Falsche Jahreszahl genannt
Der FDP und Der Mitte unterlief beim Erstellen des Referendums zur Klima- und Energiestrategie ein Fehler – die Jungen Grünen und die Grünen versuchen davon zu profitieren.
Sie hätten der FDP und Der Mitte bereits während des parlamentarischen Prozesses vorgeworfen, sich schlecht mit der Klima- und Energiestrategie auseinandergesetzt zu haben, schrieben die Jungen Grünen letzten Dienstag in ihrer Medienmitteilung. Wegen dieser schlechten Auseinandersetzung hätten sich die Bürgerlichen nun auch blamiert. Was ist geschehen? Im Referendum der Bürgerlichen steht bei den Forderungen unter anderem: «Die Stadt setzt sich dafür ein, dass die Verkehrsbelastung auf dem übergeordneten Strassennetz gegenüber 2020 nicht weiter zunimmt.» Der Stadtrat und das Parlament möchten hingegen den motorisierten Individualverkehr (MIV) bis 2040 gegenüber 2010 um 15 Prozent reduzieren. Die Initianten hatten bei der Erstellung des Referendums die Zahlen aber nicht genau studiert beziehungsweise nicht daran gedacht, dass der Verkehr 2020 aufgrund von Covid-19 um 25,5 Prozent abgenommen hatte. Die FDP und Die Mitte würden also eigentlich noch eine extremere Reduktion fordern als die linke Mehrheit im Rat und der Stadtrat.
Grüne melden sich zu Wort
Zwei Tage nach den Jungen Grünen machten auch die Grünen in einer Medienmitteilung nochmals auf den Fehler aufmerksam. «Uns allen ist klar, dass der Referendumstext nicht so gemeint ist», sagt Christa Wenger, Co-Präsidentin der Grünen Stadt Luzern und Grossstadträtin. «Überhaupt nicht klar ist, dass bei einer Annahme des Gegenvorschlags die Zahlen von vor der Pandemie – also 2019 – gelten würden», sagt sie aber auch.
Die Initiant:innen haben den Fehler auch bereits erkannt. «Unsere Absicht war, dass der Stand vor der Pandemie als neuer Richtwert für die Plafonierung herangezogen werden soll», sagt Marco Baumann, Grossstadtrat und Fraktionschef der FDP Stadt Luzern. «In der Parlamentsdebatte bezogen wir uns auf die Zahlen Ende 2019, welche auch im Bericht und Antrag ausgewiesen waren», so Baumann weiter. «Nachdem uns vor zwei Wochen das Versehen bewusst geworden war, wollten wir zuerst bei der Stadtkanzlei prüfen, ob das Referendum auch mit der falschen Jahreszahl gültig bleibt.»
Diese Abklärungen haben ergeben: Die Auslegung dieses Absatzes im Reglement soll nach dem Willen der Antragsteller und dem mit dem Antrag verbundenen Zweck und nicht nach dem Wortlaut erfolgen. Entsprechend werden bei Annahme des Gegenvorschlags die Zahlen vor der Pandemie als Referenz gelten. Das Versehen hat somit keine Auswirkungen auf die Referendums- und Abstimmungsphase. Deshalb wird das Initiativkomitee gemäss Baumann am Fahrplan festhalten.
«Künstlich aufgebauscht»
Der Fraktionsvorsteher unterlässt es aber nicht, am Vorgehen der Grünen Kritik zu üben: «Wir sind etwas erstaunt, dass die Jungen Grünen das Thema gerade während unserer Abklärungen bei der Stadtkanzlei veröffentlicht haben. In unseren Augen wird das Thema von den Jungen Grünen und den Grünen künstlich aufgebauscht», sagt der Fraktionspräsident.
Die Initiant:innen hätten den Angriff aber durchaus kommen sehen und vor den Abklärungen selbst auf den Fehler hinweisen können. Ob es den Grünen gelingen wird, das Referendum als unseriös darzustellen, wird sich zeigen. Die Initiant:innen sind aktuell damit beschäftigt, Unterschriften für die Initiative zu sammeln. Kommen die nötigen 800 Unterschriften zusammen, wird die Bevölkerung wohl im September über die verschiedenen Varianten der Klima- und Energiestrategie abstimmen.
Marcel Habegger/PD