In Luzern noch weniger offen

Die Zürcher Zunft zur Meisen will in Zukunft wieder Frauen aufnehmen. So offen scheint man zumindest bei den grossen Zünften in Luzern noch nicht zu sein, auch wenn es kein Novum wäre.

Deborah Keller als Bannerfrau 2020 wird zumindest bis in naher Zukunft die weibliche Ausnahme bei den grossen Luzerner Zünften und Gesellschaften gewesen sein. Bild: Bruno Gisi

Mehr als drei Viertel der Mitglieder der Zunft zur Meisen in Zürich haben in einer brieflichen Abstimmung der zukünftigen Aufnahme von Zünftler:innen zugestimmt. Die Zunft zur Meisen ist nicht irgendeine Zunft, es ist die grösste Zürcher Zunft, Mitgliederschwund ist also nicht der Grund für die Öffnung. «Dass wir nun Frauen aufnehmen, ist für mich ein Ausdruck dafür, dass unsere Zunft für mehr steht als einen reinen Männerklub», lässt sich Gustav von Schulthess, der ehemalige ärztliche Direktor des Universitätsspitals Zürich, in der NZZ zitieren. Die Frauenfrage sei in den letzten Jahren immer wieder ein Thema gewesen, weil sich die Rolle der Frauen stark gewandelt habe. Viele der Zünftler sind der Meinung, dass sie eine Gemeinschaft seien, die die liberalen Werte hochhalte.

Ähnlich wie bei der Zunft zur Meisen gab es auch bei der im Jahr 1400 gegründeten Zunft zu Safran Phasen, in denen Frauen Mitglied der Zunft waren. «Als das Zunftwesen in der Stadt Luzern noch aktiv war, gab es Fälle, dass die Witwe ihren verstorbenen Mann in der Zunft vertrat, bis der Sohn oder jemand anderes, wie beispielsweise ein neuer Ehemann, in die Zunft eintrat», bestätigt Marc Renggli, Zunftschreiber der Zunft zu Safran.

So offen wie bei der grössten Zürcher Zunft ist man in Luzern jedoch heute noch nicht. Bei allen fünf grossen Zünften und Gesellschaften, der Zunft zu Safran, den Maskenliebhaben, der Fidelitas Lucernensis, der Wey-Zunft und der Gallizunft Kriens, gibt es dieselbe klare Antwort: kein Thema. Markus Koch, Präsident der Maskenliebhaber-Gesellschaft, gibt sich am liberalsten: ««Dies kam bislang als Thema innerhalb der MLG nicht auf. Wahrscheinlich, weil wir die Diversität eher auf Vereinsebene in Form von Frauen-, Männer- und gemischten Zünften sehen, und weil bei der MLG die Partnerinnen und Partner der Maskenbrüder ein integrierter Bestandteil des Gesellschaftslebens sind. Als liberale Gesellschaft würden wir dies aber gewohnt offen diskutieren.» Auch Kilian Ritler der Fidelitas Lucernensis sagt, das Thema habe man noch nie ernsthaft diskutiert. «Selbstverständlich würden wir einen solchen Antrag an der jährlich stattfindenden Generalversammlung diskutieren und darüber abstimmen», sagt er.

Kleine sind offener

Einige kleinere Luzerner Zünfte haben sich bereits vor mehreren Jahren auch für Frauen geöffnet. Bei der Zunft zur Emme war dies jedoch mit dem Versuch verbunden, dem Mitgliederschwund entgegenzuwirken. Die Zunft hatte mit Sandra Krummenacher von 2014 bis 2018 auch eine erste Präsidentin. Die Mitgliederzahlen sind aber nicht gestiegen. Aktuell zählt die Zunft zur Emme noch gerade 11 Mitglieder. Die Luzerner Zunft zum Dünkelweiher ist mit 46 Mitgliedern doch noch etwas grösser. Sieben Frauen gehören aktuell der Zunftfamilie an, drei davon sind im Zunftrat. Die stets im Hintergrund helfenden Frauen durften in der Zunft ihren Ehrenplatz haben. Die Öffnung für Frauen, der 1939 gegründeter Zunft, liegt bereits gut 40 Jahre zurück. Inzwischen ist die schwindende Anzahl der Zunftmitglieder mitunter ein Grund. Man sehe sich aber klar als Familienzunft erklärt Präsident Edi Scherer.

Marcel Habegger

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