«Ich trinke nun täglich Tee»

Seit Februar ist Simon Dörig der neue Leiter der Dienststelle Gymnasialbildung. Zuvor arbeitete er sechs Jahre als Schulleiter in Thailand. Was er aus dieser Zeit mitnimmt, erzählt Dörig im Interview.

Schülerinnen und Schüler beschenken Simon Dörig in der Schweizerschule in Bangkok mit einem selbstgemachten Weihnachtsgebäck. Bild: PD

Simon Dörig, konnten Sie Ihre neue Stelle erfolgreich antreten?
Ja, der Start verlief sehr gut. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Stellen und Ansprechpartnern im Kanton Luzern. Die Gymnasialbildung ist ein sehr spannender Bereich. Die ganze Arbeit zielt darauf ab, den Jugendlichen beste Voraussetzungen für ihre schulische und persönliche Entwicklung zu schaffen. Diese sinnstiftende Aufgabe freut mich sehr.
 
Zuvor waren Sie sechs Jahre an der Schweizerschule in Bangkok als Rektor tätig. Was hat Sie nach Thailand gezogen?
Ich habe bereits während meiner Studienzeit ein Praktikum im Norden Thailands absolviert. Das Land gefiel mir schon damals sehr. Als ich gesehen habe, dass Luzern als Patronatskanton für die Schweizerschule in Bangkok einen neuen Rektor sucht, habe ich die Gelegenheit gepackt, dorthin zurückzukehren. Nebst einem neuen Alltag im Ausland fand ich es auch interessant, dass die Schule von der Schweiz und Deutschland gemeinsam geführt wird. So stand ich als Schulleiter mit beiden Behörden in Kontakt und hatte die spannende Aufgabe, die Eigenheiten von zwei Ländern miteinander zu verbinden.
 
Welche Eindrücke nehmen Sie aus der thailändischen Hauptstadt mit?
Bangkok ist eine sehr faszinierende und facettenreiche Stadt. An der Schule hat mir die familiäre Atmosphäre gut gefallen. Es wurde dort das ganze Spektrum abgebildet: Unter den rund 300 Schülerinnen und Schülern betreuten wir Kinder im Alter von zwei Jahren bis zu Jugendlichen, welche die Matura machten. Die Menschen waren generell sehr herzlich und es sind schöne Kontakte und Begegnungen entstanden.
 
Wurden Sie im Schulalltag auch mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert?
Herausfordernd war sicher, allen verschiedenen Anspruchsgruppen gerecht zu werden. Da gab es die Behörden aus der Schweiz und Deutschland, andere Schulen auf dem gleichen Campus und eine sehr heterogene Elternschaft. Letztere setzte sich einerseits aus Expats zusammen und andererseits aus Familien, die sich langfristig in Thailand niedergelassen hatten. Zusätzlich gab es auch einheimische Eltern, die ihren Kindern die Basis für eine spätere weitere Ausbildung im Ausland geben wollten und mit unserem Schulsystem noch nicht vertraut waren.

Welches sind die grössten Unterschiede zwischen dem Schulwesen in Thailand und demjenigen in der Schweiz?
Im Schweizer Schulsystem ist es sehr wichtig, dass die Kinder auch soziale Kompetenzen und kritisches Denken erlernen. Dies hat in Thailand einen viel geringeren Stellenwert. Überhaupt ist das Rollenverständnis ein komplett anderes. Thailändische Schulen sind autoritärer organisiert. Ein morgendlicher Appell, bei dem die Kinder in Reih und Glied stehen, wäre bei uns beispielsweise undenkbar. Auf der anderen Seite ist in Thailand der Gemeinschaftssinn viel stärker ausgeprägt. Man achtet gut aufeinander. Es war beispielsweise sehr eindrücklich, wie Thailand auf Corona reagiert hat. Es wurden sehr früh Massnahmen ergriffen, um die Gemeinschaft bestmöglich zu schützen. 
 
Wieso haben Sie sich dazu entschieden, in die Schweiz zurückzukehren?
Ich hatte meinen Dreijahresvertrag bereits auf sechs Jahre verlängert. Ich wusste, dass mein Auslandeinsatz zeitlich begrenzt ist, und wollte mich nie für immer in Thailand niederlassen. Die offene Stelle als Leiter der Dienststelle Gymnasialbildung kam dann genau zur richtigen Zeit. Weil ich durch die Zusammenarbeit mit dem Kanton Luzern das Umfeld und die Leute bereits kannte, hatte ich ein sehr gutes Bauchgefühl.
 
Haben Sie aus Thailand etwas in die Schweiz mitgenommen?
Ich trinke täglich Tee (lacht). Und das Menschenbild. In Thailand lebt man mit dem Bewusstsein, dass wenn man anderen etwas Gutes tut, auch sich selbst Gutes tut. Dieser respektvolle Umgang miteinander ist mir fest geblieben. 
 
Spüren Sie bereits etwas das Fernweh?
Ursprünglich komme ich aus dem Appenzell und lebe nun das erste Mal in der Zentralschweiz. Sozusagen bin ich also bereits wieder in der Ferne. Ich geniesse jetzt das Luzerner Bergpanorama und meinen Arbeitsweg über die Kapellbrücke. Und auch die Vorzüge der Schweiz weiss ich wieder mehr zu schätzen. Thailand behalte ich mir in sehr guter Erinnerung und die Schulgemeinschaft dort ist mir fest ans Herz gewachsen. Aber Fernweh habe ich nicht. Es ist die Kunst, das zu schätzen, was man hat, und immer wieder offen für Neues zu sein.

Anna Meyer

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