«Die falsche Botschaft»

Mit einer skurrilen Todesanzeige macht eine Anwohnerin beim Grendel auf das Lädelisterben aufmerksam. Bei Rolf Bossart, Präsident des Detaillistenverbands, kommt die Aktion nicht gut an.

Auf Todesanzeigen wird an die Filialen erinnert, die in den letzten 25 Jahren

Bei bestem Wetter hat die City-Vereinigung am 8. Mai mit der kostenlosen Nutzung des City-Trains einen Höhepunkt der Kampagne «Kauf lokal – Herzlichen Dank» lanciert. «Generell haben wir von den Geschäften viele positive Reaktionen erhalten. Die Kundinnen und Kunden schätzen dieses Dankeschön mit einer süssen Überraschung sehr. Mit grosser Befriedigung dürfen wir somit auf eine erfolgreiche Woche zurückblicken», freut sich Josef Williner, Präsident der City-Vereinigung Luzern. Der Verein verteilt mit seinen Mitgliedern aktuell rund 50 000 Schoggiherzli an Kundinnen und Kunden. Zudem konnten die Luzernerinnen und Luzerner an den letzten zwei Samstagen den City-Train kostenlos benutzen. Die Botschaft der City-Vereinigung ist klar: Man will den Kundinnen und Kunden für ihre Solidarität, die lokalen Geschäfte zu berücksichtigen, ein Dankeschön aussprechen und so den stationären Detailhandel stärken. 

 

16 Filialen auf Todesanzeige

Eine andere Aktion zeigt aber gleichzeitig auf, wie sich die Situation gerade am Grendel die letzten 25 Jahre verändert hat. Auf einer Todesanzeige sind Betriebe aufgeführt, die während der letzten 25 Jahre an diesem Ort geschlossen wurden. So etwa die Bäckerei ZAI und das Stehkaffee, der Tanz- und Ballettshop Balletto, die Rigi-Apotheke oder Fein-Kaller Herrenbekleidung, aufgeführt sind insgesamt 16 Geschäfte, einige sind an einen anderen Standort in Luzern gezogen. Die Auflistung zeigt aber auch, dass nicht nur die «Kleinen» vom Grendel verschwinden. So wurde beispielsweise auch eine Interdiscount- oder eine Ochsner-Schuhe-Filiale an dieser Stelle geschlossen. Um die Todesanzeige wurden Trauerkerzen gestellt, zudem wurde eine schwarz gekleidete Frau mit roter Schleife, die für die Aktion verantwortlich ist, in der Altstadt gesehen. In einem dem «Anzeiger» vorliegenden E-Mail schreibt sie: «Ich habe hautnah erfahren, wie mir lieb gewordene Fachgeschäfte durch Läden für den Massenluxustourismus verdrängt wurden.» In Erinnerung an diese Läden stellte sie bereits Anfang März Kerzen vor die Uhrengeschäfte. «Die Auswirkungen des Massenluxustourismus sind offensichtlich – ich vermisse die feinen guten Orte, für die Einheimischen wie für die Gäste», schreibt sie in einem anderen E-Mail an die Redaktion. Ihren Namen möchte sie nicht in der Zeitung lesen. Am Sonntagabend räumte sie die Kerzen weg, will aber in Zukunft immer wieder mit ähnlichen Aktionen auf das Lädelisterben aufmerksam machen.

Gemäss Rolf Bossart, Präsident des Detaillistenverbands, kommt die Aktion bei vielen Geschäften nicht gut an. «Aus Sicht des Detaillistenverbandes absolut die falsche Art von Botschaften, welche grossmehrheitlich, bei allem Verständnis, nicht gut ankommt», erklärt er. «In Krisenzeiten beweist eine Unternehmung Stärke, indem diese alles unternimmt, um zu überleben.» Alles andere sei kontraproduktiv und nicht lösungsorientiert.

Allgemein nimmt Bossart eine positivere Stimmung wahr. «Mit den nun in die Vernehmlassung geschickten Öffnungsschritten sind die Detaillisten – auch solche mit einem höheren Gastro-Anteil – zuversichtlich und optimistischer gestimmt», berichtet er. «Wichtig ist, dass nun eine vollständige Öffnung folgt, ohne ein Hin und Her oder gar neuen Restriktionen.» Man müsse mit den Viren leben und nicht umgekehrt.

Marcel Habegger

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