Jetzt geht es ums Überleben

Das Schlimmste der Corona-Krise, die Überlastung des Gesundheitssystems, konnte mehrheitlich abgewendet werden. Trotzdem haben die Folgen der Corona-Krise bei vielen Spuren hinterlassen.

Im Seehotel Hermitage geniessen die Gäste bereits wieder die Terrasse. Bild: BG

Die Gastronomie, der Tourismus und der Detailhandel sind in Luzern eng verbunden. Der Kanton Luzern ist überdurchschnittlich von der Corona-Krise betroffen, da Luzern viele Betriebe in diesen Bereichen hat. So erstaunt es auch nicht, dass Luzern mit der Anzahl der Arbeitslosen über dem schweizerischen Durchschnitt liegt. Im April stieg die Zahl der Arbeitslosen um 16,2 Prozent in Luzern. Schweizweit betrug dieser Anstieg 13,1 Prozent. Lange stand die Gastronomie einer grossen Ungewissheit gegenüber. Viele Restaurants mussten in Rekordzeit eine Lösung finden und sich fragen, wie sie ihr Angebot weiterhin sichern können. «Man musste sich die Frage stellen, ob man Take-away oder Lieferdienste macht. Häufig haben Gastronomen auch gar nichts gemacht, da Erfahrungen und Ressourcen fehlten», sagt Ruedi Stöckli, Präsident Gastro Luzern. Ab dem 11. Mai durften die Restaurants wieder öffnen. Für kleine Gastronomen lohnt sich das Öffnen trotzdem nicht, da ihnen die strengen Schutzmassnahmen im Weg stehen. «Weniger Tische bedeuten weniger Umsatz, was für viele kleine Betriebe nicht rentabel genug ist. Wenn jemand tiefe Fixkosten hat und diese gedeckt sind, fährt man günstiger, wenn der Betrieb geschlossen bleibt und das Personal in Kurzarbeit geht», erklärt Stöckli. Auch einzelne grosse Gastronomiebetriebe bleiben geschlossen. Diese haben in der Regel Bankettsäle und verschiedene Räumlichkeiten und benötigen dadurch viel Personal. «Bei grossen Gastronomiebetrieben kommt es günstiger, das ganze Personal in der Kurzarbeit zu lassen und erst wieder zurückzuholen, wenn der Betrieb wieder läuft», meint Stöckli dazu.
Das Schutzkonzept legt für Gastronomen strenge Hygieneregeln fest. Die Händehygiene ist sehr wichtig, und man solle als Gastronom die Gäste stets darauf hinweisen, sich die Hände zu desinfizieren, erklärt Stöckli. Zudem muss die Zwei-Meter-Regelung gewährleistet werden, indem man die Tische reduziert. Angestellte sollten ebenfalls regelmässig alle Gegenstände wie Speisekarten und Türgriffe reinigen und desinfizieren.


Detailhändler müssen sich aufrappeln


Auch Detailhändler, die ihre Geschäfte schliessen mussten, kämpfen jetzt ums Überleben – vor allem die Kleinen, bei denen es auch sonst immer knapp wurde gegen Monatsende. Ein Corona-Kredit ist zwar im Moment hilfreich, aber diesen muss man auch zurückzahlen, und das sei nicht nur eine finanzielle Herausforderung, sondern auch eine psychische Belastung, erklärt Martina Stutz-Aregger, Präsidentin Luzerner Detaillistenverband. Bisher habe man beim Detaillistenverband noch keine Kenntnisse zu Konkursmeldungen oder Entlassungszahlen. Viele Detaillisten haben während der Corona-Krise diverse Strategien entwickelt: Online-Verkauf via Webshop, Anpreisungen per E-Mail und Liefer- und Abholservices. Detailhändler, die diese Kanäle nicht nutzen konnten, weil die Infrastruktur fehlte oder die Affinität zu digitalem Median nicht bestand, waren im Nachteil. Drogerien, Bäckereien und Metzgereien sind jedoch gut über die Runden gekommen. «Schade ist, dass die vom Lockdown betroffenen Geschäfte ihre Läden schon anlässlich der ersten Lockerung nicht öffnen durften», sagt Stutz-Aregger und fügt hinzu: «Wir hätten die Schutzmassnahmen anbieten können, und deshalb ist das bei den Detaillisten auf grosses Unverständnis gestossen.»

Appell an die Bevölkerung


2019 war für den Luzerner Tourismus ein Spitzenjahr, anders als dieses Jahr. Insbesondere die Stadt Luzern lebt vom Tourismus. Die Übernachtungszahlen im März sind in der Stadt Luzern um 72 Prozent zurückgegangen. «Im April werden die Übernachtungszahlen wohl noch schlimmer aussehen», sagt Martin Bütikofer, Präsident Luzern Tourismus. «Es fahren noch keine Schiffe vor meinem Büro durch, das hat es in der weit über 100-jährigen Geschichte der Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersee nicht einmal im Krieg gegeben», meint Bütikofer. Auch bei den Bergbahnen herrscht Ungewissheit. Der Tourismus in Luzern ist abhängig von den Entscheidungen des Bundes und anderen Ländern. Deswegen wird in den nächsten Monaten der Fokus primär auf Schweizer Gäste gelegt. Die neue Website feriedehei.ch, die ab Juni online gehen sollte, hat das Ziel, die Schweizer Bevölkerung nach Luzern und in die Zentralschweiz zu locken. Jedoch geht Bütikofer davon aus, dass es mindestens drei bis vier Jahre dauert, bis die Nachfrage nach Leistungen im Tourismus in Luzern und Umgebung wieder auf dem Niveau von 2019 ist. Was der Tourismus in Luzern nun braucht, ist Klarheit – auch für die Bergbahnen und Schifffahrtsgesellschaften. «Wir hoffen, dass die Schutzmassnahmen da nicht zu streng werden, denn bei den Bergbahnen und auf Schiffen gestaltet sich die Umsetzung der Abstandsregel sehr schwierig.» Ausserdem hofft Bütikofer auf Lockerungen beim Versammlungsverbot, da Veranstaltungen wie das abgesagte Blue Balls in der Vergangenheit viele Touristen nach Luzern und in die Hotels gezogen hat.
Die Botschaft der Gastronomie, des Detailhandels und des Tourismus ist klar: Die Bevölkerung soll Arbeitsplätze sichern, indem sie wieder im lokalen Restaurant konsumiert, lokale Detailhändler unterstützt und Ferien in Luzern macht.

Elma Softic

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