Knatsch zwischen Stadtrat und VBL
Die Präsidentin des Verwaltungsrates, zwei VR-Mitglieder und der Direktor der VBL bieten ihre Rücktritte an. Grund dafür ist das zerrüttete Verhältnis zum Stadtrat. Die Verwaltungsräte fühlen sich alleine gelassen.
Ein Paukenschlag bei den VBL am Freitagmorgen: Gleich mehrere Verwaltungsräte bieten ihren Rücktritt an. Der Grund: Die Verwaltungspräsidentin und drei weitere Verwaltungsräte sind über das Verhalten des Stadtrats im Zusammenhang mit den angeblich zu viel bezahlten Subventionen enttäuscht: «Das Vertrauen zwischen dem Verwaltungsrat und der Alleinaktionärin ist belastet», sagt Verwaltungsratspräsidentin Yvonne Hunkeler. «Es scheint uns deshalb richtig, unsere Rücktritte anzubieten. So kann gemeinsam besprochen werden, ob und unter welchen Voraussetzungen im Interesse der VBL das Vertrauen wieder hergestellt werden kann.»
Als der Verkehrsverbund Luzern (VVL) Anfang Februar 2020 die Forderung der Zahlung an die Verkehrsbetriebe Luzern AG in der Höhe von rund 16 Millionen Franken wegen angeblich zu viel bezahlter Subventionen in den Jahren 2010 bis 2017 gestellt hatte, informierten die Verantwortlichen von VBL die Finanzdirektorin der Stadt Luzern sofort. Immer wieder suchte der VBL-Verwaltungsrat anschliessend das Gespräch mit der Stadt Luzern, um die Haltung der Eignerin in den offenen Fragen zu klären, schreibt die VBL in einer Mitteilung. «Es fanden zwar einzelne Gespräche mit der Finanzdirektion statt, eine klare Haltung beziehungsweise Rückendeckung betreffend der Zahlung der 16,7 Millionen Franken, welche nach wie vor rechtlich fraglich ist, haben die Verantwortlichen von VBL seitens des Stadtrates aber nie erhalten», kritisiert Hunkeler.
Berichtsentwurf werfe Fragen auf
Im vergangenen Juni hatte der Stadtrat gemeinsam mit der Geschäftsprüfungskommission des städtischen Parlaments GPK einem Berner Anwaltsbüro eine externe Untersuchung in Auftrag gegeben. «Der Stadtrat habe sich bis heute geweigert, die VBL über den genauen Auftrag der Untersuchung zu informieren. Ein Auszug des Berichtsentwurfs liegt dem Verwaltungsrat nun allerdings vor. «Wir haben bisher nur die uns betreffenden Auszüge aus dem Berichtsentwurf gesehen. Dessen Grundhaltung ist aber vorverurteilend und einseitig», sagt Verwaltungsratspräsidentin Yvonne Hunkeler.
Die Verantwortlichen von VBL haben nach erster Sichtung den Eindruck gewonnen, dass es auch darum ging, ein behauptetes Fehlverhalten von VBL juristisch zu bestätigen. Von einer unabhängigen Aufarbeitung des Sachverhaltes aus betriebswirtschaftlicher Sicht und allfälligen Verbesserungsvorschlägen könne keine Rede sein.
Stadtrat retourniert den Bericht
Der Verwaltungsrat der VBL hatte sich von der externen Aufarbeitung im Auftrag der Stadt genau solche Hinweise für die künftige Optimierung der Zusammenarbeit zwischen VBL, Stadt und Bestellern erhofft. Aufgrund der kritisierten Mängel im Untersuchungsbericht hatte der Verwaltungsrat am 11. September 2020 den Stadtrat mit dem ihm vorliegenden Teilentwurf sowie seiner Stellungnahme zuhanden der Autoren des Berichts bedient. Dies mit der Bitte um einen zeitnahen Austausch mit dem Stadtrat. Die Regierung hat das Couverts allerdings ungeöffnet retourniert und ein Gespräch mit dem Verwaltungsrat zu diesem Zeitpunkt abgelehnt. «Das ist für uns vor dem Hintergrund der noch immer nicht erteilten Décharge für 2019 nicht akzeptabel», sagt Yvonne Hunkeler «Der Stadtrat will unbeeinflusst eine Gesamtbeurteilung machen», erklärt Stadtpräsident Beat Züsli, weshalb der Teilbericht ungeöffnet retourniert wurde. «Wir werden den Gesamtbericht erst im Oktober erhalten», stellt der Stadtpräsident klar.
Der Verwaltungsrat fühlt sich aber auch sonst alleingelassen. Denn auch während der vergangenen sechs Monate, in denen intensive Gespräche mit dem Verkehrsverbund Luzern hinsichtlich einer Vereinbarung zur Zahlung von 16,7 Millionen Franken geführt wurden, habe der Stadtrat kein Interesse am finanziellen Wohlergehen seines Unternehmens VBL gezeigt. Für eine Unterzeichnung der Vereinbarung brauche der VBL-Verwaltungsrat aber zwingend die Zustimmung der Eignerin, also der Stadt Luzern. Dies sieht der Stadtrat allerdings anders: «Es liegt nicht in der Kompetenz des Stadtrats, der Rückzahlung der 16 Millionen Franken zuzustimmen», sagt Beat Züsli.
Verwaltungsräte bieten Rücktritt an
Aufgrund der fehlenden Rückendeckung bieten mit Präsidentin Yvonne Hunkeler, Silvana Beeler Gehrer und Jon Bisaz gleich drei VBL-Verwaltungsräte ihren Rücktritt an. VR-Vizepräsident Markus Lötscher tritt zusätzlich aus beruflichen Gründen zurück. Wären die beruflichen Gründe nicht gewesen, hätte er aufgrund des zerrütteten Vertrauensverhältnisses mit dem Stadtrat ebenfalls seinen Rücktritt angeboten. Neben den Verwaltungsräten bietet auch VBL-Direktor Norbert Schmassmann seinen Rücktritt an. Einzig Stadtrat Martin Merki, welcher als Vertreter der Stadt im VBL-Verwaltungsrat Einsitz nimmt, bietet seinen Rücktritt nicht an.
Gemäss Stadtpräsident Beat Züsli wird der Stadtrat sowohl die Rücktrittsangebote wie die Verantwortlichkeiten in den nächsten Wochen prüfen. Die Verwaltungsräte sind noch bis im Mai 2021 gewählt.
Marcel Habegger/PD