«Ich bin kein Kenner, aber ein grosser Liebhaber»

Der ehemalige «Tatort»-Kommissar, Stefan Gubser, erklärt im Interview unter anderem, was er an den Lesungen momentan besonders schätzt und wo er seine Haupttätigkeit in Zukunft sieht.

Stefan Gubser freut sich, dass er bei den Lesungen mehr sein eigener Meister sein kann. Bild: PD

Stefan Gubser, sind Sie gut ins neue Jahr ­gestartet?

Ja, allerdings mit einer veritablen Grippe, es hat mich zehn Tage ins Bett gelegt, aber jetzt bin ich auf dem Weg der Besserung.

Sind Sie jemand, der sich Vorsätze für das neue Jahr nimmt?

Nein, überhaupt nicht, weil ich auch noch nie einer war, der diese Vorsätze eingehalten hat, ich bin eher einer, der spontan seine Dinge tut.

Die klassische Musik begleitet Sie schon Ihr Leben lang, beruflich allerdings noch nicht so lange. War das etwas, was Sie sich seit langem vorgenommen hatten, im klassischen Bereich zu arbeiten?

Nein, eigentlich nicht. Ich bin eher hineingewachsen. Meine Mutter und meine Tante waren grosse Klassik-Fans. Dementsprechend war zu Hause viel klassische Musik zu hören. Ich war damals eher von The Rolling Stones und Deep Purple angetan.

Wann haben Sie mehr Gefallen daran gefunden?

Je älter ich wurde, desto mehr hab ich sie schätzen gelernt. Vor vier Jahren hab ich dann im Opernhaus zum ersten Mal in «Entführung aus dem Serail» Bassa Selim gespielt. Es war eine Entwicklung. Die Lesungen mit klassischer Musik mache ich erst etwa seit zehn Jahren. Ich bin nicht wirklich ein Kenner, aber ich bin ein grosser Liebhaber geworden.

Welchen Reiz haben die Lesungen?

Die Lesungen sind eine grosse Herausforderung. Es sind oft schwierige Texte, auf die ich mich entsprechend gut vorbereiten muss, um sie richtig gut interpretieren zu können. Nach den vielen Filmdreharbeiten, bei denen es oft auch anspruchslose Texte gibt, ist es mir heute ein grosses Anliegen, dass ich mich mit Texten befassen kann, die etwas schwieriger sind.

Und Sie stehen direkt vor dem Publikum. Welche Wirkung hat dies?

Ich spürte, dass dies wieder eine enorme Anziehungskraft auf mich hat. Die ersten sieben Jahre meiner Karriere spielte ich ja nur Theater. Die Lesungen kommen mir auch sehr entgegen, weil ich da mein eigener Herr und Meister bin. Ich muss mich nicht einem Ensemble oder einem Regisseur unterordnen und bin nicht auf ein grosses Team angewiesen. Ich habe ein sehr grosses Freiheits­bedürfnis, daher kommen mir die Lesungen sehr entgegen.

Das klingt, als hätten Sie etwas genug vom Filmemachen ...

Ich bin nun 65 Jahre alt und möchte meine Arbeit weiterführen, aber mehr in dem Rahmen, in dem ich viel unabhängiger bin. Mit dem Casal-Quartett habe ich eine sehr gute Ergänzung gefunden, weil seine Mitglieder sich dieser Geschichte sehr verpflichten und das Beste herausholen wollen. Es macht mir eine grosse Freude, mit Leuten zusammenzuarbeiten, die am selben Strang ziehen.

Profitieren Sie von den Lesungen oder dem Theater für Ihre Arbeit vor der Kamera auf ­irgendeine Weise?

Das sind drei ganz unterschiedliche Dinge. Letztendlich haben alle damit zu tun, dass man einen Text interpretiert, aber in der Ausführung ist es etwas ganz anderes. Viele Leute haben den Eindruck, als Schauspieler könne ich bei einer solchen Lesung ­einfach den Text lesen. Tatsächlich hat ein solcher Auftritt genauso viel Vorbereitung zur Folge, wie wenn ich mich auf eine Rolle vorbereite.

