Er wäre für einen Saisonstart im März

Bruno Berner, Trainer des SC Kriens, sprich über die aktuelle Situation, die Nachwuchsförderung, die Schweizer Vereine im europäischen Clubfussball und einen möglichen Saisonstart im März.

Bruno Berner, inzwischen sind knapp drei Monate ohne Meisterschaftsspiel des SC Kriens vergangen. Wie steht es um Ihre Gemütslage?
Ich hatte nicht wirklich Mühe, die Situation zu akzeptieren. Ich war es früher als Spieler und bin es heute als Trainer gewohnt, nicht weiter in die Zukunft als bis zum nächsten Match zu schauen. Meine Moral war in dieser Zeit nie angekratzt. Ich betrachte das Ganze auch nicht als Krise, sondern eher als Chance.

Wie meinen Sie das?
Die Situation erlaubt es, Dinge tiefer zu hinterfragen, festgefahrene Strukturen zu lösen und mutig für die nächsten Generationen zu denken und zu handeln. Mir geht es dabei vor allem um unsere jungen Talente. Dass sie eine grössere Plattform erhalten, auf der sie sich präsentieren können. Diese Möglichkeit ist meiner Meinung nach in der Schweiz zu klein.

Werden die Jungen heute zu wenig gefördert?
Wir haben unsere Akademien. Aber ich bin trotzdem der Meinung, dass mehr möglich wäre. Ich höre immer wieder, die Schweizer Liga sei eine Ausbildungsliga. Wenn dem so ist, muss man den jungen Spielern aber auch eine Bühne geben, um sich zu präsentieren. Momentan übernehmen da der FC St. Gallen und der FC Wil eine Vorreiterrolle. Bei denen standen zuletzt sehr viele junge Spieler im Aufgebot. Der FC Luzern und der SC Kriens sind auf einem guten Weg.

Es stellt sich aber die Frage, ob so viele Clubs die Rahmenbedingungen wie beispielsweise die Auflagen der Sicherheit oder Infrastruktur für eine grössere Plattform erfüllen könnten ...
Natürlich, ich betrachte dies aus rein sportlicher Sicht. Wir hätten genügend Spieler und auch Trainer, um die Ligen qualitativ
zu vergrössern. Wobei wir auch unsere U21-Mannschaften effizienter mit einbeziehen könnten.

Ein Gegenargument wäre auch die Terminkollision?
Ich finde es schade, wenn diese Idee lediglich am Modus scheitert. Meiner Meinung nach könnten wir viel mehr Partien spielen als die 36 Runden. Sowohl Trainer wie Spieler würden gerne mehr Matches haben. Jeder zieht einen Ernstkampf dem Training vor. Aber auch da muss ein Umdenken stattfinden.

Inwiefern?
Man hört oft, dass dies wegen Terminkollisionen nicht möglich sei. Allerdings kann man auch in Frage stellen, ob es Sinn macht, von Dezember bis Februar zu spielen, wenn man weiss, dass bereits bei wenig Schnee Spiele verschoben werden müssen. Wir hatten diesen Januar zwei Spiele, die wegen Nebel beinahe abgebrochen werden mussten. In der Bundesliga müssen beispielsweise alle Stadien eine Rasenheizung haben. Wir haben diese Infrastruktur gar nicht.

Sie sprechen dabei einen möglichen Sommermodus an, mit einem Saisonstart im März ...
Ja, aber auch da heisst es, das könne man nicht, und die Uefa wolle dies nicht. Dabei gibt es Ligen wie in Skandinavien oder Russland, wo dies sehr gut funktioniert. Ich bevorzuge die beste Lösung für den Schweizer Fussball. Aber auch für unsere europäisch ausgerichteten Teams wäre dieser Modus von Vorteil. Oft müssen sie im Juli und August, kurz nach Saisonbeginn, die europäische Qualifikation spielen. Würde die Saison im März beginnen, wären die Mannschaften eingespielter. Es ist ja auch nicht so, dass es so, wie es jetzt läuft, international für die Schweizer Clubs funktionieren würde. Ohne den FC Basel wären wir die letzten 20 Jahre nirgends gewesen. Nun hat uns in der Länderbewertung gar Zypern überholt.
Wie sehen Sie die Zukunft des Schweizer Fussballs im europäischen Fussball?
Wenn wir so weitermachen, werden Schweizer Clubs nur unregelmässig im europäischen Clubfussball vertreten sein. Wir benötigen eine bessere Breite, um die Spitze zu stärken. Das rücksichtslose Streben nach dem Geldtopf im europäischen Fussball sollte für die meisten Schweizer Clubs, gerade auch in der aktuellen Situation, zweitrangig sein.

Am 27. Mai informiert der Bund, wie es mit kleineren Veranstaltungen weitergehen soll, danach tagt die Liga. Wie blicken Sie diesem Entscheid entgegen?
Man spürt, viele würden die Saison lieber nicht wieder aufnehmen, wenn keine Zuschauer erlaubt sind. Anders als beispielsweise in England sind die Schweizer Clubs sehr auf das Ticketing als Einnahmequelle angewiesen. Am Samstag hat die Bundesliga begonnen, nun wird man sehen, wie die Fortsetzung der Meisterschaft in Deutschland funktioniert.

Sind Ihre Gedanken auch schon bei der kommenden Saison?
Beim Saisonstart wird es sicher zu einer Verzögerung kommen. Es wird sich zeigen, ob man die neue Saison ohne Zuschauer überhaupt beginnen kann, was ich bezweifle – zumindest in der Super League. In der Challenge League wären Spiele mit 1000 Zuschauern vielleicht schon ab Ende Mai möglich. Ob in diesem Jahr noch Grossveranstaltungen mit mehr als 20 000 Zuschauern erlaubt sein werden, ist zumindest fraglich. Das wäre ein Steilpass für etwas Neues.

Womit wir wieder bei einem Saisonstart im März 2021 wären ...
Das wäre ein Steilpass, aber dafür muss man den Mut haben, etwas Neues zu versuchen. Ich glaube, dass ich mit dieser Idee nicht alleine bin. Auch bezüglich der Eishockeysaison käme man gut aneinander vorbei. Mir müsste zuerst einmal jemand sagen können, was der Nachteil einer Sommersaison ist. Es ist doch viel angenehmer für die Zuschauer, in einer schönen Sommernacht im Stadion zu sitzen als schlotternd im Winter. Marcel Habegger Bild: Roger Keller

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