Er wird an allen Zunft-Stammtischen präsent sein
Daniel G. Widmer ist engagierter Zünftler und begeisterter Fasnächtler gleichzeitig. Trotz seiner Wahl zum Zunftmeister wird er es sich nicht nehmen lassen, auch ohne Anzug an der Fasnacht teilzunehmen.
Daniel G. Widmer, Hand aufs Herz: Hatten Sie nicht eine Vorahnung, als Ihr Name am Bot der Zunft fiel?
Nein, wirklich nicht! Ich hatte das Gefühl, ich sei «düre», weil ich über 60 bin und auch sonst die Umstände nicht auf mich deuteten. Nebst der Freude erschrak ich somit heftig – angesichts der Fülle der Termine, rund 150, die auf einen zukommen. Wobei der Schreck nur bis zur ersten Sitzung mit dem Zunftrat anhielt: Es ist grossartig, wie bei uns alles perfekt organisiert ist. Ich fühle mich hervorragend getragen.
Auch von Ihrer Partnerin Hilli.
Ich bin unglaublich stolz, wie sie das mitmacht. Sie stammt ursprünglich aus Deutschland, aus dem Frankenland, das keine Fasnachtstradition wie Luzern kennt. Sie war bei all meinen Aufgaben in der Zunft wie dem VK (Vergnügungskomitee, Anm. d. Red.) oder dem «Narr» dabei. Wir sind zwar eine Männerzunft, aber wenn es ums Festen geht, sind wir auf unsere Partnerinnen angewiesen.
Viel Arbeit gibt es insbesondere für Sie, weil Sie ja nicht nur Zünftler, sondern vor allem Fasnächtler sind.
Mit meiner Kleinformation Axgüsi! Zufälligerweise wurden wir angefragt, beim Zmorge nach dem Urknall und «Fötzeliräge» in der Kornschütte zu spielen. Das war natürlich vor meiner Wahl. Aber ich werde spielen, ich bin ja sowieso dort! (Lacht.) Gleiches gilt fürs Bärteliessen im KKL. Ich wurde im September angefragt, im Theater mitzumachen. Auch das ziehe ich durch. Die «Zufallsphilosophie» unserer Zunft kann solche Momente provozieren, das muss man aushalten können.
Sie sind sehr engagiert in der Zunft.
Wenn ich etwas mache, dann richtig. Von den aktuell 445 Zünftlern kenne ich sicher 400 persönlich. Die schlussendlich 18 Zünftler meines Jahrgangs sind eine verschworene Gemeinschaft, «Freundschaften fürs Leben».
Was hat Sie damals zum Eintritt bewogen?
Ich mag die Pflege von Traditionen, das ganze Zeremonielle, schätze Etikette, gutes Benehmen. Mein Bruder Christoph hat mich 2003 zur Bewerbung bewogen, zusammen mit ihm. Wir waren 21 Kandidaten. Ironischerweise wurde ich aufgenommen, mein Bruder nicht, weil er im Kanton Zug wohnte, trotz starker Verbindung zu Luzern. Ein Jahr später hat’s dann auch für ihn geklappt.
Sind Ihre Söhne schon vom Zunftfieber infiziert?
Der ältere, Jan, ist dabei. Für ihn ist die Fasnacht Beruf, er arbeitet als Maskenkünstler, ist Mitglied der Wagenbaugruppe Conversio. Der jüngere, Timotheus, lebte drei Jahre in London fürs das Schauspiel-Studium. Jetzt ist er zurück. Er ist (noch) nicht in der Zunft. Ich würde zwar nie etwas sagen, aber diskret im Hintergrund arbeite ich schon ein bisschen daran. Timotheus wird mich übrigens am Schmudo untertags bei «Axgüsi» vertreten. Ich hoffe, ich darf anschliessend wieder zurückkehren …
Um die Fasnachtszukunft der Familie Widmer muss man sich nicht sorgen …
… denn die nächste Generation steht auch schon vor der Tür: Perfekt getimt, im März, werden wir Grosseltern. Meine Schwiegertochter Michèle (Ehefrau von Jan, Anm. d. Red.) zieht es aber trotz Endphase der Schwangerschaft «düre» mit Conversio an der Fasnacht, sie «isch en harte Cheib», sie ist halt Ruderin! (Lacht.)
Wie wollen Sie Ihr Fritschivater-Jahr prägen?
Ich werde das Rad nicht neu erfinden. Ich will ein nahbarer, herzlicher Fritschivater sein. Intern will ich als Zunftmeister wahrgenommen werden, der sich kümmert, der zuhört, der vor allem auch für die älteren Semester da ist. Gerade diese Zünftler entdecken das Zunftleben oft neu, wenn sie wieder mehr Zeit haben. Ich werde an allen Stammtischen präsent sein.
Der Fritschivater macht viel in der Öffentlichkeit. Auf welche Momente freuen Sie sich, die abseits des Scheinwerferlichts stattfinden?
Ich freue mich sehr auf die Heimbesuche. Aus meiner Zeit, als ich noch mit meinem Vater im Männerchor Liederkranz Frohsinn dabei war, kenne ich ältere Sängerkollegen, die ich dabei treffen werde. Zudem werden wir das Altersheim in Emmenbrücke besuchen, wo meine Mama wohnt.
Der Schmudo naht, an der Tagwache wird sich alles nur um Sie drehen.
Falsch, der Bruder Fritschi steht im Mittelpunkt. Die ganze Fritschi-Familie wird ja jeweils dargestellt von unseren Neuzünftlern. Natürlich freue ich mich wahnsinnig auf das Bad in der Menge, auf dem Fritschi-Brunnen, den ich schon einmal als Narr miterleben durfte. Ein ganz grosser Moment für den Fritschivater: «Once in a Lifetime».
Interview: Andréas Härry
Zur Person:
Daniel G. Widmer ist 61-jährig, Treuhänder, in verschiedenen Firmen involviert und Verwaltungsrat. Zusammen mit seiner Frau Hilli leitet er das Schlössli Utenberg. Widmer hat zwei Söhne, Jan und Timotheus, die in den fasnächtlichen Fussstapfen der Eltern bereits seit früher Kindheit aktiv sind.