Halb so viele Besucher wie 2019
Ein heisser Sommer, fehlende Filme und die Folgen des Lockdowns machten den Kinobetreibern im ersten Halbjahr das Leben schwer. Mit dem Standort Luzern sind die Betreiber trotzdem zufrieden. Sie hoffen auf die zweite Jahreshälfte und einen langen Winter.
Im Kanton Luzern wurden im ersten Halbjahr total 147 343 Kinoeintritte verkauft. Im Jahr 2019 waren es in der gleichen Periode 309 910, was ein Minus von 52 Prozent darstellt. «Das Jahr hat für die Kinos nicht schlecht gestartet, und vom Frühling hat man aufgrund der schönen Temperaturen und der Fussball-Europameisterschaft ohnehin nicht viel erwartet. Im Sommer aber muss es dann wieder weitergehen in der Filmbranche», erklärt Filmexperte Philipp Portmann, bekannt von der Sendung «Kino» auf Tele 1: In Amerika ist dann aufgrund der langen Sommerpause Blockbuster-Zeit. Aufgrund der Corona-Pandemie haben dort viele Kinos die Türen noch geschlossen. «Bisher hat Hollywood die Filme zurückgehalten, da seine Filmstudios in vielen Ländern sowie im eigenen, ihrem wichtigsten Markt die Filme nicht flächendeckend zeigen konnten», erklärt Portmann.
Video-on-Demand ist Konkurrenz
Einige Filmstudios sind in der Zwischenzeit auf Video-on-Demand ausgewichen. Video-on-Demand beschreibt die Möglichkeit, digitale Videos auf Anfrage von einem Onlinedienst herunterzuladen oder per Streaming direkt anzusehen. Ein Beispiel davon ist der Film «Mulan», der für die Kinos vorgesehen war und nun kostenpflichtig für knapp 30 Franken plus Abo auf dem Streamingdienst Disney Plus zu sehen sein wird. «Die Kinobesitzer haben Angst um ihre Existenz und sagen, sie hoffen, dass diese Strategie nicht aufgeht und Online-Streaming somit nicht zum künftigen Standardmodell für Filmpremieren aus Hollywood wird, währendem Disney neue Wege sucht, um ihren enormen Verlust durch den Lockdown abzufedern», sagt Portmann dazu.
Alle setzen auf «Tenet»
Seit letzten Mittwoch läuft der Blockbuster «Tenet» des Filmstudios Warner Bros. in den Schweizer Kinos. Die Betreiber haben grosse Erwartungen an den Film und hoffen auf einen Hit. «Nolan hat massgeblich dazu beigetragen, dass Warner Bros. sich dazu entschieden hat, den Film nicht weiter zu verschieben, sondern in Europa bereits zu starten und erst später in Amerika», erklärt Portmann. Warner Bros. ist somit das erste grosse Hollywood-Studio, das eine andere Strategie wählt. Die Filmemacher gehen damit jedoch auch ein Risiko ein, denn sie laufen Gefahr, dass Filmkopien oder Filmkritiken in das eigene Land Amerika rollen. «Kinobesitzer hoffen trotzdem, dass Warner Bros. mit dem Film Erfolg hat, damit die anderen Hollywood-Studios mit ihren Filmen nachziehen», so Portmann aus Sicht der Kinobesitzer.
Die Betreiber hoffen, dass die Filmbranche in der zweiten Jahreshälfte den Weg zurück in die Normalität findet, denn es wurden weitere Blockbuster wie «Wonder Woman 1984», «Tod auf dem Nil» und der neue Bond «No Time to Die» angekündigt. Ob diese dann tatsächlich pünktlich in die Schweizer Kinos kommen, hängt also auch vom Erfolg von «Tenet» ab.
Reduziertes Programm
Für das Pathé-Kino in der Mall hat das Jahr generell gut gestartet. «Ende letzten Jahres hatte der Pathé-Konzern sich übertroffen und überdurchschnittlich Kinoeintritte verkauft – dann kam Corona», sagt Giulia Griffin, Leitung Kommunikation. Das Pathé-Kino hatte von heute auf morgen keine Einnahmen mehr, aber weiterhin laufende Kosten – trotzdem lief es nach dem Lockdown gut: «Es kamen überraschend viele Besucher. Wir haben mit deutlich weniger gerechnet, was für uns bedeutet, dass die Leute das Kino vermisst haben», sagt Griffin. Um den Kinobesuchern Schutz zu gewähren, wurde eine Maskenpflicht mit Ausnahme, wenn die Leute ihren Sitz eingenommen haben, verordnet. Zudem werden zwischen den Besuchergruppen jeweils zwei Plätze leer gelassen und alle Personendaten erfasst. Das Kinoprogramm musste das Pathé-Kino aber trotz zufriedenen Ergebnissen nach dem Lockdown wenige Wochen später minimieren. «Der neue James Bond etwa wurde vom April in den November geschoben. Deshalb mussten wir die Öffnungszeiten reduzieren», so Griffin. Weil die Nachfrage in bestimmten Regionen einfach nicht da sei, gebe es nun auch einige Pathé-Kinos, die unter der Woche geschlossen blieben – das Pathé-Kino in Ebikon ist von dieser Massnahme nicht betroffen. Griffin hofft nun auf einen kalten Herbst und viele neue Blockbuster.
Unabhängig von Hollywood
Dem Bourbaki-Kino scheint es trotz der Ausfallzeit gut zu gehen: «Seitdem wir wieder offen haben, spielen wir täglich. Wir haben auch immer die Möglichkeit, wöchentlich mit neuen Filmen zu starten, und machen so eine Programmkombination aus alten und neuen Filmen», so Res Kessler, Geschäftsführer Neugass Kino AG. An den fehlenden grossen Blockbuster leidet das Bourbaki nicht so sehr wie die Kinogrosskonzerne: «Wir hatten zwar verkürzte Programme, jedoch sind wir nicht abhängig von den Filmstudios in Hollywood, denn die Bandbreite an Kinofilmen im Bourbaki ist viel grösser. Wir können spielen, was wir wollen. Ausserdem kann man den Abstand relativ gut einhalten, und die Leute scheinen sich im Kino sicher zu fühlen», meint Kessler. «Wir halten die Aufnahme der Kontaktdaten sehr streng ein und wissen stets, wer zu welcher Uhrzeit auf welchem Platz gesessen ist», erklärt der Geschäftsführer. Die Maskenpflicht gilt im Bourbaki nicht und ist für alle Besucher freiwillig. Die Kinokette Kitag, zu der unter anderem das Capitol, das Moderne und das Maxx in Emmenbrücke gehören, war für eine Auskunft nicht erreichbar.
Elma Softic