«Es wird knallen»

Die Organisation «Luzern bricht auf» will über die Zukunft von Luzern diskutieren, Gegensätze zusammenführen und fürchtet sich gemäss Sprecher Bruno Affentranger nicht davor, chaotisch und belustigend zu wirken.

Sprecher Bruno Affentranger. Bild: PD

Bruno Affentranger, was genau ist «Luzern bricht auf»?
«Luzern bricht auf» ist die zivilgesellschaftliche Dachorganisation, in der verschiedene Interessengruppen in Luzern zusammenspannen. 

Also kein richtiger Verein? Wer steht hinter der Organisation?
«Luzern bricht auf» ist zunächst eine lose Gruppe von interessierten Menschen, die anpacken wollen und dafür einen Rahmen schaffen. Vorstehende gibt es keine, aber eine sogenannte Spurgruppe, die diesen Rahmen einrichtet. Jede andere Meinung in der wachsenden, für alle Interessierten offen stehenden Gruppe gilt genauso viel, wie zum Beispiel meine als Sprecher dieser Gruppe.

Was für Institutionen gehören der Organisation an?
Vertreterinnen und Vertreter aus Kultur, Wirtschaft, Tourismus, Bildung, Seelsorge, Sport und weiteren Bereichen machen gemeinsame Sache und schaffen ein stärkeres Gewicht, als wenn sie nur einzeln agieren würden. «Luzern bricht auf» ist so gleichzeitig die Dachmarke für Aktionen und Events, die aus dem Stillstand führen, und eine Diskussionsplattform für alle, in der wir unsere Zukunft gestalten. 

Über was wollen Sie diskutieren?
Diskutieren wollen wir alle vor allem über den Lebensraum Luzern: Wie er aussehen soll. Wie wir es anstellen, dass es uns allen auch in 25 Jahren gut geht. Wie wir ihn weiterbauen. Wie wir möglicherweise alle gescheiter werden können. Diese Diskussion wollen wir nicht alleine einer Verwaltung oder der Politik überlassen.

Gibt es nicht bereits genug Institutionen, die darüber diskutieren? IG weltoffenes Luzern, die City-Vereinigung ...
Die erwähnten Gruppierungen vertreten Interessen in bestimmten, klar definierten Bereichen. Das geht einher mit gesellschaftlichen Grenzen oder die Beschränkungen durch Milieus oder politischen Überzeugungen. 

Was ist bei «Luzern bricht auf» anders?
Uns interessiert gerade die Überwindung von Milieus, von vermeintlichen Gegensätzen wie Kultur und Wirtschaft, von althergebrachten, vielleicht historisch gewachsenen politischen Lagern und Ansichten. Wir leben in einem Zeitalter der Netzwerke, nicht der Hierarchien. Deshalb sind wir interessiert an Verbindungen zwischen Sport, Wirtschaft, Kultur, Tourismus, Bildung und Weiterem und freuen uns gewissermassen auf die Effekte, wenn man Dinge zusammenführt, die so scheinen, als ob sie miteinander gar nichts zu tun haben. Geld und Geist zum Beispiel. Es wird knallen, aber hoffentlich nicht schnell verhallen.

Sie schreiben in Ihrem Manifest, Luzern wirke eingefroren, gelähmt. Ist das nicht normal? Bisher waren ja beispielsweise gar keine Events möglich.
Richtig. Das ist die eine Erklärung. Die andere geht so: Wir verharren und sind gelähmt, weil wir in der Gesellschaft den Zustand eines raffinierten Wohlstands erreicht haben und glauben, diesen nur weiterentwickeln zu können, indem wir prozessual korrekt verwalten, alles Mögliche berücksichtigen und vertiefen und dabei leider Gestaltungswillen vermissen lassen. Wir prozessieren perfekt, aber wir tun nicht mehr. Wir scheuen Risiken und bewundern umso mehr andere, die volles Risiko nehmen. In Luzern ist das im hohen Mass der Fall. Daraus wollen wir ausbrechen.

Auch Kultur- und Sportveranstalter haben sich angeschlossen. Sollen also Events in Luzern gefördert werden, sprich mehr Events stattfinden?
Sie haben sich nicht angeschlossen, sie stehen mit anderen im Zentrum. Wir wollen nicht mehr Events oder eine Festwirtschaft schaffen, aber wir wollen vielen bestehenden Events helfen, die es gerade nicht leicht hatten. Und wir wollen Diskussionen über die Zukunft unseres Lebensraums anschieben und ermöglichen. Mit wir meinen wir uns, die Zivilgesellschaft. Keine verordnete Debatte, keinen gelenkten Prozess. Das kann chaotisch sein, das kann belustigend wirken, vor allem aber soll es Spass machen.

Weiter schreiben Sie, im Zentrum stehe der Tourismus. Weshalb wollen Sie nicht auf die Tourismusvision der Stadt warten? 
Die Stadt macht ihren Job. In der Zwischenzeit dreht sich die Welt weiter. Diskutieren ist zu jedem Zeitpunkt gut. Machen ebenfalls. Der Tourismus ist übrigens einfach ein wichtiges Thema. Es gibt viele andere. Aber anhand des Tourismus kann man vieles beleuchten und diskutieren: Mobilität, Geschichte, Stadtplanung, Mentalität, Einflüsse, Kunst. 

Was haben Sie konkret vor? Können Sie ein paar Beispiele nennen?
Konkret wollen wir Abende veranstalten, an denen Menschen diskutieren, die ihre Ansichten in einem Wettbewerb schärfen wollen und dazu beitragen, Luzern weiterzubringen. Wenn diese Leute ein Netzwerk hinter sich haben, umso besser. Wir wollen öffentliche Debatten organisieren. Über den Weiterbau Luzerns zwischen Luzern Zentrum und dem Seetalplatz, also Luzern Nord, zum Beispiel. Über die Nutzung der wegen des Durchgangsbahnhofs oder des Wegzugs der kantonalen Verwaltung frei werdenden Flächen in der Innenstadt. Aber wir werden jetzt sicher nicht als Konzertveranstalter auftreten oder sonst wo irgendjemandem das Wasser abgraben. Es gibt bei uns schon vieles Gutes. Das versuchen wir zusammenzufügen.

Marcel Habegger

 

Box: Wer hinter der Organisation steht
Niklaus Zeier (Präsident der Film Commission Lucerne & Central Switzerland), Marcel Perren (Tourismusdirektor Luzern Tourismus AG) und Bruno Affentranger, Verleger (STADTSICHT) und Medienunternehmer (BA Media). Zusammen mit Gianluca Pardini (Geschäftsführer IG Kultur), Nora Murer (Wasser für Wasser), Florian Flohr (Theologe), Adrian Lupart (Luzerner Kantonalbank), Laura Breitschmid (Präsidentin IG Kultur), Urs W. Studer, Andriu Cavelti und Jan Fischer (Sportstadt Luzern) haben sie «Luzern bricht auf» initiiert.

Folgende Institutionen oder Marken haben bis jetzt ihr Netzwerk eingebracht: Tourismus Forum Luzern, IG Kultur, City-Vereinigung Luzern, Sportstadt Luzern, Hotellerie Suisse Region Zentralschweiz Luzern, Magazin Stadtsicht.

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