Wie ist es zu dieser Produktion gekommen?

Die Initiative ging von Markus Fleck des Casal-Quartetts aus. Er hat die Texte ausgesucht und zusammengestellt. Er ist wahrlich ein Meister, was die Dramaturgie und die Auswahl der Texte betrifft. Ich glaube, er hat dafür über 4000 Seiten über Fanny und Felix Mendelssohn gelesen. Er hat wirklich ganz tolle Arbeit geleistet. Für das Lesen ist der Inhalt der Texte natürlich sehr entscheidend, einige Texte sind geeignet, laut zu lesen, andere weniger.

Für wen ist die Lesung geeignet?

Mir ist es ein Anliegen, dass wir neben den Kennerinnen und Kennern Leute an die klassische Musik heranführen können, Leute, die vielleicht bisher weniger einen ­Zugang zur klassischen Musik hatten. Mit der Lesung könnten wir vielleicht die eine oder andere Türe öffnen.

Fanny Mendelssohn musste sich eher auf Ehe und Mutterschaft konzentrieren, obwohl sie vielleicht gar die Talentiertere war von den beiden. Damit kommt automatisch das Thema Gleichstellung auf das Parkett. Wie erleben Sie diese in Ihrer Branche?

Es ist immer noch ein grosses Thema. Die Frauen sind immer noch schlechter bezahlt als die Männer, was ich als Ungerechtigkeit empfinde. Da besteht definitiv Handlungsbedarf. Bei der Genderdiskussion geht es mir manchmal zu weit. Ich stehe für Gleichstellung ein, aber wenn Wörter aus dem Vokabular verschwinden müssen, geht es mir zu weit.

Was stehen bei Ihnen im kommenden Jahr für Highlights an?

Ein Highlight ist die Tournee mit «Der Jahrhundertfälscher» über Helene und Wolfgang Beltracchi ab November, wo wir auch im KKL auftreten werden, daneben habe ich noch zahlreiche Lesungen geplant.

Interview: Marcel Habegger

«Geschwisterliebe», Spieldatum: Donnerstag, 26. Januar, 19.30 Uhr, Le Théâtre, Emmen, Infos & Tickets: www.le-theatre.ch.

 

«Geschwisterliebe»

Das kurze Leben von Fanny und Felix Mendelssohn: eine musikalische Lesung mit Stefan Gubser, Mona Petri und dem Casal-Quartett.

Geboren in eine Familie, die keine materiellen Sorgen kannte, aber den Hunger nach Kunst und Bildung über alles andere stellte, gefördert und gefordert, wuchs das erstaunlichste Geschwisterpaar der Musikgeschichte heran.

Fanny (1805–1847) war vier Jahre älter als ihr Bruder Felix (1809–1847) und das erste Kind der Familie, bei dem eine musikalische Hochbegabung festgestellt wurde. Vielleicht war sie sogar die Talentiertere, Feurigere, Entschlossenere der beiden ­gewesen. Ruhm und Ehre in der Welt aber durfte nur Felix sammeln, Fanny verblieben in einer zutiefst patriarchalischen Gesellschaft als wichtigste Aufgaben Ehe und Mutterschaft. Das innig gewebte Band persönlicher, fast symbiotischer Nähe blieb wie auch die künstlerisch gegenseitige Inspiration, zeitlebens erhalten. Ein Sein ohne die Schwester, ohne den Bruder war undenkbar. Der Tod ereilte beide früh und unerwartet im gleichen Jahr – 1847.

Gemeinsam mit dem Casal-Quartett zeichnen Mona Petri und Stefan Gubser Leben und Werk der beiden Musiker nach. Das lebendige Porträt einer Epoche und von zwei der herausragendsten Vertreter der Romantik entsteht vor dem Hintergrund ihrer leidenschaftlichen Schöpfungen.

PD

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