahressiegerin von Oberstdorf, Natalia Nepryaeva (RUS), aufgrund ihrer Verletzung im Sprint an den Start gehen wird, ist noch offen. Daneben darf sich auch die Luzernerin zum erweiterten Favoritenkreis zählen, obwohl sie in der klassischen Technik diese Saison noch nie in den Final vorgestossen ist. «Ich nehme Runde für Runde. Reicht es für den Finaleinzug, laufe ich sicher um die Medaillen», sagt die 25-Jährige. Nach dem Sprint wird Fähndrich auch an den Distanzrennen und Teamevents an den Start gehen. Neben dem Einzelsprint sind die Medaillenchancen auch im Teamsprint an der Seite von Laurien van der Graaff intakt.
Marcel Habegger
Sendehinweis: 12.45 Uhr, Qualifikation, Damen/Herren; 15.15 Uhr, Sprint Finals klassisch, Damen, 1,2 km auf SRF.