«Es braucht dafür die Gesellschaft»
Der Regierungsrat hat eine Taskforce eingesetzt, die mit Hochdruck die Unterbringung und Betreuung von Kriegsflüchtlingen im Kanton Luzern vorbereitet. Eine zentrale Anlaufstelle nimmt Fragen, Anliegen und Hilfsangebote entgegen.
Der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen, wie brüchig Frieden und Sicherheit auf dem europäischen Kontinent sind. Diese Erkenntnis kommt für viele wie ein Schock. Es steht für den Regierungsrat ausser Frage, dass der Kanton Luzern dazu beitragen muss, das Leid der kriegsbetroffenen Bevölkerung zu lindern. Wir haben deshalb auf verschiedenen Ebenen Arbeiten gestartet, um schutzsuchende Menschen im Kanton Luzern, aber auch jenseits der Kantonsgrenzen gezielt zu unterstützen.» Mit diesen Worten kommentiert Regierungspräsident Marcel Schwerzmann die Beratung des Regierungsrates über die Lage in der Ukraine und die Auswirkungen im Kanton Luzern.
Vorbereitung auf Flüchtlingswelle
Der Regierungsrat hat an einer Sitzung von letzter Woche eine interdepartementale Taskforce mit Vertretungen der Migrations- und Sozialbehörden, der Sicherheitsorgane, des Bildungsbereichs, des Immobiliensektors sowie der Stadt Luzern und des Verbands Luzerner Gemeinden eingesetzt. Ihre Aufgabe ist die Planung und Vorbereitung der Unterbringung und Betreuung von Kriegsflüchtlingen im Kanton Luzern. Die Arbeiten umfassen sämtliche Aspekte von der Beschaffung von Unterkünften über die Beschulung von Kindern bis zur Sicherstellung der Gesundheitsversorgung. Vorbereitende Arbeiten laufen bereits seit letzter Woche.
In diesem Zusammenhang lädt der Regierungsrat die Gemeinden ein, freie Unterbringungsmöglichkeiten den kantonalen Behörden zur Kenntnis zu bringen. «Flüchtlingsbewegungen von diesem Ausmass gab es in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg nicht. Wir wissen heute noch nicht genau, was das für unseren Kanton bedeutet. Wir wissen aber, dass wir eine solche Herausforderung nicht allein mit den Verwaltungsangestellten bewältigen können, sondern dass es dafür eine solidarische Gesellschaft braucht.» Marcel Schwerzmann äusserte in diesem Zusammenhang seine grosse Dankbarkeit dafür, dass zahlreiche Menschen im Kanton Luzern in den letzten Tagen ihre Hilfe in Form von Geld- und Sachspenden, Freiwilligenarbeit oder freien Unterkünften angeboten haben.
Zentrale Info- und Anlaufstelle
Um die Unterstützungsangebote, aber auch Fragen und Hinweise aus der Bevölkerung zu kanalisieren und Informationen zu den kantonalen Aspekten der Ukraine-Krise übersichtlich darzustellen, hat der Kanton Luzern eine Anlaufstelle und eine Info-Website aktiviert. Die Anlaufstelle ist per Telefon 041 228 73 73 (Mo–Fr, 8–17 Uhr) und E-Mail infoline.ukraine@lu.ch erreichbar und hilft dort weiter, wo die Informationen auf der Website nicht genügen.
Die Aufnahme von Asylsuchenden in der Schweiz ist eine Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Gemeinden. Der Kanton Luzern wird die Gemeinden gezielt mit näheren Infos bedienen, sobald die noch offenen Fragen zum Schutzstatus S beantwortet sind. Der Regierungsrat hat den Bundesrat um eine schnelle Klärung gebeten. Bis dahin sind die Gemeinden eingeladen, sich bei Fragen an die zentrale Info- und Anlaufstelle des Kantons zu wenden.
In seiner Stellungnahme zuhanden des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes, die er ebenfalls letzte Woche verabschiedete, begrüsst der Regierungsrat die Anwendung des Schutzstatus S. Damit sollen Ukrainer:innen möglichst schnell und unbürokratisch in der Schweiz vorübergehend Schutz erhalten. Der Regierungsrat spricht sich zudem für einen unmittelbaren Zugang der geflüchteten Personen zum Arbeitsmarkt aus. Die Betroffenen sollen die Möglichkeit haben, in der Schweiz schnell eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen und so ihre finanzielle Unabhängigkeit zu erhalten oder zu erreichen.
PD
Temporäre Unterkunft für Flüchtlinge in St. Urban
Die Schweiz will ukrainischen Flüchtlingen rasch und unbürokratisch Hilfe leisten und Schutz gewähren. Der Bundesrat beabsichtigt deshalb für Ukrainer:innen, den Schutzstatus S anzuwenden. Mit dem Schutzstatus S ist auch eine Unterbringung in Gastfamilien möglich. Bereits heute können Ukrainer:innen visumfrei in die Schweiz einreisen und sich 90 Tage frei im Schengenraum bewegen.
Bereits seit Sommer 2021 ist die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz angestiegen. Die kantonalen Asylzentren sind deshalb bereits seit mehreren Monaten gut ausgelastet. Momentan ist schwer abschätzbar, mit welchen Herausforderungen sich der Kanton Luzern durch die Aufnahme der ukrainischen Flüchtlinge konfrontiert sehen wird. Um möglichst gut vorbereitet zu sein, werden die kantonalen Zentrumsstrukturen umgehend erweitert.
Der Kanton nutzt dabei ein vorübergehend leer stehendes Gebäude auf dem Areal des Klosters St. Urban, welches bis August 2021 durch die Luzerner Psychiatrie genutzt wurde. Dieses Gebäude kann nun als temporäre Asylunterkunft für vorerst ein Jahr genutzt werden. Es bietet Platz für bis zu 80 Personen. Die Betreuung wird durch die Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) im 24-Stunden-Betrieb während sieben Tagen die Woche sichergestellt.
«Die Luzerner Psychiatrie ist tief betroffen vom Krieg in der Ukraine. Für uns stand es daher ausser Frage, dass wir den Kanton Luzern logistisch unterstützen», erklärt Peter Schwegler, Direktor der Luzerner Psychiatrie. Sandra Cellarius, Gemeindepräsidentin von Pfaffnau: «Bereits 2015 hat der Kanton Luzern in St. Urban ein temporäres Asylzentrum betrieben. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht. Es kam zu keinen Vorfällen oder Beeinträchtigungen der Bevölkerung. Der Gemeinderat sagt dem Kanton deshalb gerne seine Unterstützung in dieser herausfordernden Situation zu und setzt damit auch seinerseits ein Zeichen der Solidarität.»
Eine Unterstützung, für die Guido Graf, Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements, dankbar ist: «Wir haben viel gelernt aus der Flüchtlingskrise von 2015. Die wichtigste Lektion war wohl die, dass wir Herausforderungen am besten meistern, wenn die einzelnen Akteure zusammenspannen und gemeinsam Lösungen erarbeiten. Ich bin sehr dankbar für die Solidarität der Luzerner Psychiatrie und der Gemeinde Pfaffnau.»
PD