Ein etwas anderer Info-Anlass

Die Arbeitsgruppe «Bye Bypass» des Klimastreiks informierte letzte Woche über das nationale Bauprojekt. Ein frischer Anlass, in Sachen Fachkenntnisse gibt es aber noch Steigerungspotenzial.

Die Aktivist:innen des Klimastreiks Zentralschweiz fordern mehr als den Planungsstopp des Bypasses: Sie fordern eine andere Priorisierung beim Mobilitätssystem. Bild: PD

Es war eine bunte Gruppe, die sich am Mittwochabend um 20 Uhr zum digitalen Informationsanlass der Arbeitsgruppe «Bye Bypass» des Klimastreiks dazuklickte. Dabei waren einerseits ganze Familien inklusive Kleinkinder, andererseits Senior:innen und Personen, die sich zum Abendessen zugeschaltet hatten.

Ende Januar liefen die jungen Klimaaktivist:innen mit Holzrahmen in der Grösse von Autos durch die Strassen. Mit der Aktion machten sie auf das nationale Strassenprojekt Bypass aufmerksam und forderten dessen Abbruch. Nun meldeten sich die Luzerner:innen via Informationsanlass zu den Bypass-Plänen zu Wort. 

 

Erwartungen nicht ganz erfüllt

Unter die Zuhörer:innen gesellten sich mehrere Personen, die sich bisher noch nicht gross mit dem Bypass beschäftigt hatten und sich am Anlass vom Mittwoch über das Projekt ein Bild verschaffen wollten. Hier konnten die jungen Aktivist:innen die Erwartungen nicht ganz erfüllen. Auch wenn sie bei ihren Erklärungen mehrheitlich richtig lagen, wirkten sie in ihren Aussagen oftmals unsicher. Eine Person wie Dominik Hertach, Geschäftsleiter von VCS Luzern, oder Nationalrat und VCS-Präsident Michael Töngi hätte der Runde gutgetan, sie waren an diesem Abend beide verhindert.

Kantonsrätin Judith Schmutz (Junge Grüne) und Mitglied der Verkehrskommission konnte diese Rolle zwar zum Teil einnehmen und klärte die Zuhörer:innen über die Fakten wie Kosten (knapp 2 Milliarden) und Baustart (ab 2025 vorgesehen) zum Bypass auf, verliess den Anlass aber frühzeitig wegen anderer Termine. Sie liess aber natürlich auch durchblicken, was sie vom Bypass halte: «80 Prozent der Fahrzeuge, die heute den Reussporttunnel durchfahren, stammen aus Luzern oder der Region, deshalb geht das Argument, der Bypass sei eine Entlastungsstrasse für die Stadt, nicht auf», erklärt sie. 

 

Was kann noch getan werden?

Eine Zuhörerin wollte wissen, ob der Bypass bereits beschlossene Sache sei oder ob noch Zeit sei, sich gegen den Bypass zur Wehr zu setzen. Auch hier antworte Erich Schmidiger richtig, dass die Vernehmlassungsphase abgeschlossen sei. Tatsächlich ist der Bund aktuell damit beschäftigt, die Einsprachen zu behandeln. Korrekt ist auch, dass für den Bypass keine Abstimmung nötig ist. Es ist aber nicht so, dass die städtische Abstimmungsinitiative «Spange Nord stoppen» die Spange versenkt hatte, denn die Spange war ein kantonales Vorhaben. Mit dem Nein hatte die Stadtbevölkerung lediglich ein deutliches Zeichen in Richtung Kanton gesendet.

Ähnlich ist die Situation beim Bypass. Der Kredit für das Nationalstrassenprojekt hat das nationale Parlament bereits gesprochen, eine Volksabstimmung gibt es dazu nicht. Hoffnungen werden die Gegner:innen aber mit Blick auf Biel schöpfen. Dort wurde zum ersten Mal ein Nationalstrassenprojekt aufgrund der heftigen Gegenwehr aus der Bevölkerung gestoppt. Bundesrätin Simonetta Sommaruga hatte damals betont, dass man nationale Projekte nicht gegen den Willen der Bevölkerung durchboxen wolle. Allerdings war die Gegenwehr in Biel deutlich stärker zu spüren als beim Bypass, der die Bevölkerung weniger direkt tangiert, als dies die Spange Nord getan hätte. 

 

Noch nichts gewonnen

Die Versenkung des Bypasses wäre für die jungen Aktivist:innen allerdings ohnehin lediglich ein Zwischenziel, wie Nina Elmiger am Mittwoch erklärte: «Auch wenn der Bypass nicht kommt, haben wir noch nichts erreicht. Es braucht strukturelle Veränderungen. Die Prioritäten des Mobilitätssystems müssen anders gesetzt werden.» Sprich: Der ÖV und der Langsamverkehr sollen stärker gefördert werden. Um die Klimaziele zu erreichen, wollen sie die Verlagerung vom Strassenverkehr zum Langsamverkehr beschleunigen. «Konkret wäre eine Massnahme, dass keine neuen Autobahnen mehr gebaut würden», so Elmiger. 

In der kleineren Runde trauten sich relativ viele, eine Frage zu stellen, und im Gegensatz zu anderen Veranstaltungen duellierten sich am Mittwochabend keine Fachspezialisten darum, welches Verkehrsmodell für die Berechnungen das beste sei. Den Organisator:innen der Veranstaltung gelang es, die nötige Stimmung zu schaffen, dass Fragen gestellt wurden, vielleicht auch gerade deshalb, weil sie die Zuhörer:innen nicht mit Fachausdrücken überschütteten. Wollen die jungen Aktivist:innen bei der Diskussion rund um den Bypass aber mehr Gehör erhalten, werden sie bei den Fachkenntnissen mehr Sicherheit ausstrahlen müssen.

Marcel Habegger

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