Lieber mitgestalten als nörgeln
Der Luzerner Stadtrat möchte dem Verband Luzerner Gemeinden (VLG) per 2022 wieder beitreten. Das Parlament muss diesem Antrag jedoch zustimmen. Auch eine befristete Mitgliedschaft wird diskutiert.
Die Stadt Luzern trat vor sieben Jahren aus dem Verband Luzerner Gemeinden aus. Während alle anderen 79 Gemeinden im Verband diskutierten, blieb die grösste Luzerner Gemeinde aussen vor. Geht es nach dem Stadtrat, soll sich dies ab 2022 wieder ändern. Er stellt beim Grossen Stadtrat einen entsprechenden Antrag (wir berichteten). «Bei den Verhandlungen um die Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18) waren wir zu Beginn involviert, je länger der Prozess dauerte, desto weniger flossen die Informationen», bemängelt Stadtpräsident Beat Züsli. Auch sei die Stadt in den letzten Jahren oftmals als unsolidarisch betitelt worden, weil sie sich nicht beteiligt habe. «Das ist für andere Zusammenarbeiten nicht förderlich», sagt Züsli.
Die Gründe, weshalb der Austritt von der Mehrheit im Parlament befürwortet wurde, waren vielseitig: von Kosten-Nutzen-Überlegungen über die personelle Besetzung in der Geschäftsleitung bis hin zum Vorwurf, dass urbane Themen zu wenig Gewicht erhielten. Das waren Gründe, die damals nachvollziehbar waren, aber das können wir nur verbessern, wenn wir uns direkt beteiligen.»
SP hat weiterhin Zweifel
Mehrere Parteien haben das Thema noch nicht abschliessend in den Fraktionen behandelt. So etwa die SP. Fraktionspräsident Simon Roth sagt aber: «Die Vorbehalte konnten nicht aus dem Weg geräumt werden. Der einzige Fortschritt, den der VLG seit dem Austritt der Stadt gemacht hat, ist, dass nun auch Minderheitenmeinungen in den Vernehmlassungen dargestellt werden können. Mit dem fehlenden Know-how der Stadt wurde der VLG allerdings entscheidend geschwächt», meint Roth und spricht dabei wie Beat Züsli die Verhandlungen um die AFR18 an.
Der VLG sei weiterhin weitgehend eine Domäne von CVP und FDP. «Nach den Verhandlungen zwischen VLG und Kanton wird der Rest oft vor vollendete Tatsachen gestellt. Wir müssen uns deshalb fragen, ob der VLG in nützlicher Zeit so reformiert werden kann, dass er unseren Ansprüchen gerecht wird. Falls wir glauben, dass eine Reform möglich ist, könnte ein befristeter Wiederbeitritt mit klaren Zielen eine Möglichkeit sein», führt er weiter aus.
Skepsis auch bei den Grünen
«Wir erkennen beim VLG eine echte Bereitschaft, sich gemeinsam auf eine Weiterentwicklung im Bereich der urbanen Themen und auf den Einbezug der Parlamentsgemeinden einzulassen», sagt Christian Hochstrasser, Fraktionschef von Grünen/Jungen Grünen. «Dennoch bleibt auch eine starke Skepsis gegenüber dem stark ländlich und bürgerlich geprägten Verband. Um dem angestossenen konstruktiven Prozess eine Chance zu geben, steht bei uns ein befristeter Beitritt in den VLG zur Diskussion», erklärt er.
Die GLP steht einem Wiedereintritt grundsätzlich positiv gegenüber: «Das Verständnis für die grösste Gemeinde im Kanton hat sich im VLG verändert, und er ist bereit, über die Herausforderungen der Zentrumsstadt Luzern wie auch der Agglomerationsgemeinden und deren Bedürfnisse vertieft zu diskutieren», sagt Fraktionspräsident Stefan Sägesser. 2014 gehörte die GLP mit Jules Gut, der damals das Postulat der SVP mit unterzeichnet hatte, zu den Befürwortern für einen Ausstieg.
Die CVP ist die einzige Partei, welche sich damals gegen den Austritt ausgesprochen hat. Sie hat sich seit längerem starkgemacht für den Wiedereintritt. Jetzt spürt Fraktionspräsidentin Mirjam Fries positive Signale der anderen Parteien. «Für mich ist der Gedanke der Solidarität zentral. Ein Wiedereintritt wäre ein positives Zeichen gegenüber dem Kanton und den ländlichen Gemeinden. Das würde dem gegenseitigen Verhältnis und Verständnis helfen», sagt sie.
FDP glaubt an Wiedereintritt
Klar für einen Beitritt ist man bei der FDP. Auch Fraktionspräsident Marco Baumann spricht die AFR18 an. «Hier hätte die Stadt Luzern als Mitglied mehr Einfluss nehmen können.» Er habe zwar ein gewisses Verständnis, weshalb man vor Jahren den Austritt beschlossen habe. «Jedoch sollten diese Kritikpunkte wie die Zusammensetzung der VLG-Arbeitsgruppen, die Überstimmung der Stadt Luzern durch die vielen ländlichen Gemeinden und die unausgeglichene Vertretung der Parteien im VLG-Vorstand mit einer Reform des Verbands korrigiert werden können», ist er überzeugt. Er geht davon aus, dass eine Mehrheit im Parlament einem Wiedereintritt zustimmen wird.
Am stärksten hält sich die SVP noch bedeckt. «Die Reformen liegen uns im Detail noch nicht vor. Je nach Inhalt kann sich die SVP vorstellen, einen Wiedereintritt zu erwägen», sagt Fraktionspräsident Thomas Gfeller lediglich.
Nutzen soll geprüft werden
Im knapp 1,9 Millionen umfassenden Kredit sind nicht nur die Mitgliederbeiträge für die nächsten zehn Jahre enthalten, sondern auch eine laufende Evaluation. Damit soll auch der Nutzen des Verbandes geprüft werden. «Wenn wir den Nutzen laufend überprüfen und der Geschäftsprüfungskommission berichten, können wir das Parlament stärker einbinden», erklärt Beat Züsli. Willkommen wäre Luzern im Verband auf jeden Fall. «Eine Mitgliedschaft der Stadt Luzern im VLG würde die inhaltliche Positionierung zugunsten urbaner Themen stärken und das gegenseitige Verständnis zwischen Stadt- und Landgemeinden fördern», ist Präsidentin Sibylle Boos-Braun überzeugt. Ein Wiedereintritt würde zudem von den restlichen 79 Luzerner Gemeinden, welche alle Verbandsmitglieder sind, als Zeichen der Solidarität sehr positiv aufgenommen werden, schreibt sie in einer Medienmitteilung weiter.
Marcel Habegger