Ein Talent kämpft sich zurück
Traditionell ist der Speerwettkampf bei Spitzen Leichtathletik Luzern mit den weltbesten Athleten gespickt. Cyrill Amhof träumt davon, einmal zum Teilnehmerfeld zu gehören. Nach einer schweren Knieverletzung kämpft er weiter für diesen Traum.
Mitte September 2020 lag Cyrill Amhof nach dem letzten Speerwurf bei den Innerschweizerischen Meisterschaften in Sarnen schreiend am Boden und konnte nicht mehr aufstehen. Nach einem perfekten Wettkampf mit Schweizer Saisonbestweite im fünften Versuch (52,94 Meter) wollte der damals 14-jährige Speerwerfer bei seinem letzten Versuch nochmals all seine Kraft in den Wurf legen. «Die guten Leistungen bei den ersten Versuchen pushten mich enorm», erinnert er sich. Bei der Speerabgabe stimmte dann aber die Kraftübertragung nicht. Mit schwerwiegenden Folgen: Im linken Bein wurde eine Knochenplatte des Schienbeins rausgerissen, auch Schäden am Knorpel und Meniskus wurden wenig später im Luzerner Kantonsspital diagnostiziert.
Meeting als Motivationsspritze
Die Qualitäten von Cyrill Amhof sind schon länger bekannt. Die Leichtathletik entdeckte er durch seine Patin. Das Ziel, es bis an die Spitze zu schaffen, verschärfte sich beim Spitzen-Leichtathletik-Meeting 2017. Der Deutsche Johannes Vetter hatte damals den Speer in Luzern 94,44 Meter weit geworfen. Die zweitbeste Weite aller Zeiten.«Diese Leistung gab mir einen besonderen Kick. Seither bin ich vom Speerwerfen fasziniert», erzählt Cyrill Amhof. Im selben Jahr nahm der Luzerner an den ersten Wettkämpfen teil. Bis er zu den Jahrgangsbesten gehörte, sollte es aber noch zwei Jahre dauern.
Er selbst sieht sich denn auch nicht als besonders talentiert. «Es braucht ein gutes Gefühl dafür, den Speer zum Fliegen zu bringen, neben der Schnellkraft ist auch die Beweglichkeit entscheidend», beschreibt er die erforderlichen Fähigkeiten eines gelungenen Speerwerfers. Voraussetzungen, die der Schüler der 3. Sekundarklasse der Sportschule Kriens zweifelsohne mitbrachte.
Gut zwei Jahre nachdem er an der Spitze seiner Alterskategorie angelangt war, lag er im September 2020 mit der schweren Knieverletzung im Spital. «Ich dachte an diesem Abend: Das wars dann wohl mit der Leichtathletik.» Nach der Operation am nächsten Tag hatte sich seine Einstellung jedoch bereits wieder geändert. Optimismus verdrängte die Ängste. «Die Unterstützung meiner Trainingsgruppe und meiner Betreuer hat mir damals sehr viel geholfen», erzählt er. Eine besondere Audiobotschaft von Speer-Olympiasieger und Europameister Thomas Röhler (D), der das Meeting in Luzern 2019 gewonnen hatte, liess die letzten Zweifel schwinden. Die Trainer von Cyrill Amhof, Stephan Zopfi und Terry McHugh sind mit dem Deutschen Olympiasieger befreundet und hatte diesem von der Verletzung der Schweizer Nachwuchshoffnung erzählt. «Er sprach mir Mut zu, wünschte mir eine gute Rehabilitation und meinte, er hoffe, dass wir irgendwann beim Meeting in Luzern gemeinsam am Start stehen würden», erinnert sich Cyrill Amhof. Röhler ist eines der grossen Idole des Luzerners.
Nach vier Monaten stimmte auch der Genesungsverlauf des Beins zuversichtlich. Eine Rückkehr in den Leistungssport schien nicht mehr unmöglich.
Bereits wieder top
Neun Monate später, zwei Monate früher als geplant, hat sich Cyrill Amhof eindrücklich zurückgemeldet. An den Innerschweizer Meisterschaften warf er vor zehn Tagen den Speer bereits wieder auf 53,9 Meter, der Diskus landete bei 50,61 Metern. Wie bereits in den beiden letzten Jahren holte er sich damit den ersten Rang in der nationalen Bestenliste der U16. Beeindruckend: Die Konkurrenz distanzierte er im Diskus um 6,5 Meter – im Speer um 3,27 Meter. Was macht den heute 15-Jährigen so stark? «Er ist fokussiert, hat eine professionelle Einstellung zum Sport und eine gute Analysefähigkeit der eigenen Würfe», sagt Haupttrainer Stephan Zopfi, der für Cyrill Amhof über den Sport hinaus eine wichtige Bezugsperson ist. Daneben sei bei Cyrill Amhof eine enorme Leidenschaft für den Speerwurf zu spüren. Während andere sich zum Fussballspielen verabreden, trifft er sich neben den offiziellen Trainingseinheiten mit seinem Cousin, um Speer zu werfen.
Um sich seinen Traum, mit den besten Speerwerfern der Welt bei Spitzen Leichtathletik Luzern am Start zu stehen zu erfüllen, fehlt noch ein gutes Stück. «Wenn ein Start in zwei, drei Jahren möglich wäre, würde ich mich natürlich sehr freuen.» Für diese Saison hat er sich seine Ziele noch etwas tiefer gesetzt. «Ich möchte an den Schweizer Meisterschaften einen Podestplatz erreichen und verletzungsfrei durch die Saison kommen.»
Marcel Habegger
Box: Spitzen Leichtathletik Luzern
Spitzen Leichtathletik Luzern findet am Dienstag, 29. Juni, ab 19 Uhr auf der Luzerner Allmend statt. Im Stadion werden höchstens 800 Zuschauende zugelassen. Einlass wird nur Geimpften, Genesenen oder Getesteten gewährt. Am Eingang müssen nebst dem Eintrittsticket die medizinische Bestätigungen in Papierform oder ein Covid-19-Zertifikat sowie ein amtlicher Ausweis (Identitätskarte oder Pass) vorgelegt werden.
Mehr Informationen:
www.spitzenleichtathletik.ch